Highlights der Juli-Auktion (IV): Zwei Kelly-Bags

In der Juli-Auktion feiert eine neue Kategorie bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen Premiere: Handtaschen. Im Blickpunkt dabei stehen zwei absolute Stars: Kelly-Bags von Hermès aus den frühen 1990er- Jahren.

Die Anfänge der Kelly-Bag

Einst war die spätere Kelly-Bag eine der ersten Handtaschen, mit denen die damals noch auf Sättel, Satteltaschen und Reisegepäck spezialisierte Firma Hermès ihren Weltruf als Marke für exquisiteste Modeaccessoires begründete. Der „Petit Sac Haut à Courroies“ wurde 1935 von Robert Dumas, einem der Schwiegersöhne des Firmeneigners Émile Hermès, als kleines Pendant zu den schon damals gesuchten Reisetaschen entworfen. Obwohl sie sich zunächst nicht unbedingt als Verkaufsschlager entpuppte, blieb sie permanenter Bestandteil des Sortiments.

Wie die Kelly-Bag zu ihrem Namen kam

Zu ihrem Namen – und zu Weltruhm – gelangte die Tasche dann in den 1950er Jahren: Schauspielerin Grace Kelly trug einen solchen „Petit Sac“ am Tag ihrer Verlobung mit dem Fürsten Rainier von Monaco, und später in diesem Jahr, als sie, inzwischen verheiratet, durch die USA reiste: Während dieser Tour benutzte verschiedene Modelle der vergleichsweise großen Handtasche, um die beginnenden Rundungen ihrer Schwangerschaft zu verdecken. Die Tasche mit dem Überschlag und der markanten Schnalle wird bis heute in verschiedensten Ledervarianten hergestellt, ältere Modelle sind gesuchte Sammlerstücke.

Die Kelly-Bags der Sommerauktion

Die oben gezeigte “Kelly Bag 28” aus rotem und grünem Boxcalf-Leder wurde 1992 angefertigt; sie wird mit einer Taxe von 1.200 Euro aufgerufen.  Ein Pendant aus beigem Boxcalf-Leder aus dem Jahr 1994 wird auf 1.800 Euro geschätzt.

Kelly Bag Auktion München Scheublein

Hermès, Vintage Handtasche “Kelly Bag” 28, um 1994, Geprägtes beiges Boxcalf-Leder. Schätzpreis 1.800 Euro. 

Weitere Vintage-Handtaschen

Handtaschen Gucci Fendi Chanel Auktion München Scheublein

Drei Handtaschen der Modemarken Gucci, Fendi und Chanel runden das Angebot der neuen Kategorie Taschen ab: Links: Vintage-Handtasche von Christian Dior (in einer Position mit einer Vintage-Tasche von Gucci), Schätzpreis 180 Euro; Fendi Vintage Handtasche, Schätzpreis 220 Euro sowie eine Vintage-Handtasche von Chanel, Schätzpreis 260 Euro. 

Ergänzend präsentiert die Kategorie Vintage-Handtaschen weiterer weltberühmter Modelabel: Eine weiße, rechteckige Chanel-Tasche mit V-förmigem Steppmuster wird zum Schätzpreis von 260 Euro angeboten. Eine Fendi-Tasche aus geprägtem, beigem Leder startet mit einer Taxe von 220 Euro. Eine Doppelposition mit einer schwarzen, auch als Clutch tragbaren Tasche von  Christian Dior und einer ebenfalls schwarzen Tasche von Gucci ist auf 360 Euro taxiert.

Highlights der Juli-Auktion (III): Netsuke

Bei den Asiatika sticht eine Sammlung von über 40 Netsukes hervor, die fast alle in Elfenbein gearbeitet sind. Sie gehen großenteils auf die Meiji-Zeit  (1868 – 1912) zurück, eine Phase des Umbruchs, während der  Japan seine 1853 begonnene Öffnung nach Westen fortsetzte. Forscher, Diplomaten und Handlungsreisende kamen ins Land, das Land nahm an den Weltausstellungen in Paris und Wien teil; viele Japaner begannen, sich westlich zu kleiden.

Ein Wandel, im Großen wie im Kleinen

Auch für die zu diesem Zeitpunkt etwa ein Jahrhundert alte Kunst des Schnitzens von Netsuke – kleinen Anhängern, mit denen Taschen am Obi, dem Gürtel des Kimono befestigt werden konnten – bedeutete diese Epoche eine tiefgreifende Veränderung: Die funktionale Bedeutung dieser Skulpturen en miniature ging zurück, dafür entdeckten westliche Sammler wie die Schriftsteller Edmond und Jules de Goncourt, der Hofjuwelier des Zaren, Carl Fabergé oder der Verleger Albert Brockhaus die Figürchen als Objekte der Liebhaberei und Inspiration.

Auch Netsuke aus anderen Materialien sind in der Sammlung enthalten: obere Reihe: Eber / Shishi / Katze auf Fisch / Kröte auf Blatt. Japan, Meiji-Zeit. Elfenbein, tlw. wohl maritim / Bein / Holz. Schätzpreis 250 Euro. Untere Reihe: Widder / Büffel, Holz geschnitzt, Schätzpreis 200 Euro. 

Netsuke in gängigen und ungewöhnlichen Formen

Die vorliegende Sammlung umfasst vor allem Netsuke aus kostbarem, widerstandsfähigem Elfenbein, das aus Thailand und Indien importiert und vor allem von Schnitzern in Osaka, Kyoto und Edo verarbeitet wurde; daneben sind auch Objekte der ebenfalls gängigen Materialien Holz (Kat-Nr. 233, 257) und Bein (Kat.-Nr. 233) vertreten.

Netsuke Elfenbein Meiji Auktion München Scheublein.

Manju-Netsuke / Lotosblüte. Japan, Meiji. Wohl maritimes Elfenbein. Schätzpreis 200 Euro. 

Die meisten Stücke wurden in der gebräuchlichsten, kompakten katabori-Form angefertigt, eine Position weist aber auch Objekte der flachen Manju-Form auf (Kat-Nr. 240), eine weitere ist eine Kagamibuta, eine Dose mit Deckel (Kat-Nr. 234).

Netsuke Elfenbein Meiji Auktion München Scheublein.

Drachen-Netsuke / Dose. Japan, wohl Meiji. Elfenbein, geschnitzt, geschwärzt. Schätzpreis 200 Euro. 

Die Motiv-Vielfalt der Netsuke

Von den dargestellten Motiven her reflektiert die vorliegende Sammlung das klassische Spektrum, das auch angefertigt wurde, als Netsuke noch als Kleidungsstücken getragen wurden – vor allem Kaufleute schmückten sich gerne mit kostbaren und ausgefallenen Netsuke, da es ihnen als niedrigster gesellschaftlicher Klasse nicht erlaubt war, anderen Schmuck zu tragen.

Netsuke Elfenbein Meiji Auktion München Scheublein.

Mutter mit Kind. Japan, wohl Meiji. Elfenbein, geschnitzt, braun akzentuiert. Schätzpreis 120 Euro. 

Es gibt Figuren des täglichen Lebens – Handwerker (Kat-Nr. 247) und Bauern (Nr. 246), Mütter (u.a. Kat-Nr. 244) und Kinder (u.a. Nr. 254), Musiker (Kat-Nr. 251) und Tänzer (Kat-Nr. 242).

Netsuke Elfenbein Meiji Auktion München Scheublein.

Zwei Elfenbein-Netsuke: Trommler / Tänzer. Japan, wohl Taisho-Zeit. Schätzpreis 150 Euro. 

Götter wurden genauso dargestellt wie Sagengestalten (u.a. Kat-Nr. 253, 248).

Netsuke Elfenbein Meiji Auktion München Scheublein.

Zwei Ebisu und ein Bishamon. Japan, wohl Taisho-Zeit. Elfenbein, geschnitzt und farbig gefasst. Schätzpreis 180 Euro. 

Ein besonderes Interesse galt Tierdarstellungen, sowohl nach der Natur (Kat-Nr. 224, 231) wie auch als Glücks-Symbol (Kat-Nr. 227).

Netsuke Elfenbein Meiji Auktion München Scheublein.

Links: Sich putzende Katze. Japan, 19. Jh. Elfenbein geschnitzt. Schätzpreis 400 Euro. Rechts: Zwei Frösche auf einem Seerosenblatt. Japan, wohl Meiji. Elfenbein, geschnitzt. Schätzpreis 120 Euro. 

Netsuke Elfenbein Meiji Auktion München Scheublein.

Ratte mit Früchten auf Lotosblatt / Zwei Welpen und Karpfen. Japan, wohl Taisho-Zeit. Elfenbein, geschnitzt, farbig staffiert. Schätzpreis 300 Euro.

Diverse Objekte zeigen auch japanische Tierkreiszeichen – Pferde (Kat-Nr. 220, 221.222), Ochsen (Kat-Nr. 228), Wildschweine (Kat-Nr. 230), Ratten (Kat-Nr. 232) oder Tiger (Kat-Nr. 225) – die in dem Jahr getragen wurden, in dem das jeweilige Tierkreiszeichen herrschte. So konnte man einst schon mit einem winzigen Figürchen zeigen, dass man immer mit der Zeit ging.

Netsuke Elfenbein Meiji Auktion München Scheublein.

Netsuke mit Figuren des asiatischen Tierkreises. Von links: Wildschwein, wohl Meiji, Schätzpreis 150 Euro. Pferd, Japan, 19. Jh., Schätzpreis 350 Euro. Ochse, Japan wohl Meiji, Schätzpreis 150 Euro. Tiger, Japan, wohl Meiji, Schätzpreis 150 Euro. 

Highlights der Juli-Auktion (II): Drei Lithographien von Barbara Hepworth

In der Kategorie “Kunst nach 1945” bilden drei Graphiken aus der Hand der Bildhauerin Barbara Hepworth (1903 – 1975) ein besonderes Highlight. Die Blätter aus dem Lithographie-Zyklus „Aegean Suite“ geben einen faszinierenden und berührenden Einblick in die Beobachtungsweise und kreativen Denkprozesse der britischen Künstlerin.

Barbara Hepworth und Griechenland

Mit ihrer Griechenlandreise im August 1954 erfüllte sie sich nicht nur einen lang gehegten Traum. Sie versuchte damit auch, über einen schweren Schicksalsschlag hinwegzukommen: den Tod ihres ältesten Sohns Paul, der während seines Diensts bei der Royal Airforce verunglückt war.

Barbara Hepworth Lithographie Aegean Suite Auktion München Scheublein

Barbara Hepworth: “Desert Forms”. Farblithographie aus dem Zyklus “The Aegean Suite”. Schätzpreis 1.200 Euro. 

Ein superbes Gefüge aus Hügeln und Ebenen

Der Besuch der Stätten des klassischen Altertums, aber auch der ägäischen Inseln, gab ihr neuen Mut und Schaffenskraft: „Die Inspiration war fantastisch“, schrieb die Künstlerin nach ihrer Rückkehr. „In Mykene rannte ich, mein Notizbuch in der Hand, wie ein Hase die Hügel hinauf, um ja vor allen anderen oben zu sein und die absolute Wucht der Einsamkeit für mich zu haben. Ich machte viele Zeichnungen für neue Skulpturen (…) Diese Formen waren meine Erfahrung dort oben. Nach meinem Bad in der Einsamkeit wartete ich auf die 199 Menschen, die ich hinter mir gelassen hatte, und beobachtete ihre Bewegungen und wie sie reagierten, als sie die Architektur in diesem superben Gefüge aus Bergen, Hügeln und Ebene betraten. Das war zugegebenermaßen sehr unsozial, aber ich hatte dreißig Jahre darauf gewartet, hierher zu kommen.“

Farben, Räume, Proportionen

Barbara Hepworth Aegean Suite Auktion München Scheublein

Barbara Hepworth, Sun and Water, Farblithographie aus der “Aegean Suite”. Schätzpreis 1.200 Euro. 

Auch die Farben des südlichen Landes lösten schiere Begeisterung aus: „Indigo-Meer, das, wenn sich das Licht von den Klippen darin spiegelt, reinstes Himmelblau wird“, notiert die Künstlerin. „Diese indianisch-roten und rosanen Hügel – klösterlich purpurne Berge bei Sonnenuntergang, was die Grüntöne zur wildesten Vitalität intensiviert. Die Akropolis – die Zwischenräume zwischen den Säulen – die Tiefe ihrer Riffelung zu berühren – ihr Umfang, Gewicht und Volumen – die Großartigkeit eines einzigen Marmorblocks, das Loch am oberen Ende. Die leidenschaftlich warme Farbe des Marmors und diese alles durchdringenden philosophischen Proportionen und Räume.“

Barbara Hepworth’ “Aegean Suite”

Die Eindrücke der Reise wirkten für den Rest ihres Lebens nach. Noch in ihrem Spätwerk, als Barbara Hepworth begann, mit Lithographie zu experimentieren, widmete sie von den insgesamt nur zwei von ihr angefertigten lithographischen Serien eine der Form- und Farbenwelt Griechenlands. Aus dieser 1971 erschienenen „Aegean Suite“ liegen in dieser Auktion drei Blätter vor – „Sun and Water“, „Sun and Marble“ (ganz oben) und „Desert Forms“ -, die jeweils auf einen Schätzpreis von 1200 Euro taxiert sind. Sie spiegeln nicht nur Hepworth’ Faszination für die Vollkommenheit klassischer Formen, sondern auch für das oben beschriebene, einzigartig intensive Farbenspiel der Landschaften in der hellenischen Inselwelt.

Highlights der Juli-Auktion (I): Ein Aquarell von Max Pechstein

Das auf 1921 datiertes Aquarell „Dorfstraße in Leba“, angeboten zu einem Schätzpreis von 12.000 Euro,  entführt in eine Schaffensphase, in der sich Max Pechstein (1881 – 1955) längst von den Künstlern der „Brücke“ und der „Neuen Secession“ gelöst hatte und sich im Rahmen der „Novembergruppe“ auch politisch engagierte.

Max Pechstein und das Meer

Seine Liebe zum Meer hatte er über all diese Jahre beibehalten: Schon 1909 hatte der Maler in der Künstlerkolonie Nidden am kurischen Haff die Schönheit der Ostsee für sich entdeckt; nach seiner ausgedehnten Südseereise 1913/14 und dem Ersten Weltkrieg kehrte er an das Binnenmeer im Norden Deutschlands zurück. Ab dem Frühjahr 1921 verbrachte Pechstein jährlich viele Wochen in Leba an der pommerschen Ostseeküste. Hier faszinierten ihn der ständige Wandel der Lichtstimmungen und die Farben der Strandlandschaften rund um das Fischerdorf immer wieder neu.

Die Küste als künstlerische Triebfeder

„Wichtigste thematische Triebfeder waren immer das Meer und die Ereignisse in Küstennähe, Jahreszeitenwechsel und Tagesabläufe, Wetterveränderungen, das Leben der Fischer, die Landschaften zwischen Wolken und Watt, Haff und Nehrung, Nidden und Palau, Monterosso al Mare am Ligurischen Meer und Leba an der pommerschen Küste“, schreibt der Kunstkritiker Peter Winter in seinem Aufsatz „Rhythmus und Farbkontrast“ über die Landschaftsdarstellungen Max Pechsteins.

Straße und Landschaft

Obwohl das vorliegende Blatt eine Straßenszene zeigt, trifft vieles zu, was in diesem Aufsatz zu den Kompositionsprinzipien von Pechsteins Landschaften festgehalten wird: „Da ist (…) der starkfarbige Aquarellist, der in zeichenhaft-knappen Szenerien bewegte Figuren agieren lässt.“ In vielen Bildern wird, wie der Kritiker beobachtet, eine spitze, keilförmige Energie sowie eine Diagonale wirksam, die Kompositionen gerade aus den frühen 1920er Jahren regelrecht aktiviert.

Energie und Farb-Wucht

Beides ist auch in dem vorliegenden Aquarell klar erkennbar: In dem von den Komplementär-Kontrasten Gelb-Blau und Rot-Grün geprägten Straßenszenario bricht ein von links oben einfallender Sonnenstrahl eine Schneise in die Schatten und richtet die gesamte Komposition entlang dieser Diagonale aus. Selbst in den im Vergleich zu Ölfarben zarten Aquarelltönen wird eine Farb-Wucht erahnbar, die von Pechsteins in einem Text in der Zeitschrift „Pan“ beschriebenem, fast ekstatischem Zustand während des Malens zeugt: „Rausch! Gehirn zerschmettern! Wonnevolle Schmerzen des Gebärens! Krachen des Pinsels, am liebsten Durchstoßen der Leinwände. Zertrampeln der Farbtuben (…)!“ Eine Energie, die Pechstein, wie aus dem vorliegenden Blatt ersichtlich wird, während seiner sommerlichen Ostsee-Aufenthalte selbst mit dem Aquarellkasten intensiv auslebte.

 

Im Blickpunkt am 14. Mai: Akan-Goldgewichte

Ein breites Angebot an Porzellan aus Asien sowie an Servicen und Figuren aus europäischen Manufakturen steht im Blickpunkt der Fundgrube-Auktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen am 14. Mai. Wie stets umschließt die alle gängigen Kategorien überspannende Auswahl auch viele Trouvaillen für den kleinen Geldbeutel, diesmal besonders auch aus den Bereichen Graphik und Teppiche. Ein besonderes Highlight der Auktion indes entführt in den Westen Afrikas.

Akan Goldgewichte Ashanti Auktion München Scheublein

Detail des Bilds oben: Waagschale, Löffel sowie geometrische und wie Fische geformte Gewichte. Schätzpreis der 51teiligen Position: 140 Euro. 

Goldgewichte der Akan

Gleich vier Positionen umfassen Gewichte und Wiegeutensilien, wie sie die zu den Akan-Völkern gehörenden Ashanti über Jahrhunderte hinweg zum Wiegen von Goldstaub verwendeten. Bereits in vorkolonialer Zeit schürften die Ashanti in den Regenwaldgebieten Ghanas nach dem Edelmetall und schufen daraus nicht nur filigranen Schmuck, sondern betrieben auch einen florierenden Goldhandel mit den Völkern der Sahelzone und sogar mit den Ländern nördlich der Sahara. Später, als Ghana unter der Bezeichnung Goldküste geführt wurde, kamen auch europäische Handelspartner und Kolonialmächte hinzu.

Goldstaub als Zahlungsmittel

Akan Goldgewichte Ashanti Auktion München Scheublein

Akan-Goldgewichte in geometrischen und Tier-Formen. Position mit 5o Teilen, Schätzpreis 140 Euro. 

Feiner Goldstaub wurde darüber hinaus ab dem späten 14. Jahrhundert auch als Zahlungsmittel eingesetzt. Die Wiegeutensilien, vor allem aber die Gewichte zum Abwiegen wurden im Lauf der Jahrhunderte immer kunstvoller angefertigt und orientierten sich nicht nur an einheimischen Systemen, sondern auch an den Einheiten der Handelspartner der Ashanti – islamischen Unzen, portugiesischen Unzen, später holländischen und anderen europäischen Gewichten.

Goldgewichte: von der geometrischen Form zum Ziermotiv

Auch die Gestaltung wurde immer komplexer: Waren die Akan-Goldgewichte am Anfang geometrische Formen, kamen schon bald Ziermotive oder Formkombinationen hinzu; ab dem 16. Jahrhundert wurden auch figürliche Goldgewichte angefertigt, die Menschen, Tiere und Gebrauchsgegenstände darstellten.

Akan Goldgewichte Ashanti Auktion München Scheublein

Akan-Goldgewichte in geometischen Formen, aber auch mit Tier- und Alltagsdarstellungen. Position mit 50 Teilen, Schätzpreis 140 Euro. 

Sie waren immer noch zu ihrem ursprünglichen Zweck einsetzbar, dienten daneben aber auch als Parade- und Schauobjekte und ermöglichten es sogar, Geschichten oder Sprichwörter nachzustellen.

Akan Goldgewichte Ashanti Auktion München Scheublein

Detail aus oben gezeigter Position. 

Hergestellt wurden die großenteils aus Messing im Wachsausschmelz-Verfahren gegossenen Gewichte bis ins späte 19. Jahrhundert.

Akan-Goldgewichte: eine einzigartige Tradition

1899 verboten die britischen Kolonialherren den Einsatz von Goldstaub als Zahlungsmittel; damit gerieten auch die Goldgewichte großenteils in Vergessenheit. Heute werden sie nur noch vereinzelt als Dekorationsobjekte hergestellt.

Akan Goldgewichte Ashanti Auktion München Scheublein

Akan-Goldgewichte in Form von Alltagsgegenständen und geometrischen Figuren. Position mit 50 Teilen, Schätzpreis 140 Euro. 

Die vier bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen angebotenen Konvolute reflektieren die ganze Vielfalt an Formen dieser einzigartigen afrikanischen Kunsthandwerks-Tradition: Sie umfassen geometrische, teils detailfreudig verzierte Objekte, Gebrauchsgegenstände wie Pflüge, Hammer oder Seile, Waffen und Muscheln, aber auch menschliche Figuren, Tiere und Vögel. Die Positionen umfassen jeweils 50, bzw. 51 Teile und sind zum Schätzpreis von je 140 Euro angesetzt.

Auktionsergebnisse vom 19. Maerz (II): Glas, Fayence, Hinterglas, Moderne

In der Kategorie Glas konnte SCHEUBLEIN Art & Auktionen bei der Frühjahrsauktion diesmal Objekte von absoluter Seltenheit anbieten: frühes deutsches Formglas, das Ende des 16. / Anfang des 17. Jahrhunderts vor allem in süddeutschen Glashütten entstanden war.

Auktionsergebnisse: Frühes Formglas

Ganz besonderes Augenmerk richteten die Bieter auf zwei Lose: Einen Fußbecher, dessen Quadermuster einst mit einem Model in das noch heiße Glas gedrückt worden war, und einen Römer. Der Schaft dieses in Gestalt der wohl traditionsreichsten deutschen Weinglasform gearbeiteten Trinkgefäßes ist, für die Zeit typisch, mit Beerennuppen verziert. Die Kuppa weist ein mit Hilfe eines Models erzeugtes Wabenmuster auf. Der Fußbecher wurde nach einem überaus intensiven Bietergefecht schließlich für 11.300 Euro* zugeschlagen und ging in den internationalen Kunsthandel. Der prunkvolle Römer wurde für 2.300 Euro* von einem privaten Liebhaber erworben.

Auktionsergebnisse: Fayence und Keramik

Ara Nymphenburg Auktion München Scheublein

Gelbbrustara und Sockel, Nymphenburg, Entwurf Josef Wackerle. Ergebnis 6.300 Euro*.

Einer der legendären Tropenvögel, die Bildhauer Josef Wackerle in den 1910er Jahren für die Majolika-Abteilung der Porzellanmanufaktur Nymphenburg entworfen hatte, entwickelte sich zum Spitzenlos der Kategorie „Fayence und Keramik“. Der majestätische, mit Sockel über 80 cm hohe Gelbbrustara mit Maske kletterte bis auf 6.300 Euro*, bevor der Hammer fiel.

Auktionsergebnisse: Hinterglaskunst

Hinterglaskunst 16. Jh. Auktion München Scheublein

Anbetung der Könige. Hinterglasbild. Venetien-Tirol, 2. Hälfte 16. Jh. Ergebnis 3.800 Euro*

Eine außergewöhnlich umfassende Privatsammlung mit Hinterglasarbeiten markierte das Highlight des Angebots in der Kategorie Kunsthandwerk. Elf Bilder daraus führen bis an die Ursprünge dieser Kunst: Sie entstanden in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Großraum Venetien-Tirol im Umfeld von damals bedeutenden Zentren der Glasproduktion, die es beherrschten nicht nur Hohlglas, sondern auch flache, auf einem Eisenrahmen ausgestrichene Glastafeln herzustellen.

Kalvarienberg Hinterglas Venetien Tirol Auktion München Scheublein

Kalvarienberg, Venetien-Tirol, 2. Hälfte 16. Jh. Hinterglasmalerei mit Églomisé. Ergebnis 3.300 Euro*

Motivisch reflektieren diese Hinterglasbilder den Malerei-Stil der Renaissance und Spätrenaissance. Allein schon dieser Sammlungsteil stieß sowohl bei privaten Liebhabern, wie auch bei Bietern aus dem Museumsbereich und dem Kunsthandel auf höchstes Interesse und erlöste insgesamt 23.500 Euro* .

Hinterglasbild 16. Jh. Auktion München SCHEUBLEIN

Der zwölfjährige Jesus im Tempel. Hinterglasbild mit Eglomisé. Venetien-Tirol,
2. Hälfte 16. Jh. Ergebnis 3.500 Euro*.

Hinterglaskunst Auktion München Scheublein

Kusstafel “Gnadenstuhl”, Hinterglasbild mit Églomisè. Venetien-Tirol, 2. Hälfte 16. Jh. Ergebnis 3.500 Euro*

Auktionsergebnisse: Kunst der Moderne

Bei der Kunst nach 1945 weckte ein 1968 entstandenes Blatt des katalanischen Surrealisten Joan Miró (1893 – 1983) besonders großes Bieterinteresse: „Tête Flèche“, eine Farbaquatintaradierung mit Caborundum. In letzterer Technik ist der Hintergrund dieser Graphik gearbeitet; sie ermöglichte es Miró, Dripping-Effekte, wie er sie bei den abstrakten Expressionisten beobachtete, auch in das Medium der Graphik zu übertragen. Über diesen Fond legte der Künstler eine fast kalligraphisch anmutende, frei intrepretierbare Formen-Komposition.
Das spannungsreiche Blatt ging für 6.300 Euro* an einen privaten Sammler.

* Alle Angaben der Zuschlagspreise inkl. Aufgeld (26%) und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.

Auktionsergebnisse vom 19. März (I): Silber und Schmuck

Mit überaus regem Interesse von Bietern, die ihre Gebote schriftlich abgegeben hatten oder per Telefon und online zugeschaltet waren, hielt SCHEUBLEIN Art & Auktionen am 19. März seine Frühjahrsauktion ab. Besonders gefragt waren, neben Möbeln und Gemälden des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, historische Porzellane, moderne Kunst, eine Sammlung an Hinterglasbildern aus dem 16. Jahrhundert sowie Silber.

Auktionsergebnisse Silber: Gefragte Kostbarkeiten

Aus letzterer Kategorie stammt auch das Toplos der Frühjahrsauktion: Eine in Augsburg zwischen 1665 und 1669 von Meister Heinrich Mannlich angefertigte Schatulle mit reichen Verzierungen. Die Seiten des Objekts schmücken figürliche Reliefs mit Szenen aus dem Leben des alttestamentarischen Helden Samson – das Relief der Frontansicht zeigt den Moment, in dem seine Geliebte Delila Samson das Haupthaar, den Quell seiner unbändigen Kräfte, schert und ihn seinen Feinden ausliefert.
Für 12.600 Euro* ging das überaus begehrte Stück in eine private Sammlung.

Reliquienkreuz Silber Auktion München Scheublein

Reliquienkreuz, Russland, 2. Hälfte 19. Jhd. Silber, vergoldet. Ergebnis 5.700 Euro*. 

Ein russisches Reliquienkreuz aus vergoldetem Silber, entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wurde für 5.700 Euro* zugeschlagen. Es ging in den Kunsthandel.

Auktionsergebnisse Schmuck: Objekte von Hanns Rothmüller

Gefragt war auch eine Auswahl von 23 Schmuckobjekten aus einem der legendärsten Juweliershäuser Münchens, Rothmüller. Gegründet 1886, avancierte das Atelier während der Jugendstilzeit zum Inbegriff moderner deutscher Schmuckkunst.

Schmuck Rothmüller Auktion München Scheublein

Schmuck des Münchner Schmuckgestalters Hanns Rothmüller in der Frühjahrs-
auktion, von links oben im Uhrzeigersinn:
Schneeflocken-förmige Brosche mit
Diamanten und Brillanten (Ergebnis 8.800 Euro*), Ring mit einem gelben und einem blauen Saphir sowie einem Rubin (Ergebnis 6.550 Euro*), Ring mit Zuchtperle und Diamantbaguetten (Ergebnis 3.900 Euro*), Armband mit Zuchtperlen und Amethysten (Ergebnis 4.900 Euro*) sowie Armreif mit Korallen (Ergebnis 3.300 Euro*). 

Die bei SCHEUBLEIN angebotenen Objekte fußen auf Entwürfen eines der beiden Söhne des Gründers, Hanns Rothmüller (1898 – 1983), dessen Gestaltungswille den Schmuckstil des Traditionsbetriebs in der Brienner Straße auch über mehrere Nachkriegs-Jahrzehnte hinweg prägte. Zu den Spitzenlosen aus diesem Bereich gehören eine schneeflocken-förmige Brosche mit Diamanten und Brillanten (Ergebnis 8.800 Euro*), zwei Ringe mit Saphiren und einem Rubin bzw. mit Zuchtperle und Diamantbaguetten (Ergebnis 6.550 Euro* bzw. 3.900 Euro*) sowie zwei Armreifen mit Korallen bzw. Zuchtperlen und Amethysten (Ergebnis 3.300 Euro* bzw. 4.900 Euro*).

* Alle Angaben der Zuschlagspreise inkl. Aufgeld (26%) und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.

 

Im Blickpunkt am 19. März: Altmeister-Gemälde niederländischer Maler

Gemälde und Graphik aus der Hand alter Meister bilden einen Schwerpunkt bei der Auktion am 19. März. auch das Spitzenlos der Auktion stammt aus der Kategorie Altmeister. Das oben gezeigte Bild (Öl auf Kupfer, 38,5 x 52 cm) ist sowohl  im Hinblick sowohl auf seine Motivwahl wie auch auf seine Stilistik bemerkenswert.

Gezeigt ist eine Szene, die vor allem in die Kunst Italiens des 15. bis 17. Jahrhunderts Eingang fand: Die mystische Vermählung der Heiligen Katharina. Der Maler allerdings ist ein Niederländer, Denys Calvaert (1540 – 1619).

Denys Calvaert: Ein Niederländer in Bologna

Der gebürtige Antwerpener ging, nachdem er in seiner Heimat Landschaftsmalerei studiert hatte, nach Bologna und Rom. Dort arbeitete er mit namhaften italienischen Meistern zusammen, beschäftigte sich intensiv mit dem Werk Raphaels und gründete schließlich in Bologna eine eigene Schule, in der unter anderem Guido Reni und Domenichino ihre Ausbildung begannen.

Denys Calvaert Auktion München Scheublein

Denys Calvaert, Vermählung der Heiligen Katharina, Ausschnitt: Zwei Putten halten einen Blütenkranz.

Vom flämischen zum italienischen Stil

Calvaert selbst legte nach und nach jegliche flämischen Prägungen ab und näherte sich einer rein italienischen Stilistik an. Auch seine Motivwahl ist vom Kanon der italienischen Kunst geprägt. Dies lässt sich auch an vorliegendem Werk ablesen: Katharina hatte eine Vision, in der sie sich mit dem Jesusknaben vermählt.

Denys Calvaert Auktion München Scheublein

Denys Calvaert, Die mystsiche Vermählung der Heiligen Katharina. Öl / Kupfer, 38,4 x 52 cm. Schätzpreis 15.000 Euro. 

Calvaert zeigt das Geschehen als festliche und zugleich sehr persönliche Szene: Wirklich zugegen sind nur Katharina von Siena, die Mutter Gottes und das Christuskind sowie ein Orchester von Engeln.

Denys Calvaert Auktion München Scheublein

Denys Calvaert, Mystische Vermählung der Heiligen Katharina, Ausschnitt: Zwei musizierende Engel. 

“Geschlossene Gesellschaft” aus Akteuren und Betrachter

Neugierigen, die das Heilige Geschehen beobachten wollen, nimmt ein weiterer Engel mit einem großen Tuch die Sicht.
Das von warmen, teils pastelligen Farbnoten geprägte, prachtvolle Gemälde wird zum Schätzpreis von 15.000 Euro angeboten.

Galantes Paar von Vinckboons

Ein „Galantes Paar vor einem Spiegel“ aus der Hand von (1576 – 1632) wird mit 8.000 Euro aufgerufen.

David Vinckboons Auktion München Scheublein

David Vinckboons: Vornehmes Paar. Öl / Kupfer, 22,5 x 17 cm. Schätzpreis 8.000 Euro. 

Im Blickpunkt am 19. März: Joan Mirós “Tête flèche”

„Die Radierung ist für mich ein wichtiges Ausdrucksmittel. Sie war ein Mittel zur Selbstbefreiung, Erweiterung und Entdeckung, selbst wenn ich zu Beginn Gefangener ihrer Einschränkungen, (…) ihrer Werkzeuge und ihrer von der Tradition abhängigen Rezepte war. Ich musste ihr widerstehen, sie überflügeln. Ein unermessliches Feld von Möglichkeiten bot sich nun meinem Blick und meiner Hand dar“, schreibt Joan Miró Anfang der 1950er Jahre.

Mirós Lebenstraum

Tatsächlich entdeckte der katalanische Surrealist (1893 – 1983) Druckgraphik erst relativ spät als künstlerisches Ausdrucksmittel, nicht zuletzt, um sich durch die mit dem Verkauf graphischer Blätter erzielbaren Einnahmen einen Lebenstraum zu erfüllen: Ein Atelier, das groß genug war, um mehrere Leinwände gleichzeitig aufzustellen, um auch einen Bereich für keramische Arbeiten einzurichten und eine Druckerpresse zu installieren.

Fruchtbares Spätwerk

1956 wurde dieser Wunsch mit seiner Villa auf Mallorca Wirklichkeit. Doch auch zur immensen Popularität von Mirós Werk trug das vor allem nach dem zweiten Weltkrieg entstandene, umfassende und bedeutende graphische Werk maßgeblich bei. Die durch das neue Atelier ungewohnt freizügigen Arbeitsmöglichkeiten führten zu einem immens vielschichtigen und fruchtbaren Spätwerk gerade auch im Verlauf der 1960er Jahre, das Miròs markante Formensprache mit zeitgenössischen Tendenzen der Kunst verbindet.

Der “Tête flèche”

Das vorliegende Blatt „Tête flèche“ („Pfeil-Kopf“) von 1968 ist ein sehr typisches Beispiels für diese Herangehensweise: Die Caborundum-Technik, in der der Hintergrund gearbeitet ist, ermöglicht es, zufallsbasierte Dripping-Effekte, wie sie Mirò bei den abstrakten Expressionisten beobachtete, auch in das Medium der Graphik zu übertragen. Über diesen Fond legt sich die fast kalligraphisch anmutende Formen-Komposition. „Formen realisieren sich, während ich arbeite“, schreibt Miró. „Mit anderen Worten: Ich plane nicht, etwas Bestimmtes darzustellen, sondern ich beginne. Und während ich arbeite, kommt das Bild zum Ausdruck beziehungsweise es drängt sich mir (…) auf.“

Phantasie und spontane Eindrücke

Sein Form-Vokabular, so der Kunsthistoriker Achim Sommer, deutet Miró mit jeder neuen Ausgangssituation anders, die Einsatzmöglichkeiten von Formen öffnen sich; deren Bedeutung wird oft nur vom jeweiligen Kontext determiniert. Auch der Betrachter auch des vorliegenden „Tête flèche“ ist seiner Phantasie und seinen spontanen Eindrücken überlassen; keine festgeschriebene Interpretation engt ihn bei der Beschäftigung mit dieser spannungsreichen Komposition ein. Das Blatt wird zu einem Schätzpreis von 6.000 Euro angeboten.

Im Blickpunkt am 19. März: Frühe Hinterglaskunst aus Venetien-Tirol

Zu den Highlights der Frühjahrsauktion gehört, neben altmeisterlichen Gemälden und Graphik, Schmuck aus der Hand des Münchner Juweliers Hanns Rothmüller oder Weinen aus Bordeaux und Burgund auch eine außergewöhnliche Privatsammlung mit Hinterglaskunst. Elf Objekte daraus gehen bis auf die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts zurück und entstanden im Großraum Venetien-Tirol. Sie gewähren nicht nur einen Einblick in die frühe Geschichte der Hinterglasmalerei, sondern auch in die Art und Weise, wie sich Gemälde zu Zeiten der Renaissance verbreiteten.

Die technische Grundlage: Flaches Glas

Der Grund, warum die Hinterglaskunst gerade im Großraum Venetien-Tirol eine frühe Blüte erlebte, liegt zum einen an damals bedeutenden Zentren der Glasproduktion – auf Murano natürlich, aber auch in Innsbruck und Hall. Dort sind ab 1534 ebenfalls kunstfertige Glashütten nachgewiesen, die nicht nur das Anfertigen von Hohlglas mittels Blasrohr, sondern auch von flachen, auf einem Eisenrahmen ausgestrichenen Glastafeln beherrschten.

Wie die Hinterglaskunst nach Venetien-Tirol kam

Zum anderen führten zahlreiche Handelswege von Italien durch diese Region hinweg nach Norden. Durch sie fanden Stiche, die Experten wie Marcantonio Raimondi (1475 – 1534) von Werken der großen Renaissance-Meister anfertigten, rasch Verbreitung. Alle elf Werke, die aus dieser Epoche in der vorliegenden Sammlung enthalten sind, zeigen auf, wie genau die Hinterglaskünstler diese Stichvorlagen studierten.

Faltenwürfe und liebliche Landschaften

Madonna della Palma, Hinterglas, Venetien-Tirol, Auktion München Scheublein

Madonna della Palma, Venetien-Tirol, 2. Hälfte 16. jh., Hinterglasmalerei mit Blattgold, ca. 19,8 x 17,3 cm. Schätzpreis 1.800 Euro.

Die „Madonna della Palma“ nach einem Raimondi-Druck zu einem Gemälde Raphaels (Schätzpreis 1.800 Euro) zeigt nicht nur die Szene mit Maria, Elisabeth, dem Christus- und dem Johannesknaben mit sorgfältigst gearbeiteten Faltenwürfen und plastisch durchgebildeten Körpern; auch die typische Landschaft mit Städtchen im Hintergrund hat der Maler detailreich gestaltet.

Rundbögen und Zentralperspektive

Heilige Giustina Hinterglas Venetien Tirol Auktion München Scheublein

S. Giustina, Venetien-Tirol, 2. Hälfte 16. Jh. Polychrome Hinterglasmalerei mit Églomisé. ca. 25 x 20 cm. Schätzpreis 1.800 Euro. 

Ein Bild der Heiligen Giustina (Schätzpreis 1.800 Euro) übernimmt ein typisches Architekturmotiv der Frührenaissance, den säulengetragenen Rundbogen, und  wendet bei der Gestaltung des Fliesenbodens auch die Gesetze der Zentralperspektive an.

Stimmung und Texturen

Kalvarienberg, Hinterglasbild, Venetien-Tirol 16. Jhd. Auktion München Scheublein

Kalvarienberg, größere Ansicht der Bildtafel der Abbildung ganz oben. Venetien-Tirol, 2. Hälfte 16. Jh, Schätzpreis 1.800 Euro. Besonders gut zu erkennen ist die Leuchtkraft der mit Églomisé gearbeiteten Flächen. 

Ein „Kalvarienberg“ (Schätzpreis 1.800) glänzt nicht nur durch Églomisé und strahlende Farben, sondern auch durch eine sorgfältig gearbeitete Wolkenstimmung. Und eine Kusstafel mit der „Beweinung Christi“ (Schätzpreis 1.500 Euro) lässt an Kreuzesbalken und Marmorsarkophag sogar das Bemühen um eine in der Hinterglastechnik höchst schwierig wiederzugebende Materialtextur erkennen.

Hinterglasbild Beweinung Christi Venetien-Tirol Auktion München Scheublein

Beweinung Christi, Kusstafel, Venetien-Tirol, 2. Hälfte 16. Jh., Hinterglasmalerei mit Églomisé. 12,9 x 10,1 cm. Schätzpreis 1.500 Euro. 

Neben den insgesamt zwölf auf gestrichenem Glas gemalten Objekten aus dem 16. Jahrhundert weist die Sammlung noch über zwanzig Bilder vor allem aus dem 18. Jahrhundert auf, die in Italien und in den Hinterglas-Zentren Süddeutschlands entstanden.