Die spannendsten Lose der 48. Kunstauktion (I): Ein Hinterglasbild von Victor Vispré
Seit mittlerweile einigen Jahren liegt ein besonderer Schwerpunkt der Aktivitäten von SCHEUBLEIN Art & Auktionen auf dem Bereich der Hinterglaskunst. Auch bei der Auktion am 20. März werden in der Kategorie Kunsthandwerk wieder diverse hochkarätige Arbeiten dieses Genrés angeboten. Besonders im Blickpunkt allerdings steht diesmal kein Objekt der Volkskunst, sondern ein Früchtestillleben aus der Hand von Victor Vispré (1727 – nach 1780). Das mit 46 x 64 cm sehr große Hinterglasbild ist mit einem Schätzpreis von 4.000 Euro angesetzt.
Früchtestillleben nach der Natur
Vispré gehört zu den wenigen Hinterglasmalern des 18. und 19. Jahrhunderts, die ihre Bilder überhaupt signierten – dadurch lassen sich ihm fast dreißig Arbeiten zuordnen, die er mitunter auch auf Leinwand, meistens jedoch auf Glas anfertigte, um sich die unnachahmliche Farbintensität und den Glanz dieser Technik zu Nutze zu machen. Sein favorisiertes Motiv waren Früchtestilleben, die er im Unterschied zu den meisten Hinterglasmalern seiner Zeit nicht nach druckgraphischen Vorlagen, sondern nach der Natur malte. Vermutlich 1763 folgte Vispré seinem Bruder Francois-Xavier, ebenfalls Hinterglasmaler, aus Frankreich nach London, zog mit ihm 1776 nach Dublin und kehrte 1780 nach London zurück, wo er zu einem unbekannten Zeitpunkt verstarb.

Ein Detail des Früchtestilllebens aus der März-Auktion: Beim genauen Hinsehen besticht nicht nur die enorme Plastizität der Äpfel. Um die Trauben herum ist auch ein für Vispré typischer Kunstgriff zu erkennen: Er ließ einen schmalen Rand unbemalt und hinterlegte die Flächen mit schwarzem Papier.
Victor Vispré: Ein Meister seines Fachs
Die malerische Meisterschaft von Victor Vispré lässt sich auch aus dem vorliegenden Gemälde gut ablesen: Früchte, hier Äpfel und Trauben, malte er in einer für die Hinterglaskunst verblüffenden plastischen und stofflichen Prägnanz. Um diese Wirkung zu erzielen, benutzte er Ölfarben, die er in dünnen Schichten auf das Glas auftrug und Nass-in-Nass vermalte. Die gesteigerte plastische Wirkung erzeugte er, in dem er beispielsweise um Früchte herum einen 1 bis 2 Millimeter breiten Randbereich frei ließ und diesen später mit geschwärztem Papier hinterlegte.

Eine besondere Meisterschaft Visprés lag in der Darstellung von Glasgefäßen – hier eine Blumenvase mit Silbermontierung.
Auch die perfekte Wiedergabe von Glasgefäßen – hier eine silbermontierte Blumenvase – gehört zu den Merkmalen von Visprés hoher Kunst, die zu seinen Lebzeiten so gefragt war, dass selbst Madame Pompadour eines seiner lebensechten Früchtestilleben besaß.
Bis heute eine Augenweide
Lange konnten diese Arbeiten Victor Vispré nicht eindeutig zugeordnet werden. Aufschluss lieferte erst ein 2013 publizierter Aufsatz von Jeannine Geyssant und Berno Heymer. Den beiden Kunsthistorikern gelang es, das Werk Victor Visprés von den Bildern seines Bruders abzusondern; ihr Aufsatz endet mit dem Staunen über den bis heute lebensvollen Eindruck, den Visprés Gemälde vermitteln. „Im 18. Jahrhundert gehörte Victor Vispré zu den angesehendsten französischen Stilllebenmalern. Seine Hinterglasgemälde (…) haben – dank dem Bildträger Glas – bis heute all ihren Glanz und ihre Frische bewahrt.“
Vorschau auf die Auktion am 31. Januar (II): Glaskunst aus dem hohen Norden
Eine Ikone des modernen finnischen
Designs kommt in der anstehenden Fundgrube-Auktion beim Glas unter den
Hammer: eine jener dickwandigen, ovoiden Vasen, die die Glas- und Metall-
künstlerin Gunnel Nyman (1909 – 1948) für die finnische Glashütte Nuutajärvi Notsjö entwarf.
Synonym für die Glaskunst der Fifties
Die teils innen farbigen, teils in Klarglas belassenen Vasen waren unterschiedlich bauchig, wurden zwischen 1949 und 1958 hergestellt. Bis heute gelten sie als
Synonym für die biomorphe Glaskunst der 1950er Jahre.
Glasherstellung seit dem 18. Jahrhundert
Die Glasherstellung in Nuutajärvi, unweit von Tampere im Südwesten Finnlands gelegen, geht bis ins späte 18. Jahrhundert zurück und wurde bis 2014 fortgeführt; heute erinnert ein Designmuseum an den Glanz der Vergangenheit.
Glasdesign vom Nuutajoki-Fluss
Die Zeit, zu der Gunnel Nyman für Nuutajärvi Notsjö Glasdesigns entwickelte, gehört zweifelsohne zu den Phasen, in denen am Nuutajoki-Fluss Glasgeschichte geschrieben wurde. Die bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen angebotene Vase aus dickwandigem, leicht grünstichigem Glas ist mit einem schräg verlaufenden Kranz aus eingestochenen Luftblasen verziert und wurde 1955 hergestellt. Sie wird zu einem Schätzpreis von 200 Euro angeboten.
Vorschau auf die Auktion am 31. Januar (I), Graphik: “Uhu” von Elisabeth Frink
Die anstehende Fundgrube-Auktion wartet nicht nur mit einem breiten Angebot an Schmuck, Porzellan und Asiatika, sondern auch mit spannenden Druckgraphiken auf. Besonders sticht in dieser Kategorie eine Lithographie der britischen Bildhauerin und Graphikerin Elisabeth Frink (1930 – 1993) heraus.
Elisabeth Frink und die Vögel
Frink, die in der Nähe einer Luftwaffenbasis aufwuchs, erlebte ihren künstlerischen Durchbruch bereits in den frühen 1950er Jahren: Sowohl ihre menschlichen Figuren wie auch die Tierdarstellungen aus dieser Zeit reflektieren zum Teil auch ihre persönlichen Kriegserlebnisse. Vögel nehmen dabei einen ganz besonderen Raum ein.
Eine Kindheit im Krieg
Bereits ihre skizzenhafte und gerade darum so lebensvolle Bronze “Bird” von 1952 wurde von der Tate Gallery angekauft, als Frink gerade einmal 22 war. Die fast archaische kraft dieser Figur führt Frink selbst auf Albträume mit abstürzenden Flugzeugen zurück, die sie als Kind bei nächtlichen Luftangriffen tatsächlich beobachten konnte.
Die “Geometry of Fear”
Dies brachte sie auch in Konnex mit einer Gruppe von Künstlern, die etwa fünfzehn Jahre älter waren als sie selbst: Die Bildhauergruppe “Geometry of Fear”, die sich in ihrem Werk ihren kriegsbedingten Ängsten stellte. Die “Geometry of Fear” künstler überbrückten mit ihrem Werk auch die Kluft zwischen dem geometrischen Idealismus der 1930er Jahre und dem Existentialismus der Nachkriegszeit.
Jäger und Beute
Zeit ihres Lebens ist dieses Gefühl von Angst und Gefahr gerade in Elisabeth Frinks Vogeldarstellungen spürbar, deren Form häufig an Granatsplitter erinnert. Selbst in Druckgraphik, die sich mit Vögeln beschäftigt, schwingt neben Frinks Faszination für das Leben der Wildnis auch das beklemmende Spannungsverhältnis zwischen Raubtier und Beute mit.
Ihr majestätischer, lithographierter “Uhu”, der bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen zum Schätzpreis von 500 Euro angeboten wird, reflektiert neben der ungezähmten Schönheit des Wildvogels auf packende Weise auch die unterschwellige Bedrohung durch einen Jäger auf Beutezug.
Die Top Ten des Auktionsjahres 2019 (II): Graphik, Silber und mehr
Den zweiten Teil unserer Jahres-Top Ten prägen eher kleinteilige Objekte sowie zwei große Sammlungen: Eine private Silbersammlung mit Schwerpunkt auf Bechern aus Augsburg, Nürnberg und Norddeutschland sowie 35 Aquarelle mit München-Ansichten aus der Hand des Malers August Seidel (1820 – 1904). Entdecken Sie hier unsere Spitzenobjekte aus den Kategorien Kunst nach 1945, Silber, Graphik, Möbel und Dosen.
1. Kunst nach 1945
Den Auftakt macht eine Farblithographie des britischen Malers und Fotografen David Hockney (*1937). Das Blatt “Mist” stammt aus seiner 1973 entstandenen Reihe “The weather series”, in der sich Hockney mit der Darstellung von Wetterphänomenen beschäftigt. Neben der Themenstellung “Dunst” erarbeitete der Künstler auch Blätter zu Regen, Sonne, Wind, Schnee und Gewitter. Inspiriert wurde er zum einen von den Holzschnitten Katsushika Hokusais, zum anderen von den Lichtstimmungen Claude Monets. “Mist” gehört zu den bekanntesten Motiven der “Weather Series” und wurde für 12.600 Euro zugeschlagen.
2. Silber: Ein edler Becher aus Augsburg
Aus einer privaten Siblersammlung, deren Verkauf insgesamt über 80.000 Euro* erlöste, stammt eines der teuersten Objekte dieser Kategorie: Ein Becher aus der Hand des Augsburger Silberschmieds Johann Jebenz, entstanden zwischen 1697 und 1699.

Becher, Augsburg, 1697 – 1699, Johann Jebenz. Silber, teilvergoldet. Versteigert am 20. September 2019. Ergebnis 4.800 Euro.
Der Becher steigerte sich von einem Schätzpreis von 1.600 Euro bis auf 4.800 Euro*. Das teilvergoldete Kleinod zeigt die umlaufend eingravierte Darstellung einer Wildschweinjagd mit Jägern und Hunden.
3. Graphik: München-Aquarelle von August Seidel
Bei der Graphik erregte eine Sammlung mit 35 Aquarellen aus der Hand des Münchner Malers August Seidel (1820 – 1904) im Juli besonderes Aufsehen. Die Blätter zeigen samt und sonders Ansichten der Hauptstadt Bayerns, bevor sich diese in den 1880er- und 1890er-Jahren in eine pulsierende Großstadt verwandelte: Stände am Viktualienmarkt, Häuserzeilen im heutigen Glockenbachviertel, Bauern und Wäscherhäuser, und immer wieder Ausblicke auf München, vom Sendlinger Berg, der Heidelandschaftdes Münchner Nordens oder der Theresienwiese aus, auf der gerade die Heuernte stattfindet.

August Seidel, München-Ansichten: Blick auf München und die Mariahilfkirche in der Au. Aquarell über Bleistift. Versteigert am 5. Juli 2019. Ergebnis 3.000 Euro*.
Für insgesamt 35.000 Euro* gingen die Bilder an einen privaten Sammler. Am höchsten kletterte ein Blatt, das im Vordergrund den heute dicht bebauten, auch wegen seiner Festhalle berühmten Nockherberg zeigt. Der “Blick auf München und die Mariahilfkirche” wurde für 3.000 Euro* zugeschlagen.
4. Möbel: Ein Tisch mit Perlmosaik
Das Toplos bei den Möbeln stellt eine absolute Rarität dar: Im März wurde ein kleiner Tisch aus der Manufaktur des Johann Michael van Selow aus Braunschweig versteigert.

Kleiner Tisch, Johann Michael van Selow, Braunschweig, um 1760. Weichholz mit Mosaik aus farbigen Glasperlen. Versteigert am 29. März 2019. Ergebnis 4.800 Euro*
Van Selow hatte sich zwischen 1755 und 1767 auf Möbel mit Perlmosaikplatten spezialisiert. Dafür wurden je noch den im Motiv benötigten Farben entsprechende Glasperlen, aber auch Muscheln, Korallen, Schnecken oder Halbedelsteine auf Schnüre gefädelt und in eine kittähnliche Masse gedrückt; anschließend wurden die Schnüre herausgezogen. Das bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen versteigerte Möbelstück ist mit Glasperlen gearbeitet und erzielte 4.800 Euro*.
5. Dosen: Ein frühes Souvenir
Selten in unseren Jahres-Top Ten vertreten ist die Kategorie Dosen. Dafür ist das Objekt, das hier 2019 einen Spitzenpreis erzielte, umso interessanter: Eine vergoldete Silberdose, deren als Mikromosaik gearbeiteter Deckel das Forum Romanum zeigt, kam für 2.800 Euro unter den Hammer.

Dose mit Mikromosaik: Forum Romanum. Wien 1872 – 1922, Mikromosaik Rom, 19. Jh. Versteigert am 29. März 2019. Ergebnis 3.500 Euro*
Derartige Kunstwerke im Miniaturformat wurden in der Ewigen Stadt seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gefertigt und an die vermögenden Fremden verkauft, die im Zuge ihrer Grand Tour die Kunststätten Italiens bereisten. Bereits im 18. Jahrhundert existierte deshalb in Rom ein blühendes Souvenir-Gewerbe.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde deren Angebot um Andenken in Form von Mikromosaiken erweitert. Der Grund heirfür lag in der Baugeschichte des Petersdoms: Da die dortigen Mosaikflächen um 1760 so gut wie vollendet waren, verlagerten die auf diese Technik spezialisierten Kunsthandwerker ihr Tätigkeitsfeld auf die Gestaltung von Miniaturveduten, die bis weit ins 19. Jahrhundert hinein bei Romreisenden äußerst gefragte Erinnerungsstücke blieben. Gestalterisch orientierten sich die meisten Mosaizisten an der Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts. Auch die vorliegende Dose ist ein eindeutiges Beispiel für diesen stilistischen Bezug.
Die Top Ten des Auktionsjahrs 2019 (I): Asiatika, Altmeister und mehr
Die zehn Spitzenlose ziehen sich bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen dieses Jahr quer durch alle Kategorien. Entdecken Sie hier die ersten fünf Topseller aus den Kategorien Asiatika, Klassische Moderne, Altmeister, Skulptur und Kunsthandwerk.
1. Asiatika: Drei indopersische Miniaturen
Sie entwickelten sich nicht nur zum Überraschungslos der Auktion am 29. November. Sie wurden mit einem Ergebnis von 32.800 Euro* auch zum Spitzenobjekt des gesamten Auktionsjahrs 2019: Drei im persischen bzw. indopersischen Raum entstandene Miniaturen aus dem 17./18. Jahrhundert, die in herausragender Qualität gearbeitet sind.

Drei Miniaturen, Persisch / indopersisch, 17./18. Jh. Versteigert am 29.11. 2019. Ergebnis 32.800 Euro*
Zwei der drei Blätter zeigen Liebesszenen, wie sie vor allem für die persische Miniaturkunst des 17. Jahrhunderts üblich waren. Im 18. Jahrhundert bildete sich dann ein neues Genre mit Blumen- und Vogelmotiven aus.
Generell beheilt die persische Miniaturmalerei über Jahrhunderte hinweg ihre ursprüngliche Aufgabe bei, Mythologie und Dichtkunst zu illustrieren. Deshalb fielen ihre Blütezeiten stets mit besonders fruchtbaren Phasen der persischen Literaturgeschichte zusammen. Auch bei den vorliegenden erotischen Szenen ist anzunehmen, dass sie im Kontext zeitgenössischer Liebesliteratur stehen.
2. Klassische Moderne: Eine Lithographie von Pablo Picasso
Eine Graphik von Pablo Picasso aus dem Besitz des SPD-Politikers Georg Kahn-Ackermann (1918 – 2008) erlöste mit 29.000* Euro den besten Preis des Jahres bei Objekten der Klassischen Moderne. SCHEUBLEIN Art & Auktionen hatte am 5. Juli die gesamte Kunstsammlung des Journalisten und Willy Brandt-Weggefährten versteigert. Als Enkel der Impressionistin Maria Slavona (1865 – 1931) verkehrte er nicht nur mit den politischen Eliten seiner Zeit, sondern hatte in seinem Haus am Starnberger See auch zahlreiche Künstler und Schriftsteller zu Gast.
Diesen offenen, freien Geist reflektierte auch Kahn-Ackermanns Kunstsammlung. Deren Highlight, die 1949 entstandene Lithographie “Jeune fille inspiré par Cranach” ist ein spannendes Beispiel für Pablo Picassos Auseinandersetzung mit dem Renaissancekünstler. Das Blatt bietet eine kreativ überformte Sicht auf Lucas Cranachs “Bildnis der Prinzessin Sybille von Cleve” aus dem Jahr 1526.
3. Altmeister: Bildnis des Prinzen Eugen von Sachsen-Hildburghausen
Ein um 1765 entstandenes Bildnis des Prinzen Friedrich Wilhelm Eugen von Sachsen-Hildburghausen avancierte mit einem Zuschlagspreis von 25.200* Euro zum besten Los des Jahres 2019 in der Kategorie Alte Meister. Das Gemälde, das im März 2019 in einer Passage mit mehreren hochkarätigen Porträts aus dem 17. und 18. Jahrhundert unter den Hammer kam, wird Johann Valentin Tischbein (1715 – 1768) zugeschrieben.

Johann Valentin Tischbein (zugeschrieben), prinz Friedrich Wilhelm Eugen von Sachsen-Hildburghausen. Versteigert am 29. März 2019. Ergebnis 25.200 Euro*.
Ab 1864 war dieser als Hofmaler am Hof des Herzogs Ernst Friedrich III. Carl in Hildburghausen. Dessen jüngerer, auf dem vorliegenden Porträt dargestellte Bruder Eugen hatte sich, da er in der Erbfolge zurückstand, nach seiner Kavalierstour durch Europa zunächst einer Militärkarriere verschrieben. 1760 kehrte er in das heimatliche Herzogtum zurück, wo er – unter anderem – im Kloster Veilsdorf eine der ältesten Porzellanmanufakturen Deutschlands gründete.
4. Skulpturen: Ein klassizistisches Relief
Das Spitzenlos bei den Skulpturen, versteigert am 20. September 2019, greift ein beliebtes Sujet der Goethezeit auf: die Liebesgeschichte von Amor und Psyche. Das klassizistische, in großen Teilen äußerst minutiös gearbeitete Marmorrelief aus dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts zeigt den Moment, in dem die von Windgott Zephyr zu einem ihr unbekannten Geliebten entführte Psyche dessen wahre identität erkundet. Sie schleicht sich mit einer Öllampe zu dem schlafenden Amor. Entzückt von seiner Schönheit und bestärkt in ihrer Liebe tritt sie näher heran, um den Geliebten zu betrachten. Dabei verbrennt sie ihn unabsichtlich durch einen Trophen heißen Öls, der aus ihrer Lampe fließt. Dass sie ihm in der vorliegenden Darstellung auch einen Pfeil entwendet, symbolisiert, dass auch Amor in ewiger Liebe zu ihr entflammt ist. Das Relief kletterte bis auf 15.000* Euro und ging in den Kunsthandel.

Relief “Psyche und der schlafende Amor”, Marmor, 1. Viertel 19. Jh. Versteigert am 20. September 2019. Ergebnis: 15.000 Euro*.
5. Kunsthandwerk: Ein Memento Mori aus Elfenbein
Aus einer Passage mit elfenbeinernen Memento Mori-Objekten aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die in der Juli-Auktion generell sehr gefragt waren, stammt das hochpreisigste Los aus dem Bereich Kunsthandwerk: Ein Totenschädel mit Schlange und Echse, angesetzt mit 1.000 Euro, zugeschlagen schließlich für 6.900 Euro*.

Memento Mori, wohl 17./18. Jh., Elfenbein, geschnitzt. Versteigert am 5. Juli 2019. Ergebnis 6.900 Euro*
Ursprünglich hatten Objekte wie dieses der religiösen Andacht gedient: Gerade ungeschliffene und geschliffene Elfenbeinoberflächen, die in der Haptik an Knochen beziehungsweise feinporige Haut erinnern, halfen zur Barockzeit dem Meditierenden, sich durch das Betasten eines plastisch gestalteten Memento Moris die eigene Vergänglichkeit zu vergegenwärtigen – und sich bewusst zu machen, dass nach dem Ende des irdischen das Ewige Leben wartet.
Auktionsergebnisse 29. November (II): München, Möbel, Wein
Ein Schwerpunkt der 47. Kunstauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen hatte auf Objekten gelegen, die eng mit München und Münchens Stadtgeschichte verwoben waren. Sie standen auch in der Bietergunst hoch und sorgten für eindrucksvolle Auktionsergebnisse: Ein Pokal, den Wilhelm von Miller für seinen Bruder Oskar anfertigen ließ, avancierte mit einem Zuschlagspreis von 5.000 Euro* gar zum Toplos der Kategorie Silber.
Ein Pokal für Pioniere
Sowohl Oskar wie auch Wilhelm von Miller waren Pioniere auf dem Gebiet der modernen Naturwissenschaft: Oskar von Miller als Bauingenieur und Experte für Wasserkraft-Turbinen und Elektrotechnik, Wilhelm als einer der führenden Spezialisten auf dem für die erstarkende deutsche Industrie eminent wichtigen Gebiet der Elektrochemie.

Adolf Halbreiter: Heiliger Georg mit dem Drachen. Bronze, goldfarben und polychrom gefasst. Ergegnis: 5.000 Euro*
Um hier die Forschung voranzutreiben, richtete Oskar von Miller für seinen Bruder an der noch jungen Technischen Universität München ein Labor ein. Wilhelm bedankte sich mit einem Pokal, dessen Fuß in Gestalt eines auf einem Elektromotor stehenden Puttos den neuen Zeiten huldigt; in die Kuppa eingraviert wurde die Fassade des TU-Gebäudes an der Arcisstraße, das während des Zweiten Weltkriegs ein Opfer der Bomben wurde. Das Kleinod ging nach einem intensiven Bietergefecht an einen privaten Interessenten.
Sehr gefragt: Möbel
Gleich zwei Highlights waren in der November-Auktion bei den Möbeln zu verzeichnen: Ein im 19. Jahrhundert angefertigter, prunkvoller Wellenschrank in für derartige Stücke höchst ungewöhnlicher Aufsatz-Form entwickelte sich im lauf eines intensiven Bietergefechts von einem Schätzpreis von 3.000 Euro bis zu einem Zuschlagspreis von 5.500 Euro*.
Handwerkliches Meisterstück: Ein Halb-Globus-Nähtisch
Eine noch deutlichere Steigerung konnte ein mit 500 Euro angesetzter Halb-Globus-Nähtisch verzeichnen: Das Biedermeier-Objekt wurde schließlich für 4.300 Euro* zugeschlagen. Der Ursprung dieser handwerklich herausfordernden Form ist in Ungarn zu suchen, wo der Tischlergeselle Gabor Kornis bereits 1806 einen Globus-Nähtisch als Meisterstück vorstellte. nur ein Jahr später ließ sich der erfindungsfreudige Londoner Schreiner George Remington, der sich auch mit der Entwicklung von Ausziehmechanismen für Esstische hervortat, für die Fertigung von Globustischen ein Patent erteilen. Weitere Globus-Tische entstanden um 1825 in Wien. Solche komplett runden Nähtische sind nicht nur in ihrer Herstellung höchst komplex, sie wurden auch stets als Präsentiermöbel eingesetzt und, der besonders eindrucksvollen Wirkung wegen, in der Mitte eines Raums aufgestellt.
Anders als komplett gerundete Globus-Nähtische hat der vorliegende Nähtisch nur einen halbkugelförmigen Bauch, in den eine Vielzahl von Fächern eingearbeitet ist. Das oberteil besteht aus einer flachen, klappbaren Platte. Dennoch ist zu vermuten, dass auch dieser Nähtisch nicht nur rein praktischen, sondern auch repräsentativen Zwecken diente.
Ein legendärer Bordeaux
Eine Doppelmagnum Grand Cru, Jahrgang 1982, aus dem legendären Bordeaux-Weingut La Mission Haut Brion wechselte für gut 4.000 Euro* den Besitzer. Eindrucksvoll bei diesem Wein ist nicht nur die exzeptionelle Qualität – Weinpapst Robert Parker bewertet ihn zweimal mit 100 Punkten und attestiert ihm Entwicklungspotential bis ins Jahr 2060.
Der Jahrgang 1982 stellt auch einen Markstein in der Geschichte des Weinguts dar: Er wurde aus der letzten Ernte gekeltert, die noch unter der alteingesessenen Besitzerfamilie Wolter eingefahren wurde. Sie verkaufte das Gut 1983 an die weinverrückte amerikanische Familie Dillon, die seit 1935 bereits das auf der anderen Straßenseite liegende Chateau haut Brion bewirtschaftete. Doch den Dillons gelang es, die Qualität der La Mission haut Brion-Weine auf absolutem Spitzenlevel zu halten.
Auktionsergebnisse 29. November (I): Asiatika, Skulptur, Gemälde, Graphik
Eine fast vollständig verkaufte Passage mit knapp 40 Positionen Wein stand bei der 47. Kunstauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen ebenso im Zentrum des Bieterinteresses wie die Kategorien Graphik, Gemälde und Skulpturen. Üerflügelt allerdings wurde alles von einem Los der Kategorie Asiatika: Es umfasste drei Miniaturen aus dem persischen bzw. indopersischen Raum, die auf das 17./18. Jahrhundert zurückgehen. Sie kletterten im Verlauf eines packenden Bietergefechts mit Interessenten im Saal, am Telefon und im Internet bis auf einen Zuschlagspreis von 32.800 Euro*.
Asiatika: Indopersische Illustrationen
Zwei der drei in herausragender Qualität gearbeiteten Blätter zeigen Liebesszenen, wie sie vor allem für die persische Miniaturkunst des 17. Jahrhunderts üblich waren, während sich im 18. Jahrhundert ein neues Genre mit Blumen- und Vogelmotiven herausbildete.
Generell erhielt die persische Miniaturmalerei über Jahrhunderte hinweg ihre ursprüngliche Aufgabe bei, Mythologie und Dichtkunst zu illustrieren; deshalb fielen ihre Blütezeiten stets mit besonders fruchtbaren Phasen der persischen Literaturgeschichte zusammen.
Auch bei den vorliegenden erotischen Szenen ist anzunehmen, dass sie im Kontext zeitgenössischer Liebesliteratur stehen. Die drei Blätter gingen in den internationalen Kunsthandel.

Drei Miniaturen. Persisch/ indopersisch, 17./18. Jh.
Deckende und lasierende
Farben, tlw. mit Gold,
auf Papier. Ergebnis 32.800 Euro*.
Skulptur: Thronende Madonna mit Mondsichel
Eine in Süddeutschland entstandene Muttergottes aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entwickelte sich zum ‚Spitzenobjekt bei den Skulpturen. Sie stieg von ihrem mit 5.000 Euro angesetzten Schätzpreis bis auf 9.500 Euro*, bevor der Hammer fiel.

Thronende Muttergottes mit Kind. Süddeutsch, 2. Hälfte 17. Jahrhundert. Holz, geschnitzt.
Ergebnis 9.500 Euro*.
Die in Holz geschnitzte Skulptur entspricht dem klassischen Typus der thronenden Madonna. Durch die Mondischel, auf die die sitzende Figur ihren Fuß setzt, wird sie aber zugleich auch in die Nähe der meist stehend dargestellten „Mondsichelmadonnen“ gerückt – ein Bildtypus, bei dem die Muttergottes mit dem „Apokalyptischen Weib“ der Johannes-Apokalypse verschmolz.
Gemälde: Chiemsee, Kühe und ein Blumenstrauss
Drei Ölskizzen von Malern, die München und Oberbayern sehr verbunden waren, bildeten die Spitzenlose bei den Gemälden des 19. und 20. Jahrhunderts.
Ein auf 800 Euro taxierter „Chiemseefischer“ des an der Kunstakademie in München ausgebildeten Adolf Heinrich Liehr (1826 – 1882 ) kletterte bis auf 6.950 Euro*.
Die Landschaftsdarstellung „Kühe auf der Weide“ des gebürtigen Krakauers Roman Kochanowski (1856 – 1945), der ab 1880 in München lebte, wurde für 5.700 Euro* zugeschlagen.
Ein Blumenstilleben des dem Leibl-Kreis zuzurechnenden Malers Wilhelm Trübner (1851 – 1917) schließlich erlöste 5.300 Euro*.
Graphik: Frauen und Elfen
Eine Zeichnung mit schwarzer Kreide aus dem wohl unstetesten Jahrzehnt in der Biographie von Gabriele Münter (1877 – 1962) entwickelte sich zum Toplos bei der Graphik. Das auf 1925 datierte Blatt „Ruhende“ wurde für 5.300 Euro* verkauft und ging in den Kunsthandel. Aquarellierte Elfen und Wichtel der Schweizer Künstlerin Mili Weber erfreuen sich anhaltend großer Beliebtheit. Die drei bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen angebotenen Blätter erzielten insgesamt 6.800 Euro*; der höchste Preis wurde für einen „Kleinen Blumenelf im Mondenschein“ bezahlt, der für 3.000 Euro* zugeschlagen wurde.
Highlights der 47. Kunstauktion: München im Blick
Diverse Objekte, die ein Stück Münchner Stadtgeschichte erzählen, stellen einen weiteren Schwerpunkt der Auktion am 29. November dar. Besonders im Blickpunkt stehen eine Statue des Heiligen Georg von Adolf von Halbreiter (1839 – 1898), ein für Oskar von Miller gefertigter Pokal aus der Werkstatt von Theodor Heiden sowie eine 1914 für das Feinkosthaus Alois Dallmayr abgefüllte Flasche Armagnac.
Ritter ohne Furcht und Tadel

Adolf Halbreiter: Heiliger Georg mit dem Drachen. Bronze, goldfarben und polychrom gefasst. Schätzpreis 1.000 Euro.
Die Statue des Heiligen Georgs geht auf eine Glanzzeit des Münchner Goldschmiedehandwerks zurück. Ihr Urheber, Adolf Halbreiter (1839 – 1898) hatte nicht nur eine Ausbildung im Bayerischen Kunstgewerbeverein genossen, sondern auch an der Kunstakademie unter Hiltensperger und Widmann Bildhauerei studiert, bevor er nach Paris ging, um unter anderem bei Charles Christofle seine Fertigkeiten als Silberschmied und Ziseleur zu verfeinern.
Als er 1871 nach München zurückkehrte und seine eigene Werkstatt gründete, blühte das Kunsthandwerk – zum einen aufgrund der endgültigen Auflösung alter, noch im Zunftwesen begründeter Strukturen, zum anderen durch die vielfältigen Kunstinteressen Ludwigs II.
Der Goldschmied und der König
Zwischen dem Monarchen und Adolf Halbreiter entwickelte sich binnen Kurzem eine intensive Verbindung. Als der Goldschmied 1878 einen Ruf an die Kunstgewerbeschule Dresden erhielt, ernannte ihn der bayerische König zum Titular-Professor und erteilte ihm lukrative Aufträge, um ihn in München zu halten.
Der Heilige Georg als Ritter ohne Furcht und Tadel, wie ihn Halbreiter darstellt, war zur Zeit Ludwigs II. ein durchaus beliebtes Motiv. Zum einen bediente er historistische Träumereien vom Glanz des Mittelalters, zum anderen war es der König selbst, der den Heiligen ins Zentrum der Aufmerksamkeit, auch bei der Bevölkerung rückte. Ludwig II. war nicht nur Großprior des bayerischen Georgsordens, sondern hatte auch persönlich eine starke Beziehung zu dem Heiligen, die sich in diversen Taschenuhren mit Georgsbildnissen aus seinem Besitz, aber auch an der Georgsdarstellung an der östlichen Giebelfront von Schloss Neuschwanstein ablesen lässt.
Selbstbewusst in neue Zeiten
Der 1897 gefertigte “Elektropokal” legt in vielerlei Hinsicht ein beredtes Zeugnis für ein spannendes Stück Münchner Stadt- und Wissenschaftsgeschichte ab – nicht nur, weil er aus der Werkstatt des Hofgoldschmieds Theodor Heiden stammt, im ausgehenden 19. Jahrhundert eine der besten Adressen für repräsentative Gold- und Silberpräsente, mit Kunden im gesamten deutschen Hochadel.

Pokal, München, um 1897, Theodor Heiden. Mit Widmung für Oskar von Miller. Silber, tlw. vergoldet. Schätzpreis 800 Euro.
Ein Pokal für Oskar von Miller
Bestellt wurde das edle Objekt, wie die Inschrift verrät, vom Chemiker Wilhelm von Miller, der gerade dabei war, sich auf einen der Schlüsselbereiche der erstarkenden Industrie zu spezialisieren: der Elektrochemie. Das nötige Labor an der noch jungen Technischen Universität hatte ihm kein geringerer als sein Bruder Oskar von Miller eingerichtet, zu dieser Zeit bereits höchst renommierter und dekorierter Bauingenieur und selbst längst Pionier der Elektro- und Wasserkraft-Turbinentechnik.
Gleichzeitig kündet er Pokal, den Wilhelm Oskar als Dank für dieses Laboratorium anfertigen ließ, auch von einem Dilemma, in das die um sich greifende Technisierung Ende des 19. Jahrhunderts Kunst und Gesellschaft riss: Welchen Rang sollten die zur Ausbildung von Ingenieuren nötigen Technischen Hochschulen innerhalb des Bildungskanons haben? Und wie nähert man sich diesen unbeseelten, emotionsfreien Themen als Künstler?
Heiden bediente sich einer damals gängigen Lösung, in dem er tradiertes, schmückendes Personal – hier einen Putto – mit einer greifbaren Segnung der neuen Technik, einem Elektromotor, verquickte. Und er gravierte auf die Kuppa des Pokals die Fassade des im II. Weltkrieg zerstörten Hochschulgebäudes an der Arcisstraße – seit seiner Errichtung zwischen 1864 und 1868 ein überaus greifbares Beispiel für das neue Selbstbewusstsein der technischen Wissenschaften. “schon die Wahl des Standorts (…) in direkter Nachbarschaft zu den Antikensammlungen und Pinakotheken lässt keinen zweifel an der Absicht aufkommen, dass sich die neue Bildungsinstitution (…) in den Kanon musischer Bildung integrieren sollte”, so der Architekturhistoriker Andreas Lepik, “ihm aber auch selbstbewusst gegenüber stand.”
Aus der Gascogne nach München
Das letzte prominente Objekt aus dem München-Kanon der 47. Kunstauktion erzählt ein ganz besonderes Stück Genussgeschichte.

Eine Flasche Vieil Armagnac, Goudoulin, abgefüllt für das Maison Alois Dallmayr 1914. Schätzpreis 700 Euro.
Der Vieil Armagnac, 1914 abgefüllt für das Münchner Wein- und Delikatessenhaus Alois Dallmayr, trägt bereits den namen von Jeanne Ménal Goudoulin, die erst wenige Jahre zuvor in das Weingut Domaine de Bigor in Courrensan eingeheiratet hatte. Schon seit Generationen wurden hier Armagnacs gebrannt, doch erst Jeanne Ménal Goudoulin war es, die das Haus zwanzig Jahre später zur Weltmarke ausbaute. Zugleich belegt die vorliegende Flasche auch den Rang, den das Haus Dallmayr um 1900 einnahm: Es gehörte zu den führenden Delikatessenhäusern Europas, zählte Fürsten- und Königshäuser und sogar den deutschen Kaiserhof zu seinen Kunden, beschäftigte an die 70 Mitarbeiter und verfügte über ein ganz Europa umspannendes Netz an Produzenten von Weinen und Nahrungsmitteln bester Qualität.
Highlights der 47. Kunstauktion: Hinterglasbilder aus China
Im Blickpunkt bei den Asiatika steht eine 18 Positionen umspannende Sammlung mit höchst ungewöhnlichen Objekten: in China angefertigten Hinterglasbildern.
Von Europa ins Reich der Mitte
Mit ihr öffnet sich ein ganz besonderer Schatz. Denn die Hinterglastechnik ist eine der wenigen Kunstformen, die nicht aus Fernost nach Europa gelangten. Vielmehr wanderte sie in umgekehrter Richtung mit Spiegeln, Flachgläsern und jesuitischen Missionaren nach Osten und konnte ab dem 17. Jahrhundert im Reich der Mitte Fuß fassen.
Die Motive wandeln sich
Zunächst wurden die Bilder vor allem für den Export nach Europa hergestellt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aber verbreiteten sie sich auch in China selbst als beliebter Wandschmuck. Entsprechend passten sich die Sujets und Malstile, die sich zuvor an europäischen Kriterien orientiert hatten, nun dem chinesischen Geschmack an. Beliebt waren erotische, aber auch literarische und mythologische Darstellungen.

Guanyin mit Kind, auf einem Qilin reitend. Position mit zwei Hinterglasbildern, China. Schätzpreis 200 Euro.

Zwei Hinterglasbilder: Junge Frauen mit Fächer. China, wohl 1. Viertel 20. Jh. Schätzpreis 120 Euro.
Schönheit und reiche Nachkommen
Des weiteren gab es Porträts von nach der Mode der Zeit gekleideten Frauen oder auch, auffällig häufig, kleine Knaben, die Früchte mit vielen Kernen essen. Das Motiv verhieß reiche Nachkommenschaft. Nicht umsonst bedeutet das entsprechende Schriftzeichen sowohl “Sohn” wie auch “Kern”.

Knabenbildnisse, einmal mit der Mundorgel Sheng, einmal beim Melonenessen. Position mit insgesamt drei Hinterglasbildern, China. Schätzpreis 120 Euro.
Highlights der 47. Kunstauktion: Aquarelle von Mili Weber
Bei der Graphik wartet in der Weihnachts-Auktion am 29. November eine zauberhafte Überraschung auf Romantiker und Märchenliebhaber: Drei Aquarelle der Schweizer Malerin Mili Weber (1891 – 1978), deren Werk vielen Besuchern von Kindesbeinen an unbewusst vertraut sein dürfte. Ihre Blumenkinder, Elfen und Pilzwichtel schmücken seit Generationen unzählige Poesiealben, Bilderbücher oder Fleißbildchen aus der Grundschule.
Mili Weber: Liebe zum Reich der Phantasie
Tatsächlich studierte die schon als Mädchen phantasiebegabte Künstlerin aus der Uhrenstadt Biel nach einer Ausbildung zur Kindergärtnerin von 1912 bis 1914 Malerei an der renommierten Privatakademie von Heinrich Knirr in München. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs kehrte Weber in die Schweiz zurück, wo sie sich auf Ausmalbilder und Märchenillustrationen spezialisierte. Als ihr Bruder, der Architekt Emil Weber, 1917 in Sankt Moritz ein Haus mit Architekturbüro und Werkstätten, aber auch als Heim für seine ganze Familie baute, zog Mili Weber zu ihm.
Ein Haus wie ein Märchen
Von da an lebte die Malerin bis zu ihrem Tod in diesem Haus, das sie peu à peu in ein Gesamtkunstwerk verwandelte: Möbel, Decken, Wandvertäfelungen – selbst im Badezimmer – wurden von ihr mit Märchenfiguren und -szenen bemalt. Eine von der Künstlerin gestaltete Puppenstube nimmt einen ganzen Raum ein. Ein weiterer Raum ist mit einer Orgel gefüllt, die Mili Weber als Honorar für die Ausmalung eines Kinderzimmers erhielt.
Das Mili Weber-Haus – Ein bezauberndes Museum
Im Jahr nach ihrem Tod wurde das oberhalb des Sankt Moritzersees gelegene Haus als Museum eröffnet. Da die Zimmer sehr klein sind, kann es allerdings nur im Rahmen einer Führung besucht werden, für die man sich am besten vorher anmeldet. Bis 3. Dezember gibt es immer Mittwochs und Freitags eine Nachmittagsführung, ab 4. Dezember sind zwischen Mittwoch und Sonntag jeweils zwei nachmittägliche Führungen angesetzt. Zum hundertjährigen Jubiläum des Mili Weber-Hauses wurde zudem ein Spazierweg mit acht Stationen eingerichtet, auf dem man, mit herrlichem Blick auf See und Berge, verschiedene Stationen im Leben der Künstlerin nachvollziehen kann.
Mili Weber-Aquarelle in der Weihnachtsauktion
Ganz ohne Führung besichtigen und ersteigern können Sie die bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen angebotenen Aquarelle “Blumenkind”, “Wintermärchen” und “Kleiner Blumenelf im Mondenschein” (oben, Schätzpreis 1.200 Euro). Sie sind typische Beispiele für Mili Webers zarten, märchenhaften Stil und berühren nicht nur die Herzen von Kindergarten- oder Grundschulkindern.