Auktionsergebnisse 29. November (II): München, Möbel, Wein

Ein Schwerpunkt der 47. Kunstauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen hatte auf Objekten gelegen, die eng mit München und Münchens Stadtgeschichte verwoben waren. Sie standen auch in der Bietergunst hoch und sorgten für eindrucksvolle Auktionsergebnisse: Ein Pokal, den Wilhelm von Miller für seinen Bruder Oskar anfertigen ließ, avancierte mit einem Zuschlagspreis von 5.000 Euro* gar zum Toplos der Kategorie Silber.

Ein Pokal für Pioniere

Sowohl Oskar wie auch Wilhelm von Miller waren Pioniere auf dem Gebiet der modernen Naturwissenschaft: Oskar von Miller als Bauingenieur und Experte für Wasserkraft-Turbinen und Elektrotechnik, Wilhelm als einer der führenden Spezialisten auf dem für die erstarkende deutsche Industrie eminent wichtigen Gebiet der Elektrochemie.

Halbreiter Heiliger Georg Auktion München Scheublein

Adolf Halbreiter: Heiliger Georg mit dem Drachen. Bronze, goldfarben und polychrom gefasst. Ergegnis: 5.000 Euro*

Um hier die Forschung voranzutreiben, richtete Oskar von Miller für seinen Bruder an der noch jungen Technischen Universität München ein Labor ein. Wilhelm bedankte sich mit einem Pokal, dessen Fuß in Gestalt eines auf einem Elektromotor stehenden Puttos den neuen Zeiten huldigt; in die Kuppa eingraviert wurde die Fassade des TU-Gebäudes an der Arcisstraße, das während des Zweiten Weltkriegs ein Opfer der Bomben wurde. Das Kleinod ging nach einem intensiven Bietergefecht an einen privaten Interessenten.

Sehr gefragt: Möbel

Gleich zwei Highlights waren in der November-Auktion bei den Möbeln zu verzeichnen: Ein im 19. Jahrhundert angefertigter, prunkvoller Wellenschrank in für derartige Stücke höchst ungewöhnlicher Aufsatz-Form entwickelte sich im lauf eines intensiven Bietergefechts von einem Schätzpreis von 3.000 Euro bis zu einem Zuschlagspreis von 5.500 Euro*.

Wellenschrank Auktion München Scheublein

Wellen-Aufsatzschrank, 19. Jh., Nussholz furniert. Ergebnis: 5.500 Euro* 

Handwerkliches Meisterstück: Ein Halb-Globus-Nähtisch

Eine noch deutlichere Steigerung konnte ein mit 500 Euro angesetzter Halb-Globus-Nähtisch verzeichnen: Das Biedermeier-Objekt wurde schließlich für 4.300 Euro* zugeschlagen. Der Ursprung dieser handwerklich herausfordernden Form ist in Ungarn zu suchen, wo der Tischlergeselle Gabor Kornis bereits 1806 einen Globus-Nähtisch als Meisterstück vorstellte. nur ein Jahr später ließ sich der erfindungsfreudige Londoner Schreiner George Remington, der sich auch mit der Entwicklung von Ausziehmechanismen für Esstische hervortat, für die Fertigung von Globustischen ein Patent erteilen. Weitere Globus-Tische entstanden um 1825 in Wien. Solche komplett runden Nähtische sind nicht nur in ihrer Herstellung höchst komplex, sie wurden auch stets als Präsentiermöbel eingesetzt und, der besonders eindrucksvollen Wirkung wegen, in der Mitte eines Raums aufgestellt.

Halb-Globus-Nähtisch

Halb-Globus-Nähtisch, Biedermeier. Ergebnis 5.500 Euro.

Anders als komplett gerundete Globus-Nähtische hat der vorliegende Nähtisch nur einen halbkugelförmigen Bauch, in den eine Vielzahl von Fächern eingearbeitet ist. Das oberteil besteht aus einer flachen, klappbaren Platte. Dennoch ist zu vermuten, dass auch dieser Nähtisch nicht nur rein praktischen, sondern auch repräsentativen Zwecken diente.

Ein legendärer Bordeaux

Eine Doppelmagnum Grand Cru, Jahrgang 1982, aus dem legendären Bordeaux-Weingut La Mission Haut Brion wechselte für gut 4.000 Euro* den Besitzer. Eindrucksvoll bei diesem Wein ist nicht nur die exzeptionelle Qualität – Weinpapst Robert Parker bewertet ihn zweimal mit 100 Punkten und attestiert ihm Entwicklungspotential bis ins Jahr 2060.

La Mission Haut Brion Auktion München Scheublein

Doppelmagnum La Mission Haut Brion 1982. Ergebnis 4.030 Euro*. 

Der Jahrgang 1982 stellt auch einen Markstein in der Geschichte des Weinguts dar: Er wurde aus der letzten Ernte gekeltert, die noch unter der alteingesessenen Besitzerfamilie Wolter eingefahren wurde. Sie verkaufte das Gut 1983 an die weinverrückte amerikanische Familie Dillon, die seit 1935 bereits das auf der anderen Straßenseite liegende Chateau haut Brion bewirtschaftete. Doch den Dillons gelang es, die Qualität der La Mission haut Brion-Weine auf absolutem Spitzenlevel zu halten.

Highlights der 47. Kunstauktion: München im Blick

Diverse Objekte, die ein Stück Münchner Stadtgeschichte erzählen, stellen einen weiteren Schwerpunkt der Auktion am 29. November dar. Besonders im Blickpunkt stehen eine Statue des Heiligen Georg von Adolf von Halbreiter (1839 – 1898), ein für Oskar von Miller gefertigter Pokal aus der Werkstatt von Theodor Heiden sowie eine 1914 für das Feinkosthaus Alois Dallmayr abgefüllte Flasche Armagnac.

Ritter ohne Furcht und Tadel

Halbreiter Heiliger Georg Auktion München Scheublein

Adolf Halbreiter: Heiliger Georg mit dem Drachen. Bronze, goldfarben und polychrom gefasst. Schätzpreis 1.000 Euro. 

Die Statue des Heiligen Georgs geht auf eine Glanzzeit des Münchner Goldschmiedehandwerks zurück. Ihr Urheber, Adolf Halbreiter (1839 – 1898) hatte nicht nur eine Ausbildung im Bayerischen Kunstgewerbeverein genossen, sondern auch an der Kunstakademie unter Hiltensperger und Widmann Bildhauerei studiert, bevor er nach Paris ging, um unter anderem bei Charles Christofle seine Fertigkeiten als Silberschmied und Ziseleur zu verfeinern.

Als er 1871 nach München zurückkehrte und seine eigene Werkstatt gründete, blühte das Kunsthandwerk – zum einen aufgrund der endgültigen Auflösung alter, noch im Zunftwesen begründeter Strukturen, zum anderen durch die vielfältigen Kunstinteressen Ludwigs II.

Der Goldschmied und der König

Zwischen dem Monarchen und Adolf Halbreiter entwickelte sich binnen Kurzem eine intensive Verbindung. Als der Goldschmied 1878 einen Ruf an die Kunstgewerbeschule Dresden erhielt, ernannte ihn der bayerische König zum Titular-Professor und erteilte ihm lukrative Aufträge, um ihn in München zu halten.

Halbreiter Heiliger Georg Auktion München Scheublein

Adolf Halbreiter: Heiliger Georg (Detail).

Der Heilige Georg als Ritter ohne Furcht und Tadel, wie ihn Halbreiter darstellt, war zur Zeit Ludwigs II. ein durchaus beliebtes Motiv. Zum einen bediente er historistische Träumereien vom Glanz des Mittelalters, zum anderen war es der König selbst, der den Heiligen ins Zentrum der Aufmerksamkeit, auch bei der Bevölkerung rückte. Ludwig II. war nicht nur Großprior des bayerischen Georgsordens, sondern hatte auch persönlich eine starke Beziehung zu dem Heiligen, die sich in diversen Taschenuhren mit Georgsbildnissen aus seinem Besitz, aber auch an der Georgsdarstellung an der östlichen Giebelfront von Schloss Neuschwanstein ablesen lässt.

Halbreiter Heiliger Georg Auktion München Scheublein

Adolf Halbreiter, Der Heilige Georg (Detail). 

Selbstbewusst in neue Zeiten

Der 1897 gefertigte “Elektropokal” legt in vielerlei Hinsicht ein beredtes Zeugnis für ein spannendes Stück Münchner Stadt- und Wissenschaftsgeschichte ab – nicht nur, weil er aus der Werkstatt des Hofgoldschmieds Theodor Heiden stammt, im ausgehenden 19. Jahrhundert eine der besten Adressen für repräsentative Gold- und Silberpräsente, mit Kunden im gesamten deutschen Hochadel.

Pokal Oskar von Miller Auktion München Scheublein

Pokal, München, um 1897, Theodor Heiden. Mit Widmung für Oskar von Miller. Silber, tlw. vergoldet. Schätzpreis 800 Euro.

Ein Pokal für Oskar von Miller

Bestellt wurde das edle Objekt, wie die Inschrift verrät, vom Chemiker Wilhelm von Miller, der gerade dabei war, sich auf einen der Schlüsselbereiche der erstarkenden Industrie zu spezialisieren: der Elektrochemie. Das nötige Labor an der noch jungen Technischen Universität hatte ihm kein geringerer als sein Bruder Oskar von Miller eingerichtet, zu dieser Zeit bereits höchst renommierter und dekorierter Bauingenieur und selbst längst Pionier der Elektro- und Wasserkraft-Turbinentechnik.

Gleichzeitig kündet er Pokal, den Wilhelm Oskar als Dank für dieses Laboratorium anfertigen ließ, auch von einem Dilemma, in das die um sich greifende Technisierung Ende des 19. Jahrhunderts Kunst und Gesellschaft riss: Welchen Rang sollten die zur Ausbildung von Ingenieuren nötigen Technischen Hochschulen innerhalb des Bildungskanons haben? Und wie nähert man sich diesen unbeseelten, emotionsfreien Themen als Künstler?

Oskar von Miller Pokal Auktion München Scheublein

Pokal für Oskar von Miller: Detail mit Fassade der Technischen Universität an der Arcisstraße. 

Heiden bediente sich einer damals gängigen Lösung, in dem er tradiertes, schmückendes Personal – hier einen Putto – mit einer greifbaren Segnung der neuen Technik, einem Elektromotor, verquickte. Und er gravierte auf die Kuppa des Pokals die Fassade des im II. Weltkrieg zerstörten Hochschulgebäudes an der Arcisstraße – seit seiner Errichtung zwischen 1864 und 1868 ein überaus greifbares Beispiel für das neue Selbstbewusstsein der technischen Wissenschaften. “schon die Wahl des Standorts (…) in direkter Nachbarschaft zu den Antikensammlungen und Pinakotheken lässt keinen zweifel an der Absicht aufkommen, dass sich die neue Bildungsinstitution (…) in den Kanon musischer Bildung integrieren sollte”, so der Architekturhistoriker Andreas Lepik, “ihm aber auch selbstbewusst gegenüber stand.”

Aus der Gascogne nach München

Das letzte prominente Objekt aus dem München-Kanon der 47. Kunstauktion erzählt ein ganz besonderes Stück Genussgeschichte.

Goudoulin Armagnac Dallmayr Auktion München Scheublein

Eine Flasche Vieil Armagnac, Goudoulin, abgefüllt für das Maison Alois Dallmayr 1914. Schätzpreis 700 Euro.

Der Vieil Armagnac, 1914 abgefüllt für das Münchner Wein- und Delikatessenhaus Alois Dallmayr, trägt bereits den namen von Jeanne Ménal Goudoulin, die erst wenige Jahre zuvor in das Weingut Domaine de Bigor in Courrensan eingeheiratet hatte. Schon seit Generationen wurden hier Armagnacs gebrannt, doch erst Jeanne Ménal Goudoulin war es, die das Haus zwanzig Jahre später zur Weltmarke ausbaute. Zugleich belegt die vorliegende Flasche auch den Rang, den das Haus Dallmayr um 1900 einnahm: Es gehörte zu den führenden Delikatessenhäusern Europas, zählte Fürsten- und Königshäuser und sogar den deutschen Kaiserhof zu seinen Kunden, beschäftigte an die 70 Mitarbeiter und verfügte über ein ganz Europa umspannendes Netz an Produzenten von Weinen und Nahrungsmitteln bester Qualität.