Im Blickpunkt der März-Auktion: Jugendstil-Glas
Einen Höhepunkt der Auktion am 25. März bildet eine übe 30 Objekte umfassenden, privaten Sammlung von Jugendstil-Glas und Glaskunst des frühen Art Déco. Besonders im Blickpunkt dabei stehen zwei Positionen mit Gefäßen, die jene besondere technische Innovations- und Experimentierfreude repräsentieren, wie sie die Zeit um 1900 prägte: Fünf um 1905 gefertigte, metallisch irisierende Likörbecher von Amédée de Caranza sowie eine um 1910/15 entstandene Vase mit aufgelegten Libellen aus der Manufaktur der Gebrüder Daum.
Amédée de Caranza, ein vergessener Künstler
Das Verfahren, auf Glasflächen metallisch schimmernde Dekore und Glasuren aufzuschmelzen, hatte sich der in Konstantinopel geborene, heute fast vergessene Franzose de Caranza (1843 – 1914) bereits 1883 patentieren lassen. Vorangegangen war eine Tätigkeit als Keramiker und Fayence-Spezialist, bei der der Künstler sein Augenmerk vor allem auf orientalische Dekortechniken richtete, aber auch auf chemisch-technische Versuche. Ohne Unterlass experimentierte de Caranza mit pulverisierten Metallen, auch wenn die Beschaffung der dafür nötigen Rohstoffe Unsummen verschlang und die meisten seiner geschäftlichen Partnerschaften deshalb rasch in die Brüche gingen. Ab 1896 aber hatte er sein Verfahren so weit verfeinert, dass die damit gestalteten Glaskreationen von sich Reden machten und den Zeitgeschmack trafen.
Später Ruhm mit Jugendstil-Glas
So schwärmte die Vicomtesse de Réville, Herausgeberin der eleganten, ab 1901 erscheinenden Zeitschrift „Le Mode et le Bijou“: „Es gibt einige Caranzas mit ihren übers Glas gelaufenen, metallisch schimmernden Glasuren, die uns von jenen pompeijanischen Vasen träumen lassen, wie wir sie so sehr im Museum von Neapel bewundern.“
Einen Höhepunkt erreichte die Beachtung von de Caranzas Schaffen 1903 mit der Ausstellung „Cristaux métallisés“ (metallisiertes Kristallglas); bald darauf sind auch die vorliegenden Likörbecher entstanden, die zum Schätzpreis von 1.300 Euro angeboten werden. Obwohl nur wenige Zentimeter hoch, lässt sich an ihnen die verblüffende, changierende Wirkung dieser einzigartigen Dekortechnik doch eindrücklich beobachten.
Die dritte Dimension
Auch die zur École de Nancy gehörende Glashütte Daum vermochte es über 30 Jahre hinweg, immer wieder mit bahnbrechenden Neuerungen in der Glasgestaltung zu überraschen. Ein Beispiel dafür ist auch die um 1910/15 entstandene, auf 800 Euro taxierte Vase „Libellen und gelbe Blumen“.
Ihre Gestaltung entspringt der Zusammenarbeit der Gebrüder Daum mit dem Keramiker und Glaskünstler Amalric Walter (1870 – 1959). Walter absolvierte zunächst eine Ausbildung in der Porzellanmanufaktur in Sèvres, wo er sich auch mit Emailliertechniken beschäftigte. Ab 1900 begann er, mit der Zusammensetzung von Glas- und Emaillepasten (Pâtes de verre) zu experimentieren und 1903 erste Resultate im Salon der Société nationale des Beaux-arts zu präsentieren.
Von Daum zu Gallé
Dort wurde Antonin Daum auf ihn aufmerksam und bot ihm sofort eine Tätigkeit in seinen Glaswerkstätten in Nancy an. In der Folge entstanden über 100 Modelle, bei denen auf die Glaskörper plastische, aus Pâte de verre geformte Elemente aufgelegt wurden – entweder für überbordende, fast skulpturale Effekte oder, wie bei dem vorliegenden Objekt, als dezente, dreidimensionale Akzentuierung eines hochgeätzten Blätter- und Blütendekors.

Vase “Paysage lacustre”, Emile Gallé, Nancy (links). Dazu: Vase, wohl Emile Gallé, mit Weigelien-Blüten. Schätzpreis: 500 Euro.
Weitere Highlights der Sammlung sind Vasen und Lampen unter anderem von Gallé und Muller Frères, die mit Schätzpreisen zwischen 160 und 1.200 Euro angesetzt sind.
Im Blickpunkt am 28.1.: Tierfiguren von Hutschenreuther
Mit einem breiten Angebot an Silber, Schmuck, Kunsthandwerk, Gemälden des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sowie einer schönen Auswahl an Miniaturen startet SCHEUBLEIN Art & Auktionen am 28. Januar ins Auktionsjahr 2022. Das Sortiment umfasst Trouvaillen auch für den kleinen Geldbeutel in allen gängigen Kategorien vom Glas bis zu Möbeln, von Skulpturen bis zur Graphik. Besonders im Blickpunkt stehen diesmal Krüge im Stil des Historismus aus Mettlach, Objekte von Künstlern der Wiener Werkstätten, Stücke aus dem Almeida-Schloss in Starnberg sowie eine Privatsammlung mit Porzellan-Tierfiguren der Marke Hutschenreuther.
Mit Hutschenreuther durch Wald und Savanne
Die Figuren laden nicht nur zu einem Streifzug durch die heimische Fauna, sondern auch durch die Tierwelten Afrikas oder der Polarregionen ein.

Elefant, Panther, Nashorn, zwei Nilpferde. Hutschenreuther, Entwurf Karl Tutter, Gunther Granget u.a. Schätzpreis 250 Euro.
Sie machen es zugleich auch möglich, das Schaffen einiger der bedeutendsten Tiermodellierer des 20. Jahrhunderts kennenzulernen.
Exakte Vogel- und Tierstudien
Karl Tutter (1883 – 1969) zum Beispiel, von dem die Entwürfe zu Vogelfiguren, afrikanischen Wildtieren und heimischen Waldbewohnern stammen, war ausgebildeter Maler und Bildhauer, bevor er 1922 bei Hutschenreuther eintrat und bald darauf gemeinsam mit Carl Werner die Leitung der dortigen Kunstabteilung übernahm.

Fünf Waldtiere: Feldhase, kleiner stehender Bär, Bär, Fischotter. Hutschenreuther, Entwurf Gunther Granget, Karl Tutter. Schätzpreis 250 Euro.
Gunther Granget (1932 – 2010) unternahm nach seiner Ausbildung an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe eine von Hutschenreuther finanzierte Studienreise in die USA und Kanada, um gemeinsam mit einem Ornithologen die dortige Vogelwelt zu erkunden; Ende der 1960er Jahre legte er erste Entwürfe zu entsprechenden Figuren vor. Auch die bei SCHEUBLEIN angebotenen Positionen mit Vogeldarstellungen enthalten Objekte, die auf Granget zurückgehen.

Fünf Vogelfiguren: Ein paar Schwanzmeisen, vier Kohlmeisen auf einem Ast, Spatz, Rotkehlchen, Schleiereule. Vier Figuren von Hutschenreuther, eine von Göbel, Entwurf Karl Tutter, Gunther Granget, Uwe Netzsch u.a. Schätzpreis 250 Euro.
Weitere Tiermodelleure
Ein Schöpfer weiterer Tierplastiken aus dem SCHEUBLEIN-Angebot ist der 1944 geborene, Tiere ebenfalls am lebenden Objekt studierende Uwe Netzsch.

Sechs Vögel: Paradiesvogel, Rotkehlchen, Gimpel, Fasan, Stieglitz, Rotschwanz. Hutschenreuther, Entwurf Hans Achtziger, Uwe Netzsch, Gunther Granget u.a. Schätzpreis 200 Euro.
Den Reigen schließt Hans Achtziger (1918 – 2003), der seit 1972 die Kunstabteilung, ab 1980 das Produktmanagement des Formen- und Dekorateliers von Hutschenreuther leitete. Er entwarf neben Tierfiguren auch zahlreiche zu Klassikern gewordene Service.
Neben einem als Einzelfigur angebotenen Löwen (Schätzpreis 300 Euro) sind die Tierdarstellungen zu Gruppen von drei bis sechs Objekten mit Schätzpreisen zwischen 150 und 200 Euro gebündelt.

Fünf Vögel: Spatz auf einem Baum, Blaumeise mit Raupe, fliegende, sitzende und schwimmende Stockente. Hutschenreuther, Entwurf Hans Achtziger, Uwe Netsch, Karl Tutter. Schätzpreis 200 Euro.

Rebhuhn, Vogelpaar, Seidenschwanz. Hutschenreuther / Rosenthal, Entwurf U. Netsch bzw. F. Heidenreich. Schätzpreis 150 Euro.

Flamingo-Paar, Pinguin mit Küken, Robbe, Forelle. Hutschenreuther, Entwurf Hans Achtziger u.a. Dazu: Zwei pfauentauben, Wagner & Apel. Schätzpreis 180 Euro.

Affe, Antilope, Giraffe. Hutschenreuther, Entwurf Hans Achtziger bzw. Gunther Granget. Schätzpreis 200 Euro.

Sechs Tierfiguren: Stehendes Fohlen, liegendes Fohlen, Eselchen, Widder, Hahn, Schmetterling. Hutschenreuther, Entwurf Hans Achtziger u.a. Schätzpreis 200 Euro.

Ein Storch, zwei Reiher. Hutschenreuther, Entwurf Hans Achtziger. Schätzpreis 200 Euro. Die Objekte kommen in der Auktion am 28. Januar 2022 bei Scheublein Art & Auktionen, München zur Versteigerung.

Fünf Waldtiere: Ein Eichhörnchen mit Tannenzapfen, Rehbock und Reh, kleiner stehender Bär, Fuchs, kleiner Hase. Hutschenreuther, Entwurf Hans Achtziger, Gunther Granget, Karl Tutter u.a. Schätzpreis 250 Euro.

Fünf Vögel: Spatz auf einem Baum, Blaumeise mit Raupe, fliegende, sitzende und schwimmende Stockente. Hutschenreuther, Entwurf Hans Achtziger, Uwe Netsch, Karl Tutter. Schätzpreis 200 Euro.

Fünf Vögel: Kiebitz, Kleiber, Schwanzmeise, Stelze, Meise. Hutschenreuther, Entwurf Karl Tutter, Gunther Granget u.a. Schätzpreis 150 Euro.
Ergebnisse der Dezember-Auktion (II): Schmuck, Porzellan, Glas und Spielzeug.
Auch in Gattungen, die eher dem kunsthandwerklichen Bereich zuzuordnen sind, konnten in der Auktion vom 3. Dezember gute Ergebnisse erzielt werden. (…) (mehr …)
Ergebnisse der Dezember-Auktion (I): Gemälde und Graphik
Schmuck, Porzellan und Objekte aus dem Bereich Kunsthandwerk / Varia standen bei der Vorweihnachts-Auktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen besonders hoch in der Gunst der Bieter. Rund 650 Kunstinteressierte waren bei der alle gängigen Kategorien umspannenden Versteigerung im Saal zugegen oder per Telefon und im Internet zugeschaltet. Auf die höchsten Preise allerdings mussten sie bis fast zum Ende der Auktion warten: Sie wurden bei den Gemälden des 19. und frühen 20. Jahrhunderts erzielt. Zum Spitzenlos entwickelte sich ein Blick über den Golf von Neapel eines unbekannten Malers, das 18.900 Euro* erzielte.
Sehnsuchtsziel und Mythos
Das Gemälde ist sozusagen eine Bilderbuch-Ansicht all dessen, weswegen Europäer vor allem aus nördlicheren Gefilden die Stadt ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Mythos verklärten: Die liebliche Landschaft, das südliche Licht, die Schönheit und Anmut der Bauten, das Temperament und die als malerisch empfundene, einfache Lebensweise der Menschen, die in den Fischern im Vordergrund und den Flaneuren am Hafenkai wiedergegeben ist. Dazu kommt, hier im Hintergrund gezeigt, der rauchende Vesuv, dessen Besteigung zum Pflichtprogramm jedes Italienreisenden dieser Zeit gehörte.
Die Möglichkeit, ab 1763 die Ausgrabungen in Pompeij und Herculaneum zu besuchen, erhöhten die Faszination des Ortes zusätzlich. „Neapel ist ein Paradies, jedermann lebt in einer Art von trunkner Selbstvergessenheit. Mir geht es ebenso, ich erkenne mich kaum, ich scheine mir ein ganz anderer Mensch“, beschreibt Johann Wolfgang von Goethe seine Eindrücke während seines Aufenthalts im Spätwinter 1787. Das bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen versteigerte Bild fängt all dies ein. Das Werk ging an einen privaten Liebhaber im europäischen Ausland.
Bezaubernder Alltag
Seinen Schätzpreis fast verzehnfachen konnte ein mit 1.300 Euro angesetztes Gemälde von Johann Georg Meyer von Bremen (1813 – 1886): Das „Mädchen beim Naschen“ ist ein typisches Werk des zunächst in Düsseldorf, später in Berlin ansässigen Genremalers, der vor allem kleine Mädchen bei alltäglichen Verrichtungen darstellte – beispielsweise beim Stricken, Lesen oder Beaufsichtigen jüngerer Geschwister. Seine Bilder waren vor allem bei Auswanderern nach Amerika beliebt, die sie als stimmungsvolle Erinnerung an die alte Heimat mitnahmen. Die bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen vorliegende Szene mit einem Mädchen, das sich auf eine versteckte Treppe zurückgezogen hat, um aus seinem Essenskörbchen zu naschen, wurde für 12.600 Euro* verkauft.
Faszination Großstadt

Charles Vetter (1858 – 1941), Der Lenbachplatz in München mit Blick auf das Künstlerhaus, die alte Synagoge und die Türme der Frauenkirche. Ergebnis: 10.700 Euro*.
Ebenfalls gefragt war eine Ansicht des Münchner Lenbachplatzes aus der Hand des Impressionisten Charles Vetter (1858 – 1941). Des aus Ostpreussen stammende Maler entdeckte in Münchner Stadtansichten mit raffinierten Lichtsituationen, sei es bei Tag, sei es bei nächtlicher Beleuchtung, sein Lebensthema. Die vorliegende Ansicht des belebten Platzes mit der angeschnittenen Börse, dem zentral gesetzten Künstlerhaus und dem dahinter aufragenden Ziegelbau der Synagoge sowie den durch die Wolken erahnbaren Frauentürmen bildet hier keine Ausnahme. Vetters Hauptaugenmerk liegt auf den Lichtreflexionen des Nebelgraus auf dem regennassen Straßenpflaster. Das Bild erzielte 10.700 Euro*
Mutter und Kind

Albrecht Dürer (1471 – 1528), Die Hungfrau im Strahlenkranz, Kupferstich auf feinem Bütten. Ergebnis 12.600 Euro*.
Das liebevolle Miteinander der Jungfrau Maria mit dem Jesuskind thematisierte Albrecht Dürer in seinem um 1514 entstandenen Kupferstich „Die Jungfrau im Strahlenkranz“, der möglicherweise als Andachtsbild für Nürnberger Nonnenklöster gedacht war. Das bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen vorliegende Blatt kletterte von einem Schätzpreis von 3.000 Euro bis auf 12.600 Euro*, bevor der Hammer fiel. Es ging an einen privaten Sammler.
* Alle Angaben der Zuschlagspreise inkl. Aufgeld (26%) und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.
Toplose der Auktion am 3. Dezember: Buchmalerei
Ein im Angebot von SCHEUBLEIN Art & Auktionen ungewöhnliches Highlight der Dezemberauktion ist eine Passage von vier Positionen mit Buchmalereien. Sie gehen vor allem auf die französische Buchkunst des 15. Jahrhunderts zurück. Die oben gezeigten Buchseiten mit Miniaturen zum Pfingstwunder und zum Marientod sind ein prägnantes Beispiel dafür. Der Schätzpreis liegt bei 600 Euro.
Letzte Blüte der Buchmalerei
Bevor ab Mitte des 15. Jahrhunderts dank der Erfindung des Druckens mit beweglichen Lettern und der Entdeckung kostengünstiger Verfahren zur Papierherstellung Bücher zu einem zumindest etwas erschwinglicheren Gut wurden, erlebte die mittelalterliche Buchmalerei eine letzte große Blüte. Vor allem in Frankreich wurden überaus aufwendig illuminierte Stundenbücher angefertigt, die es dem hochadeligen Laien erleichtern sollten, seinen umfassenden, auf meist acht Stundengebete verteilten, täglichen Gebetspflichten nachzukommen.

Wohl Frankreich, 15. Jh. u.a. (?), Deckfarben und Goldgrund auf Pergament. Eine vollständige Initialseite mit Mariendarstellung, sechs einzelne Miniaturen mit neutestamentarischen Szenen und Heiligendarstellungen, vier Textseiten. Schätzpreis 800 Euro.
Diese Andachtsbücher, die sich im ausgehenden 14. Jahrhundert herausbildeten, enthielten – neben einem Kalender, Psalmen und Gebeten, immer auch ein Offizium zu Ehren Mariens; analog bestimmten marianische Themen auch einen wesentlichen Teil des Bildprogramms in den Stundenbüchern.
Stundenbücher: Eine Andacht zu Ehren Mariens
Dies lässt sich auch an einem Gutteil der vorliegenden Buchseiten ablesen: die Gottesmutter steht bei beiden ganz oben gezeigten Blättern im Zentrum.

Initiale “Q” mit Heiligem / Taufe Christi. Wohl Frankreich, 15. Jh. Deckfarben und Goldgrund auf Pergament. Aus einem Stundenbuch. Dazu: Faksimile Druck einer Seite aus dem Schwarzen Stundenbuch. Schätzpreis 400 Euro.
Auch die Miniaturen im nächsten Absatz sowie das direkt über diesen Zeilen abgebildete Faksimile zeigen zu einem großen Teil Marienmotive.
Buchmalerei: Ein Spiegel der Kunst ihrer Zeit
Gleichzeitig lässt sich bei vielen dieser Blätter auch ablesen, was der französische Kunsthistoriker Albert Chatelet für diese letzte, überaus eindrucksvolle Phase der Buchmalerei beobachtete: „Miniaturen und Illuminationen nehmen eine überraschende Entwicklung: Statt sich auf die Funktion als mehr oder weniger textnaher Kommentar zu beschränken, tendieren sie immer progressiver dazu, ihre Unabhängigkeit zu bestätigen und sich als eigenständige Kunstwerke zu präsentieren. Dies zeigt sich auch darin, dass sich die Künstler immer intensiver auch mit Problemen der Bildkomposition auseinandersetzen, die auch andere Kunstgattungen ihrer Zeit beschäftigen: Plastizität, Lebensnähe und die Wiedergabe räumlicher Tiefe.“

Die Initialen “P” und “O” / eine Seite mit Initiale “N”. Wohl Frankreich bzw. Deutschland, 15. Jh. u.a. Deckfarben und tlw. Goldgrund auf Pergament. Initiale “P” mit Darstellung der Madonna mit Kind, “O” mit der Hl. Agnes, “N” mit Darstellung des Zacharias (?). Alle Blätter mit Quadratnotation. Schätzpreis 600 Euro.
Toplose am 3. Dezember: Eine Sammlung an Geh- und Spazierstöcken
Eine 40 Positionen umfassende Sammlung
an Geh- und Spazierstöcken aus dem
späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wird
im Rahmen der Rubrik Kunsthandwerk /
Varia angeboten. Sie ermöglicht einen
eindrucksvollen Überblick über die Gestaltungsvielfalt, die dieses für eine eleganten
Herren einst unverzichtbare Accessoire
zu Zeiten der letzten Jahrhundertwende
erlangt hatte.
Spazierstöcke: Vielfalt der Formen
Die Griffe der vorliegenden
Stöcke sind in Holz geschnitzt, in Metall
gefasst, in Silber ziseliert oder aber
in Elfenbein, Bein oder Horn gearbeitet.

Spazierstock mit rechtwinkeliger Krücke aus 8 K GG, Ende 19. Jahrhundert. Schätzpreis 400 Euro.
Manche haben die vor allem im 18. Jahrhundert populäre, weit ausschweifende,
gerundete Grifform.

Drei Spazierstöcke mit Krücken aus Silber, 19./20. Jh., Schätzpreis 280 Euro.
Andere sind typische,
der Anatomie der Hand nachempfundene
„Fritzkrücken“. Wieder andere werden von
klassischen, dafür aber überaus kunstvoll
gearbeiteten Knäufen gekrönt.
Porträts, Tierköpfe und ein Memento Mori
Der Sammler, der die vorliegende Kollektion zusammentrug, hatte ein ausgeprägtes
Faible für Porträtdarstellungen, die
teilweise ins Karrikaturhafte spielen.

Zwei Spazierstöcke, Knauf jeweils aus Silber in Form eines Orientalen und eines Chinesen.
Auch zwei Stöcke mit Memento Mori-Motiven
sind enthalten, ebenso aber auch Objekte
mit z.T. deftigen erotischen Motiven.

Spazierstock mit Elfenbeinknauf in Form eines Memento Mori-Totenkopfs aus dem 19. Jahrhundert. Schätzpreis 600 Euro.
Ein weiteres Augenmerk des Sammlers galt
Stöcken mit naturnahen Tierskulpturen
und -köpfen, zwei sogar mit winzigen Bewegungsmechanismen.
Eine Position mit zwei Reservistenstöcken und einem Bergmannsstock weist aber auch darauf hin, dass Stöcke bis weit ins 20. Jahrhundert hinein nicht nur eine modische Funktion hatten, sondern auch als Erinnerungsstück oder tatsächliches Hilfsmittel bei der Arbeit dienten. Die Objekte werden mit Schätzpreisen zwischen 120 und 600 Euro aufgerufen.
Toplose am 3. Dezember: Silberne Krabben von Buccellati
Beim Silber stechen in der Weihnachtsauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen zwei extravagante, auf
jeweils 1.500 Euro taxierte Positionen mit Objekten besonders ins Auge, die auf Entwürfe aus den späten 1960er-Jahren zurückgehen: Einmal vier größere, einmal acht kleinere Salzschälchen in Form von Krabben mit Rückenpanzern, die sich öffnen lassen und Korallenkugeln als Augen.
Buccellati und die Kunst aus Renaissance und Barock
Die Krabben stammen aus dem international tätigen Mailänder Juwelenhaus Buccellati, das bis heute vor allem für Schmuckstücke berühmt ist, die Formen und Goldschmiedetechniken aus Renaissance
und Barock modern interpretieren.
Ab etwa 1955 präsentierte das Haus allerdings auch Tafelobjekte, die diesen Rückbezug nicht stilistisch, sondern inhaltlich aufnehmen und als Tischdekoration aufgrund ihrer originellen Gestaltung wie
klassische „Conversation Pieces“ die Aufmerksamkeit von Gästen und Tischgesprächen auf sich zogen.

Acht kleine Krabben, als Dosen oder Salzschälchen nutzbar. Buccellati, Silber (925) mit Korallenkugeln als Augen. Schätzpreis 1.500 Euro.
Auch die Dosen und Döschen in Krabbengestalt fußen in dieser barocken Tradition, entsprechen aber zugleich ganz dem Geschmack der späten 1960er Jahre. Sie entstanden, wie auch diverse weitere Objekte mit Mereresmotiven, in Zusammenarbeit mit der Mailänder Silberschmiede Mabuti.
Toplose am 3. Dezember: Eine “Anbetung” von Hieronymus III. Francken
Zu Beginn der Adventszeit richtet sich das Augenmerk bei der Auktion am
3. Dezember natürlich – auch – auf weihnachtliche Szenarien. Das Spitzenlos der Auktion aus der Kategorie Altmeister zeigt eine solche: eine in Öl auf Kupfer gemalte „Anbetung der Hirten“ aus Flandern. Sie ist mit einem Schätzpreis von 12.000 Euro angesetzt.
Hieronymus III. Francken: Teil eines künstlerischen “Familienbetriebs”
Erst seit einiger Zeit schreiben Experten das Genmälde nicht mehr dem Antwerpener Maler
Frans Francken II. (1581 – 1652) zu, sondern dessen zweitem Sohn, Hieronymus Francken III. (1611 – nach 1661). Die Nähe der Stile ist nicht nur darin begründet, dass Hieronymus in der Werkstatt seines Vaters
sein Handwerk erlernte, sondern dass er, ebenso wie seine Brüder und Onkel, dort mitarbeitete.

“Anbetung der Hirten” von Hieronymus III. Francken (Schätzpreis 12.000 Euro). Detail: Maria und das Kind.
Denn die Malerdynastie Francken, begründet von Hieronymus’ Urgroßvater Nicolas Francken (1526 – 1596), hatte sich in der größten Stadt Flanderns einen Ruf erworben, dem auch die wechselvollen Jahre des ausgehenden 16. Jahrhunderts nichts hatten anhaben können.
Wechselvolle Jahre für Antwerpen
Um 1600 begann sich die Stadt allmählich
von den Glaubensstreitigkeiten des späten 16. Jahrhunderts und der Belagerung durch spanische Truppen
1584/85 sowohl im Hinblick auf ihre Bevölkerungszahl wie auch wirtschaftlich zu erholen. Ab 1620 folgte eine erneute Blüte, die sich auf einen intensiven Handel mit Italien, Spanien und den Kolonien in Ost-und Westindien gründete. Dies etablierte den bürgerlichen Mittelstand als Zentrum ökonomischer und stadtpolitischer Macht, aber auch als Auftraggeber von Künstlern.
Für die Kunstkammern der Bürger
Entsprechend richteten krisenerprobte Ateliers wie das der Franckens ihre Produktion an den privaten Kunstkabinetten aus: Aus räumlichen Gesichtspunkten, aber auch im Hinblick auf eine möglichst
intime Betrachtung und die Erschwinglichkeit eines Bilds wurden kleinere Formate bevorzugt.

Versteckter Reiz für den aufmerksamen Betrachter: Unter den antiken Bogen fügte Hieronymus III. Francken ein winziges Haus im niederländischen Stil ein, das gerade von seinem Bewohner verlassen wird.
Gefragt: Weihnachtliche Motive
Auch war diese Käuferschicht weniger an künstlerischen Extravaganzen interessiert als an gängigen mythologischen oder biblischen Szenen. Bildthemen rund um die Geburt Christi, so die Kunsthistorikerin Ursula Alice Härting in ihrem Oeuvrekatalog zu Frans Francken II., gehörten zu den gefragtesten Motiven.
Die Zusammenarbeit Hieronymus’ III. Franckens mit seinem Vater Frans Francken II.
Um die Nachfrage decken zu können, beschäftigte Frans Francken II. nicht nur eine große Zahl an Lehrlingen; auch seine drei Söhne blieben selbst nach ihrer Ausbildung eng in den Atelierbettrieb eingebunden. Gerade die innerfamiliäre Zusammenarbeit bietet Forschern ein weites Feld.

Auch die Winterlandschaft, die die Anbetungsszene Hinterfängt, wurde von Hieronymus III. Francken mit Liebe zum Detail in typisch niederländischem Stil gemalt.
„Die Zusammenarbeit zwischen Frans II. und seinem Sohn Hieronymus III.“, so Härting, „war wohl sehr viel intensiver, als man vermutete und es bisher nur für das Verhältnis von Frans II. und Frans III. zugrunde
legte.“ Auch das vorliegende, nun Hieronymus III. zugeschriebene Bild legt von dieser Nähe ein beredtes Zeugnis ab.
Ergebnisse der Sommerauktion (II): Asiatika, Kunsthandwerk, Möbel
Eine auf über vierzig Positionen aufgeteilte Sammlung mit Netsuke und Okimono, primär aus dem späteren 19. Jahrhundert, stand bei der Kategorie Asiatika im Zentrum des Bieterinteresses und erlöst insgesamt gut 13.700 Euro*. Ein besonders intensives Bietergefecht entbrannte um einen Totenkopf mit Schlange, der – wie der Großteil der Sammlung – in Elfenbein gearbeitet ist. Die 5 Zentimeter hohe Schnitzerei (oben links) kletterte von einem Schätzpreis von 800 Euro bis auf 2.800 Euro* und ging in den Kunsthandel. Weitere besonders intensiv bebotene Objekte waren ein Glücksspatz (Fukura Suzume) aus der Edo Zeit, der für 1.070 Euro* zugeschlagen wurde, eine sich putzende Katze (Zuschlag 820 Euro*), die Darstellung eines Schirmmachers (oben rechts, Zuschlag 760 Euro*) sowie ein Pfirsich mit Spinne (Zuschlag 690 Euro*).
Kunsthandwerk: Klosterarbeiten mit Reliquien

Zwei Paare mit Altarpyramiden, links mit verglasten Reliquienmedaillons, rechts mit Reliquienpartikeln, jeweils eingebettet in reiche Golddrahtarbeiten mit Glassteinen und Perlen. Ergebnis jeweils 3.500 Euro*.
Zwei Paare von Altarpyramiden aus dem 18./19. Jahrhundert entwickelten sich zu Spitzenlosen im Bereich Kunsthandwerk. Die Objekte sind ausgesucht schöne Beispiele für Klosterarbeiten, mit denen ab dem 18. Jahrhundert in Frauenklöstern unter Einsatz von unendlicher Zeit und Geduld aus Golddraht, Glassteinen, Borten und Perlen Einfassungen für Reliquienmedaillons und -splitter gearbeitet wurden. Die vorliegenden Arbeiten sind jeweils in mit Gold gefassten Holzgehäusen präsentiert, die seitlich mit geschnitzten Akanthusranken und Blüten verziert und von einem Blumenkorb bekrönt sind. Die beiden Positionen mit je zwei Altarpyramiden ersteigerte ein privater Sammler für je 3.500 Euro*.
Möbel: Ein barocker Sekretär

Tabernakelsekretär, 18. Jh. Verschiedene Hölzer furniert, intarsiert, dunkel gebeizt. Ergebnis 10.100 Euro*.
Bei den Möbeln war es vor allem ein
Tabernakelsekretär aus dem 18. Jahrhundert, der im Fokus des Interesses stand. Das imposante Stück mit einer Höhe von über zwei Metern ist mit verschiedenen Hölzern furniert sowie intarsiert. Für gut 10.000 Euro* ging es in den Kunsthandel.
* Alle Angaben der Zuschlagspreise inkl. Aufgeld (26%) und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.
Ergebnisse der Sommerauktion (I): Graphik, Altmeister
Ein Aquarell von Max Pechstein, eine qualitativ überaus hochwertige „Himmelfahrt Mariens“ aus dem barocken Italien sowie eine Sammlung mit Netsuke des späten 19. Jahrhunderts standen im Blickpunkt der Sommerauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen am 2. Juli. Im Saal, per Telefon sowie übers Internet waren an die 650 Bieter beteiligt, über 70 % der Objekte konnten zugeschlagen werden. Besonders gefragt waren, neben Graphik und Asiatika, Kunsthandwerk, Silber und Schmuck sowie die erstmals vertretene Kategorie Taschen.
Spitzenlos: Ein Aquarell von Max Pechstein
Wie erwartet, entwickelte sich das Aquarell „Dorfstraße in Leba“ (oben), das Max Pechstein 1921 in seinem ersten Sommer an der pommerschen Ostseeküste malte, zum Spitzenlos der Auktion. Das Blatt spiegelt den kraftvollen, dynamischen Stil, in dem der ehemalige Brücke-Künstler in den 1920er-Jahren vor allem Landschaften in Szene setzte. Häufig nutzte Pechstein hierfür eine das Bild dominierende Diagonale – hier die einfallende Sonne –, die die gesamte Komposition mit Energie auflud. Die „Dorfstraße in Leba“ mit ihren markanten Komplementärkontrasten Rot-Grün und Orange-Blau kletterte im Verlauf eines intensiven Bietergefechts von ihrem Schätzpreis von 12.000 Euro bis zu einem Zuschlag on 69.000 Euro*; das Blatt ging an eine Unternehmensgruppe mit Kunstsammlung.
Ebenfalls gefragt: Barocke “Himmelfahrt Mariens”
Eine bis ins kleinste Detail überaus qualitätvolle „Himmelfahrt Mariens“, wohl aus dem Italien des 17./18. Jahrhunderts, entwickelte sich zum Spitzenlos bei den Alten Meistern. Die Darstellung folgt dabei exakt dem Typus der Himmelfahrts-Darstellungen, die sich in der Hochrenaissance und im Barock in Anlehnung an die Himmelfahrt Christi herausgebildet hatten. Maria wird in Wolken von Engeln nach oben getragen, unter ihr bleiben die betenden oder aufblickenden Apostel zurück, die sich um den leeren Sarkophag vereinen. Für knapp 33.000 Euro* ging das gut einen Meter breite Gemälde an einen privaten Sammler.
* Alle Angaben der Zuschlagspreise inkl. Aufgeld (26%) und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.