Die Top 5 des Jahres 2018: Altmeister und Gemälde des 19. Jahrhunderts

Ein Bild gab es, das im Frühjahr die komplette Belegschaft von SCHEUBLEIN Art & Auktionen in seinen Bann zog: Das Gemälde “Auszug eines Kardinals aus S. Zanipolo in Venedig” (oben) aus der Hand des in Italien lebenden Katalanen Ramon Tusquets y Maignon (1837 – 1904). Auch unter den fünf Toplosen der Kategorien Gemälde und Alte Meister ist es vertreten. Welche Werke es hier ganz nach vorne schafften, lesen Sie unten; Toplose aus anderen Kategorien präsentieren wir in einem gesonderten Beitrag.

1: Altmeisterliche Idylle

Altmeister Italien Adam Eva Guercino Auktion München

Adam und Eva mit Kain und Abel. Öl / Lwd., Italien, 17. Jahrhundert. Versteigert am 29. Juni 2018. Ergebnis: 35.000 Euro*.

Eine ungewöhnliche Darstellung von Adam
und Eva aus dem Italien des 17. Jahrhunderts entwickelte sich zum Spitzenlos des Jahres 2018 bei Altmeistern und Gemälden. Sie
kam in der Juni-Auktion von SCHEUBLEIN
Art & Auktionen für 35.000 Euro*
unter den Hammer. Das erste Menschenpaar
ist hier weder beim Sündenfall, noch
bei der Vertreibung aus dem Paradies oder
aber beim Beklagen der Ermordung Abels
durch Kain gezeigt, sondern in einer fast
arkadisch anmutenden Szene mit beiden
Söhnen in frühkindlichem Alter.
Der auf die italienische Malerei des 17.
Jahrhunderts spezialisierte Kunsthistoriker
Erich Schleier betont in einem Aufsatz
über eine der wenigen vergleichbaren Darstellungen
aus der Hand von Nicola Vaccaro
(1640 – 1709) nicht nur die Seltenheit
dieser Motivwahl, sondern auch, dass Eva
durch diese Art der Darstellung in die Nähe
von römischen Gottheiten wie Diana, Venus,
Juno und Minerva gerückt wird. Auch
beim vorliegenden Bild ist eine solche
Querverbindung sowohl für Eva wie auch
für Adam mehr als denkbar.
Bemerkenswert ist weiterhin, dass über
dieser ersten Familie der Menschheitsgeschichte
scheinbar nichts von der finsteren
Mühsal lastet, die Adam und Eva nach der
Vertreibung aus dem Paradies erwartete.
Stattdessen wirkt die Szene entspannt
und ungezwungen, fast schon im Sinne
jener erfüllenden Freiheit, die der englische
Schriftsteller John Milton den ersten Menschen
1667 am Ende seines Epos „Paradise
Lost“ mit auf den Weg gibt: „Vor ihnen lag
die ganze Erde, ihren Ort zu wählen, von
Gottes Vorsehung geführt.“

2: Die Leiden Christi

Jan Polack Schweisstuch Veronika Auktion München Scheublein

Jan Polack (zugeschr), Schweisstuch der Veronika. Versteigert am 16. März 2018. Ergebnis: 31.500 Euro*

Dem Münchner Stadtmaler Jan Polack
(1435 – 1519) zugeschrieben ist ein
„Schweißtuch der Veronika“, das in der
März-Auktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen
für 31.500 Euro* versteigert wurde.
Das Tuch ist zwar von zwei lieblichen Engeln
gehalten, in der Leidensdarstellung
im Antlitz Christi jedoch ungewohnt drastisch.
Erst ab etwa 1400 war es überhaupt
üblich geworden, das Gesicht auf dem
Schweißtuch nicht mehr als verklärten,
überirdischen Christus mit Heiligenschein
zu zeigen, sondern mit Dornenkrone und,
schließlich, auch mit geschlossenen Augen.
Das vorliegende Bild markiert einen
Zwischenschritt im Wandel dieses Motivs,
und ist zugleich auch ein beredtes Zeugnis
für die Kunstproduktion im München
unter Herzog Albrecht IV. Ähnlich wie der
Bildhauer Erasmus Grasser, mit dem Jan
Polack bei der Gestaltung diverser Altäre
eng zusammenarbeitete, betrieb auch Polack eine Werkstatt mit vielen Mitarbeitern.
Doch während in vielen anderen Fällen die
Hand des Meisters eindeutig von der der
Gehilfen unterscheidbar ist, war das künstlerische
Niveau wie auch die Stringenz der
vom Meister ausgegebenen stilistischen
Vorgaben so hoch, dass sich in den Bildern
aus der Werkstatt Jan Polacks keine einzelnen
Künstlerpersönlichkeiten unterscheiden
lassen.
Das Tafelbild verfügt ab 1929 über eine lückenlose
Provenienz: In diesem Jahr wurde
es von Hermann Muffler, Stockach an die
Münchner Galerie Heinemann verkauft.
1936 erwarb es dort der Nürnberger Zuckergroßhändler
und Kunstsammler Valentin
Joseph Mayring; in dessen Sammlung
verblieb es bis zu deren Verkauf durch die
Galerie Fischer, Luzern, im Jahr 1976. Seit
1983 befand es sich in süddeutschem Privatbesitz.
Nach der Auktion ging das Bild
ins europäische Ausland.

3: Genre und Moral

Januarius Zick Auktion München Scheublein Genre

Johann Rasso Januarius Zick, Der Abend. Öl / Lwd., 55,5 x 41 cm.

Januarius Zick Genre Nacht Auktion München Scheublein

Johann Rasso Januarius Zick, Die Nacht, Öl / Lwd., 55,5 x 41 cm. Die beiden gemeinsam versteigerten Gemälde erzielten am 21.09.2018 21.400 Euro*.

Bis auf 21.400 Euro* kletterten zwei Genre-
Szenen des bayerischen Barockmalers
Januarius Zick (1730 – 1797) in der September-
Auktion von SCHEUBLEIN Art &
Auktionen. Sie gehören zu den wenigen
Bildern Zicks, die nicht in Bausituationen
eingebunden waren – berühmt wurde der
Meister mit Altargemälden und Fresken,
unter anderem im Dianasaal von Schloss
Engers, der Klosterkirche Wiblingen oder
in der Klosterkirche Raitenhaslach, sowie
mit Intarisenbildern für höfische Möbel aus
der Hand David Roentgens. Doch auch mit
Genremalerei beschäftigte sich Zick kontinuierlich,
seit er zwischen 1756 und 1758
auf seiner Studienreise nach Paris, Basel
und Rom die niederländische Genrekunst
kennengelernt hatte.
Die vorliegenden Gemälde „Abend“ und
„Nacht“ knüpfen klar an deren Stilistik an.
Wie diese Vorbilder spiegeln die dargestellten
Szenen die Lebenswelt der kleinen,
bäuerlichen Leute. Allerdings vermengt Zick seine Erzähllust mit einer Sittenkritik
im Sinne der Aufklärung: Am „Abend“ ist
es der erotische Anblick der sich die Beine
waschenden Magd, dem sich der links gezeigte
Familienvater ungebührlich widmet,
statt sich Frau und Kind zuzuwenden.
In der „Nacht“ ist es wiederum eine Magd
– noch mit dem Schälen von Äpfeln befasst,
während alle anderen schlafen –, die
sich den Zudringlichkeiten eines vornehm
gekleideten alten Mannes erwehren muss.
Denn der Nachtwächter, der ja eigentlich
für Ruhe und Ordnung sorgen sollte, hat
sich abgewandt und studiert mit hochgehaltener
Kerze die Uhr.
Die ursprünglich zu einem Schätzpreis
von 12.000 Euro angesetzten Gemälde,
die zusammen mit den im M.H. de Young
Memorial Museum, San Francisco befindlichen
Pendants „Morgen“ und „Mittag“einen
geschlossenen Zyklus bilden, gingen in den
Kunsthandel.

4: Ein Kardinal kommt selten allein

Gemälde Malerei 19. Jahrhundert Tusquets Auktion München Scheublein Historienmalerei

Ramon Tusquets y Maignon: Auszug eines Kardinals aus S. Zanipolo in Venedig. Versteigert am 16.03.2018. Ergebnis 20.200 Euro*.

Das eingangs erwähnte Historiengemälde entwickelte sich zum besten Los bei den Gemälden des 19. und 20. Jahrhunderts. Es ist das
Werk eines heute kaum noch geläufigen
Künstlers, Ramon Tusquets y Maignon
(1837 – 1904). Der aus Barcelona stammende
Sohn einer Handelsdynastie schloss
sich 1864 einer in Rom ansässigen Kolonie
katalanischer Künstler an. Deren prominentester
Kopf, Marià Fortuny (Vater des Modeschöpfers
Mariano Fortuny) wurde Tusquets‘
engster Freund und künstlerischer
Impulsgeber. Als Fortuny 1874 überraschend
an Malaria starb, war es Tusquets y
Maignon, der innerhalb der Gruppe dessen
Platz einnahm und ab 1880 zum wichtigsten
katalanischen Historienmaler avancierte.
Gleichzeitig gelang es ihm, dem kraftlos
gewordenen Genre durch die Verknüpfung klassisch-romantischer Traditionen mit
der plastischen Sprache des Realismus
noch einmal neues Leben einzuhauchen.
Das vorliegende Gemälde „Auszug eines
Kardinals aus San Zanipolo“ ist mit seiner
fast fotografisch präzisen Darstellungsweise
ein gutes Beispiel für diese stilistische
Erneuerung. „Er ist der katalanische Maler,
bei dem es am wenigsten gerechtfertigt
ist, dass er in Vergessenheit geriet“, beklagt
der spanische Kunsthistoriker Carlos
Reyero. Nun läutet der Kunstmarkt seine
allmähliche Wiederentdeckung ein. Dafür
steht auch das Ergebnis, das das Bild in
der März-Auktion von SCHEUBLEIN Art
und Auktionen erzielte: Es konnte seinen
Schätzpreis von 8.000 Euro mehr als verdoppeln verdoppeln
und kletterte bis auf 20.200 Euro*.

5: München leuchtet

Charles Vetter, Theatinerstraße , auktion München Scheublein

Charles Vetter, Theatinerstraße. Versteigert am 16.3. 2018. Ergebnis: 14.490 Euro.

Nicht Paris und nicht London – München
ist es, dem der aus Ostpreußen stammende
Maler Charles Vetter (1858 – 1941) wieder
und wieder ein impressionistisches
Denkmal setzt. Mit 23 Jahren zieht er 1881
an die Isar, um an der hiesigen Kunstakademie
zu studieren. In seinem Frühwerk
beschäftigt er sich noch mit genrehaften
Szenen vor städtischer Kulisse. Ab 1900 jedoch
ist es die Stadt selbst, die zum Thema
seiner Gemälde wird: Die ersten 20 Jahre,
die Vetter in München verbringt, sind
zugleich eine Zeit intensivsten Wandels.
1883 erst wächst die Bevölkerung auf über
250.000 Einwohner und die Stadt erlangt
den Rang einer Großstadt; bis 1901 aber
verdoppelt sich deren Zahl noch einmal.
Mit 500.000 Einwohnern ist München nun
die drittgrößte Stadt im Deutschen Reich. Dieses neue Pulsieren, das geschäftigte Treiben, wie es nur Metropolen prägt, zieht
Vetter wieder und wieder in seinen Bann.
Aber auch die verschiedenen Lichtstimmungen,
die sich wandelnde Stimmung der
Stadt-Landschaft im Morgen- und Abendlicht,
bei Sonne oder Schneefall, faszinieren
den Maler immer aufs Neue. Sein 1908
entstandenes Gemälde „Die Theatinerstraße
in München“, das bei SCHEUBLEIN Art
& Auktionen im März für 14.500 Euro* versteigert
wurde, ist ein markantes Beispiel
dafür: Die Fassaden der Häuser reflektieren
das fahle Licht, das Pflaster der nassen
Straßen spiegelt die Schatten der Passanten,
die die dichte Atmosphäre des Gemäldes
zum einen mit prägen, zum anderen
aber auch von ihr aufgesogen werden.

 

Nachlese zur Dezemberauktion (I): Von Tierfigur bis Taschenuhr

Unter reger Beteiligung von über 500 Bietern im Saal, am Telefon und im Internet fand am Freitag, 30. November, die Weihnachtsauktion von SCHEUBLEIN Art und Auktionen statt, die Nikola Scheublein pünktlich um 13 Uhr eröffnete. Bereits im Vorfeld standen Kunsthandwerk aus dem Orient, Tierfiguren aus Porzellan sowie eine Sammlung mit fast 40 Taschenuhren im Blickpunkt des Bieterinteresses – eine Tendenz, die der Verlauf der Auktion bestätigte.

Lebensechte Tierfiguren aus Meissen und Nymphenburg

Meissen Rudolf Löhner Panther Leopard Auktion München Scheublein

Panther, mit einem leopard Kämpfend. meissen, vor 1924. Modell: Rudolf Löhner. Ergebnis: 4.500 Euro*.

Sie stammen beide aus der Glanzzeit der kleinformatigen Tierplastik, wurden von renommierten Bildhauern gestaltet und in den beiden wichtigsten deutschen Manufakturen hergestellt. Zwei Tierfiguren beherrschten in der 43. Kunstauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen das Bild beim Porzellan. Die eine, ein fast lebensgroßer Ara (ganz oben), ist ein Klassiker von Nymphenburg und geht auf ein Modell von Theodor Kärner (1884 – 1966) aus dem Jahr 1913 zurück, einer Zeit, in der der Tierbildhauer in einer Festanstellung an der Porzellanmanufaktur im Münchner Westen tätig war. Die in der Auktion angebotene Ausführung stammt aus dem Jahr 1922; für die farbliche Gestaltung zeichnet der Maler Robert Böck verantwortlich. Die Vogelstatue kletterte im Verlauf der Auktion von 3.500 Euro Schätzpreis bis auf 8.100 Euro*. Für 4.500 Euro* wurde ein mit einem Leoparden kämpfender Panther verkauft, der vor 1924 in Meissen entstand. Das Modell der Figur stammt aus der Hand des Tierplastikers und Bildhauers Rudolf Löhner (1890 – 1971), der später auch Denkmäler und Bauplastiken im Auftrag der DDR gestaltete.

Das Besteck eines Fürsten

Besteck Tafelbesteck Vermeil Auktion München Scheublein

Je zwölf Löffel, Gablen und Dessertmesser, Straßburg, 1782/83. Ergebnis: 6.300 Euro*.

Für 6.300 Euro* kam ein ungewöhnlich großer und gut erhaltener Satz von Tafelbesteck aus Vermeil unter den Hammer. Die jeweils zwölf Löffel, zwölf Gabeln und zwölf Dessertmesser entstanden 1782/1783 in der Werkstatt der Catherine Marguerite Fritz in Straßburg und müssen einst zur Ausstattung eines größeren Hofs gehört haben. Denn die Benutzung vergoldeten Bestecks war nach Auffassung des 18. Jahrhunderts einzig regierenden Fürsten vorbehalten.

Taschenuhren: Die schönste Zeit

Taschenuhr Savonette IWC Auktion München Scheublein.

Savonette von IWC mit gehfähigem Ankerwerk und Schwanenhalsfeinregulierung. Ergebnis: 1.390 Euro. Die Uhr wurde in der Auktion vom 30. November bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen versteigert.

Vollständig verkauft werden konnte eine Sammlung von fast vierzig Taschenuhren, die für insgesamt 18.900 Euro* neue Besitzer fanden. Die höchsten Preise erzielten eine um 1900 gefertigte Savonette von IWC mit gehfähigem Ankerwerk und Schwanenhalsfeinregulierung (Ergebnis 1.390 Euro*), eine Savonette von Elgin Watch Co., datiert auf 1880, mit aufwendig rankengraviertem Gehäuse (Erebnis 1.200 Euro*) sowie eine silberne Taschenuhr des deutschen Uhrenherstellers Lange & Söhne aus der Zeit um 1920 (Ergebnis 760 Euro*).

Savonette Elgin Watch Auktion München Scheublein

Savonette von Elgin Watch Co, um 1880. Ergebnis: 1.200 Euro. Die Uhr wurde in der Auktion vom 30. November bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen versteigert.

Taschenuhr Lange & Söhne Glashütte Auktion München Scheublein

Taschenuhr, Silber, Lange & Söhne, Glashütte, um 1920. Ergebnis: 760 Euro. Die Uhr wurde in der Auktion vom 30. November bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen versteigert.

Ein weiteres Highlight aus der Kategorie Schmuck und Uhren war ein zeitgenössisches, dreiteiliges Schmuckset der Manufaktur Wellendorf, das für 8.820 Euro* verkauft wurde.

Highlights der 43. Kunstauktion: Krippen in Papier und im Kasten

Zwei Krippen aus Tirol und Böhmen sorgen bei der Auktion am 30. November 2018 für weihnachtliche Akzente. Besonders prominent dabei ist eine Papierkrippe aus dem Tiroler Krippenbau-Dorf Thaur  (oben).

Aus Groß wird Klein

Solche Papierkrippen waren für den Ort zwischen Innsbruck und Hall in Tirol nicht unüblich. Ihre Geschichte beginnt allerdings  im großen Format: Als um 1700 die Blütezeit der Krippen mit bekleideten Figuren einsetzte, begannen Klosterkirchen im süddeutschen Sprachraum als Gegenstück zu den Heiligen Gräbern der Osterzeit großfigurige Bretterkrippen aufzustellen. Deren Figuren waren nicht plastisch ausgebildet, stattdessen wurden sie auf Bretter oder Blech gemalt und ausgeschnitten.

Vom Brett zum Papier

Als Miniaturanfertigungen dieser großen Bretterkrippen entstanden auch Krippen mit Papierfiguren. Das Dekret von Kaiser Josef II. aus dem Jahr 1782, das generell das Aufstellen von Krippen in den Kirchen verbot, führte nicht nur zu einer raschen Verbreitung von kunstvollen Holzkrippen in Privathaushalten und damit zur Blüte des Krippenbaus im Dorf Thaur bei Hall in Tirol.

Erschwingliche Krippen

Es verhalf auch den Papierkrippen zu einem veritablen Aufschwung, waren sie doch deutlich kostengünstiger und damit für eine wesentlich breitere Bevölkerungsschicht erschwinglich. Die papierenen Krippenfiguren wurden mit kräftigen Temperafarben bemalt; angeklebte Stahlstifte sorgten für Stabilität und machten es möglich, die Figuren pittoresk in der Geburtshöhle und auf der diese umgebenden Bergkulisse anzuordnen.

Empfindliches Material

Einen Nachteil allerdings hatten die erzählfreudigen Papierkrippen: Die empfindlichen Figuren gingen leichter kaputt oder verloren als ihre robusteren Artgenossen aus Holz. Nur noch sieben vollständige Krippen sind beispielsweise von einem der prominentesten Thaurer Papierkrippen-Bauer, Josef Kramer, vulgo „Mundler“, erhalten, von dem wohl auch die vorliegende Krippe stammt. Umso schöner, dass dieses Ensemble mit seiner reichen Schar an Hirten, Melkern und Kraxenträgern die Zeiten überdauert hat.

Krippenkunst aus Böhmen

Krippe Kastenkrippe Weihnachtskrippe Böhmen Auktion Scheublein München

Kastenkrippe, Grulich/Böhmen, wohl um 1900. Schätzpreis: 800 Euro. 

Ähnlich wie in Thaur entfaltete sich auch im Ort Grulich (heute Králiky) nach dem Krippendekret Kaiser Josefs II. von 1782 eine rege kunsthandwerkliche Tätigkeit im Bereich Krippenbau. Die dortigen “Mannlmacher” waren meist Saisonarbeiter, die im Sommer auf Wanderschaft gingen oder sich im nahen, holzreichen Adlergebirge als Holzknechte verdingten. Frauen und Kinder übernahmen die Bemalung der geschnitzten Figuren. Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts bewirkten die aufkommende Industrialisierung sowie die schlechte Bezahlung den rapiden Niedergang der Krippenschnitzerei in Nordböhmen. Aus dieser letzten Phase stammt auch die vorliegende Krippe – mit ihrem Kasten, dem oben auf dem Krippenberg angebrachten phantastischen Stadtbild von Bethlehem und der vielfigurigen Darstellung des Weihnachtsgeschehens sowie der “Bringemannln” – der Heiligen Drei Könige – ist typisch für die Grulicher Krippenproduktion.

Highlights der 43. Kunstauktion: Weihnachtskrippen aus Papier und im Kasten

Zwei Krippen aus Tirol und Böhmen sorgen bei der Auktion am 30. November 2018 für weihnachtliche Akzente. Besonders prominent dabei ist eine Papierkrippe aus dem Tiroler Krippenbau-Dorf Thaur.

Aus Groß wird Klein

Solche Papierkrippen waren für den Ort zwischen Innsbruck und Hall in Tirol nicht unüblich. Ihre Geschichte beginnt allerdings  im großen Format: Als um 1700 die Blütezeit der Krippen mit bekleideten Figuren einsetzte, begannen Klosterkirchen im süddeutschen Sprachraum als Gegenstück zu den Heiligen Gräbern der Osterzeit großfigurige Bretterkrippen aufzustellen. Deren Figuren waren nicht plastisch ausgebildet, stattdessen wurden sie auf Bretter oder Blech gemalt und ausgeschnitten.

Vom Brett zum Papier

Als Miniaturanfertigungen dieser großen Bretterkrippen entstanden auch Krippen mit Papierfiguren. Das Dekret von Kaiser Josef II. aus dem Jahr 1782, das generell das Aufstellen von Krippen in den Kirchen verbot, führte nicht nur zu einer raschen Verbreitung von kunstvollen Holzkrippen in Privathaushalten und damit zur Blüte des Krippenbaus im Dorf Thaur bei Hall in Tirol.

Erschwingliche Krippen

Es verhalf auch den Papierkrippen zu einem veritablen Aufschwung, waren sie doch deutlich kostengünstiger und damit für eine wesentlich breitere Bevölkerungsschicht erschwinglich. Die papierenen Krippenfiguren wurden mit kräftigen Temperafarben bemalt; angeklebte Stahlstifte sorgten für Stabilität und machten es möglich, die Figuren pittoresk in der Geburtshöhle und auf der diese umgebenden Bergkulisse anzuordnen.

Empfindliches Material

Einen Nachteil allerdings hatten die erzählfreudigen Papierkrippen: Die empfindlichen Figuren gingen leichter kaputt oder verloren als ihre robusteren Artgenossen aus Holz. Nur noch sieben vollständige Krippen sind beispielsweise von einem der prominentesten Thaurer Papierkrippen-Bauer, Josef Kramer, vulgo „Mundler“, erhalten, von dem wohl auch die vorliegende Krippe stammt. Umso schöner, dass dieses Ensemble mit seiner reichen Schar an Hirten, Melkern und Kraxenträgern die Zeiten überdauert hat.

Krippenkunst aus Böhmen

Krippe Kastenkrippe Weihnachtskrippe Böhmen Auktion Scheublein München

Kastenkrippe, Grulich/Böhmen, wohl um 1900. Schätzpreis: 800 Euro. 

Ähnlich wie in Thaur entfaltete sich auch im Ort Grulich (heute Králiky) nach dem Krippendekret Kaiser Josefs II. von 1782 eine rege kunsthandwerkliche Tätigkeit im Bereich Krippenbau. Die dortigen “Mannlmacher” waren meist Saisonarbeiter, die im Sommer auf Wanderschaft gingen oder sich im nahen, holzreichen Adlergebirge als Holzknechte verdingten. Frauen und Kinder übernahmen die Bemalung der geschnitzten Figuren. Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts bewirkten die aufkommende Industrialisierung sowie die schlechte Bezahlung den rapiden Niedergang der Krippenschnitzerei in Nordböhmen. Aus dieser letzten Phase stammt auch die vorliegende Krippe – mit ihrem Kasten, dem oben auf dem Krippenberg angebrachten phantastischen Stadtbild von Bethlehem und der vielfigurigen Darstellung des Weihnachtsgeschehens sowie der “Bringemannln” – der Heiligen Drei Könige – ist typisch für die Grulicher Krippenproduktion.

Highlights der 43. Kunstauktion / Silber

Mit einem hochkarätigen, 50 Positionen umspannenden Silberangebot startet am 30. November um 13 Uhr die 43 Kunstauktion. Zwei Katalognummern daraus haben eine ganz besondere Geschichte.

Eine Schale aus dem Balkan: Zum Trinken und Gedenken

Der Balkan war schon immer ein Schmelztiegel der Kulturen. Dies lässt sich auch an der Silberschale mit inliegendem Hirschen aus dem 16. Jahrhundert deutlich ablesen.

Lange Tradition der Silberschmiedekunst

Bereits zur Zeit des Imperium Romanum waren die Silbervorkommen in Serbien massiv abgebaut worden. Mit Verbesserungen der Minentechnik wurde die Silberförderung im Mittelalter noch einmal intensiviert und entwickelte sich, auch Dank des Vertriebs der Silberobjekte durch die Kaufleute in den Hafenstädten an der Adria, zu einem prosperierenden Wirtschaftszweig. In den Schmiedewerkstätten, die sich rund um die größten Silberminen in Novo Brdo und Pec ansiedelten, verkehrten neben einheimischen auch viele auswärtige Kunstschmiede.

Schale Balkan Auktion München Scheublein

Trinkschale, Balkan, 16. Jh.; die kleine gegossene Figur in der Mitte des Fonds stellt einen liegenden Hirschen dar. Besonderer Kunstkniff: Der Kopf ist drehbar. Schätzpreis. 5.000 Euro.

Ein besonders begehrtes Produkt aus diesen Werkstätten waren kostbare Trinkschalen, die bei besonderen Anlässen zum Ausbringen von Trinksprüchen und zum Weingenuss benutzt wurden. Auch mit der Eroberung Serbiens durch das osmanische Reich im Jahr 1389 änderte sich an der reichen Silberproduktion wenig – im Gegenteil: Der christliche Motivschatz wurde um osmanische Einflüsse erweitert. Dies zeigt sich auch an vorliegender Silberschale.

Orient trifft Okzident

Während viele Ornamente dem türkischen Kulturkreis zuzuordnen sind, ist der in der Mitte liegende Hirsch ein eindeutig christliches Symbol, das für die Erlösung der Seele und den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse steht. Zum Trinken und Zuprosten wurden derartige Schalen allerdings nicht mehr verwendet; stattdessen wurden sie zum Andenken an verstorbene Angehörige Kirchen oder Klöstern gestiftet. „In diesem Moment“, so der Kunsthistoriker Mila Gajić, „verloren sie ihre Funktionalität und wurden zum reinen, immer prunkvoller gestalteten Dekorobjekt. Von ihrem ursprünglichen Zweck als Trinkschale blieb nur eine ferne Erinnerung.“

Schlichte Schönheit

Die zweite Position mit einer packenden Hintergrundgeschichte ist ein ungewöhnlich großer und gut erhaltener Satz von Tafelbesteck aus Vermeil.

Besteck Tafelbesteck Vermeil Auktion München Scheublein

Je zwölf Löffel, Gablen und Dessertmesser, Straßburg, 1782/83. Schätzpreis 2.800 Euro. 

Er geht auf eine Zeit zurück, in der sich die höfische Tischkultur im Wandel befand.

Porzellan und Besteck

Porzellanservice wurden erst nach der Gründung der Meissener Manufaktur 1710 allmählich auch zum Speisen benutzt; zuvor war Silber das bevorzugte Material für höfisches Essgeschirr gewesen.

Weitere Neuerung: Einheitliches Besteck

Auch nach einheitlichem Entwurf gestaltete Essbestecke setzten sich erst im Lauf des 18. Jahrhunderts in Europa durch. Weil die immer opulenter bemalten Porzellane die Gesamtwirkung der Tafel deutlich belebten, herrschte bei der Gestaltung der Besteckgedecke das ästhetische Prinzip der ,unité’ vor: Ornamentmuster und Konturführung sollten die in ihren Grundformen so unterschiedlichen Bestandteile Messer-Gabel-Löffel zu einem möglichst einheitlichen Gesamtbild zusammenführen. Bei dem vorliegenden Bestecksatz geschieht dies durch die elegante Verbindung von Muscheln und Fadenmustern.

Nur ein Fürst speist in Gold

Die Ausführung in Vermeil sowie der Umfang des Bestecks weisen darauf hin, dass es zur Ausstattung eines größeren Hofes gehört haben muss. Denn die Benutzung vergoldeten Bestecks war nach Auffassung des 18. Jahrhunderts einzig regierenden Fürsten vorbehalten.

Highlights der 43. Kunstauktion: Ein orientalischer Traum

Im Fokus der 43. Kunstauktion steht eine über hundert Positionen umfassende Privatsammlung mit orientalistischen Gemälden und Skulpturen sowie Kunsthandwerk aus dem Orient.

Im Geist durch die Wüste

„Und ist es wirklich war, Sidhi…?“ Mit diesen Worten beginnt eine Romanserie, die exemplarisch für die Orientrezeption im deutschsprachigen Raum des ausgehenden 19. Jahrhunderts steht und auch den Geist der vorliegenden Sammlung spiegelt. Karl Mays Orientzyklus um den deutschen Reisenden Kara Ben Nemsi und seinen treuen Diener Hadschi Halef Omar prägte das Bild vom Leben in den Ländern zwischen Marokkanischer Atlantikküste und Persischem Golf über Generationen hinweg.

Orientalismus Orientalist Gemälde Karawane Wüste Auktion München Scheublein

A. Amato, Karawane in der Wüste. Öl / Lwd., 50 x 85,5 cm. Schätzpreis 1.800 Euro. 

Dass der Autor zu dem Zeitpunkt, als er diese Romane schrieb, noch nie einen Fuß in ein orientalisches Land gesetzt hatte, sondern, wie sein Biograf Hans Wollschläger schreibt, die fernen Länder nur „mit der Seele gesucht hatte“, passt ins Bild.

Orientalist Orientalismus Landschaftsmalerei Auktion München Scheublein

Orientalist, 2. Hälfte 19. Jh., Blick auf eine nordafrikanische Küstenstadt. Öl/ Lwd., 52,5 x 79 cm. Schätzpreis 3.500 Euro.

Gerade im deutsch-österreichischen Raum, der zwar enge politische Beziehungen zum Osmanischen Reich pflegte, aber nicht als Kolonialmacht Präsenz zeigte, war der Orient eine Projektionsfläche für Wünsche und Sehnsüchte, romantische Phantasien und handfeste Abenteuer.

Orientalist Moschee Orientalismus Auktion München Scheublein

Fritz Baur, Moschee am Mittelmeer mit Figurenstaffage. Öl / Karton, 20,8 x 29.7 cm. Schätzpreis 600 Euro. 

Die Wahrheit? Stand hinter der Traumwelt zurück, die derjenige, der es sich leisten konnte, mit Bildern, Skulpturen und orientalischem Kunsthandwerk lebendig werden ließ. Dieses Bestreben prägt auch die vorliegende Sammlung.

Kulah Khud Helm Persien Auktion München Scheublein

Drei Kulah Khuds, Persien 19. Jhd. bzw. (links) Persien oder Indien, wohl 19. Jhd. Schätzpreis je 900 Euro. 

Schilde, Helme, Wasserpfeifen

Für die überzeugende Inszenierung eines orientalischen Raumes finden sich Moscheelampen mit fein gearbeitetem Durchbruchdekor, Schalen und Schatullen in Cairoware, Pfeifenköpfe, Schreibsets und andere Wohnaccessoires, aber auch kriegerische Objekte wie drei persische Kulah Khuds oder eine Reihe an „Sipar“-Rundschilde.

Cairoware Schatulle Orient Auktion München Scheublein

Große “cairoware”-Schatulle. Ägypten, 19./20. Jh. Messing. 30 x 42 x 23,5 cm. Schätzpreis 1.000 Euro.

Eine Gruppe von Figuren und Schautellern aus dem zwischen 1880 und 1930 beliebten Werkstoff Siderolith stellt Personal dar, das ebenfalls einem Karl May-Roman entsprungen sein könnte: Demutsvolle Wasserträgerinnen, Gaukler und heldenhafte Berber, die auf ihren Hengsten durch die Wüstendünen preschen.

Johann Maresch Siderolith Auktion München Scheublein.

Johann Maresch, Ende 19. / Anf. 20. Jh., Schauplatte: Beduine zu Pferd. Siderolith. Durchmesser 49 cm. Schätzpreis 500 Euro. 

Lasziver Luxus und Ruinen

Auch die Malerei schwelgt in der Weite der Wüstenlandschaften, der Buntheit der Städte, dem luxuriösen Lebensstil, aber auch in der Schönheit ägyptischer Ruinen, wie auch das Bild des Wasserpfeife rauchenden jungen Mannes ganz oben zeigt (Schätzpreis 1.800 Euro). Nicht einmal vor Ort gewesen sein mussten die Künstler, um Bilder zu schaffen, die als authentisch akzeptiert wurden.

Norbert Bittner Ägypten Auktion München Scheublein

Norbert Bittner, Palais de Qasim Bey à Caire. Aquarellierte Federzeichnung auf Bütten. 32 x 42 cm. Schätzpreis 1.000 Euro.

Ein Beispiel: Der auf Architekturdarstellungen spezialisierte Norbert Bittner (1786 – 1851), der seine aquarellierten Federzeichnungen auf der Grundlage von zeitgenössischen Stichsammlungen anfertigte. Doch selbst wenn die Maler den Nahen Osten bereist hatten, wie beispielsweise der Wiener Orientalist Alphons Leopold Mielich (1823 – 1929), spiegelte ihre Sicht stets nicht nur ihre Eindrücke und Erlebnisse, sondern auch das Traumbild in den Köpfen.

Alfons Leopold Mielich Auktion München Scheublein

Alphons Leopold Mielich, Orientalisches Stadtmotiv. Gouache, 16 x 10,5 cm. Schätzpreis 600 Euro. 

Sehnsucht nach dem Osten

Über hundert Jahre sind seitdem vergangen. Die Einstellung zum Orient hat viel von ihrem Glanz verloren und, dank fotografischer und filmischer Medien, an Realitätssinn gewonnen. Ein Hauch der alten Sichtweise aber täte heute ganz gut, findet die britische Journalistin Yasmin Ablihai-Brown. „In unserer globalisierten Welt (…) prallen Ost und West mit ihren unterschiedlichen Wertvorstellungen noch immer aufeinander und man vermisst bei Diskussionen um Burkas oder Minarette unsere ursprüngliche Faszination für diese fremden Kulturen.“

Alphons Leopold Mielich Auktion München Scheublein

Alphons Leopold Mielich (zugeschrieben), orientalische Straßenszene. Öl/Lwd., 19 x 31,5 cm. Schätzpreis 2.000 Euro.

Ein Blick auf ein Kunstwerk aus jener orientalistischen Tradition kann diese, zumindest ein Stück weit, wieder ins Gedächtnis rufen. Das erfuhr Ablihai-Brown selbst beim Rundgang durch eine einschlägige Ausstellung. „Alle meine Erwartungen zerbröselten, als ich mir ein Bild nach dem anderen anschaute und einige davon in meinen Augen nur eines offenbarten: den Ausdruck einer unerklärten Liebe weißer, christlicher Männer (…) zum Orient.“ Eine Liebe, wie sie auch die vorliegende Sammlung wieder neu zu erwecken vermag.

Am 15.11. ab 18 Uhr: Silent Auction mit jungen Künstlern

Seit sechs Jahren engagiert sich die Münchner Künstlergemeinschaft super + e.V.  für die Förderung junger, internationaler Künstler – sowohl in ihrer Centercourt Gallery Ecke Türken-/Adalbertstraße, wie auch mit dem super+Atelierhaus in der ehemaligen Trachtenfabrik Michael Unholzer in Moosach. Bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen hält sie in den Räumlichkeiten im Vorderhaus am 15.11. zwischen 18 und 21 Uhr eine Silent Auction mit Werken von zehn jungen Künstlern ab. Zu einer Liste sämtlicher angebotener Werke geht es hier.

Erlös finanziert Kunstprojekte

Das erzielte Geld geht zu einem kleineren Teil an die Künstler, zum Großteil trägt es zur Finanzierung weiterer Ausstellungsprojekte von super+, der Raummiete für den Centercourt sowie der Publikation von Katalogen bei.

Patrick Alt, Pruning (II) 11 von 14, 2018, 90 x 70 cm, Öl auf Leinwand

Silent Auction:  Wie geht das?

Anders als bei einer klassischen Auktion werden die Werke nicht einzeln aufgerufen und versteigert; stattdessen liegen bei allen Arbeiten Listen aus, in der jeder der Interessenten sein Gebot eintragen und bis 21 Uhr auch nachjustieren kann.

Christine Liebich, Dark Knight (xx), 2018, 120 x 80 cm, Stahl und Lack

Direkt nach Auktionsschluss werden die Gewinner ausgelobt und können die ersteigerten Kunstobjekte gegen Sofortüberweisung oder Barzahlung noch am gleichen Abend mit nach Hause nehmen.

Alexa von Arnim, Flight of the Phoenix, Mauritius I, 2018, 150 x 100 cm inkl. Rand, weiße Holzrahmung

Neben Werken der super+-Gründer Alexander Emil Deubl, Christian Muscheid und Konstantin Landuris sind unter anderem die Malerinnen Alina Birkner und Elisabeth Schmitt, der Graphiker Jens Schubert sowie die Fotografinnen Saskia Groneberg und Alexa von Arnim vertreten. Letztere präsentiert zwei Fotografien, die ihre LandArt-Aktion “Flight of the Phoenix” auf Mauritius dokumentieren.

Christine Liebich, Dark Knight (x), 2018, 120 x 80 cm, Stahl und Lack

Patrick Alt, Pruning (II) 11 von 14, 2018, 90 x 70 cm, Öl auf Leinwand

 

 

 

Nachlese Fundgrube-Auktion: Von Söldnern, Kutschern und dem Auge Gottes

Mit durch die Bank reger Beteiligung im Saal wie auch im Internet schloss die Fundgrube-Auktion vom 26. Oktober nach sechst packenden Stunden und 844 aufgerufenen Objekten. Besonders gut nachgefragt waren diesmal Silber und Schmuck; auch generell stieß das Angebot auf großes Interesse: Über 70 Prozent der Positionen wurden verkauft. Gleich zwei der Toplose stammten aus der Kategorie Fayence, weitere aus den Bereichen Skulpturen und Kunsthandwerk.

Eine Soldtruhe aus Eisen

Den höchsten Zuschlag erhielt eine zylinderförmige Soldtruhe mit einem in Eisen gearbeiteten, blaugrün gefassten und durch Bänder verstärkten Korpus. Sie wurde für 3.780 Euro* zugeschlagen.
Kassen, um die Soldaten zu bezahlen, wurden bereits seit dem späten Mittelalter von den Heeren mitgeführt, als sich zum einen die Geldwirtschaft gegen die zuvor weit verbreitete Naturalientauschwirtschaft durchsetzte und zum anderen die feudalen Lehensheere mehr und mehr von Söldnertruppen abgelöst wurden. Um diese zu bezahlen, mussten nun im Tross jedes Regiments große, gut verschließbare Kassen transportiert werden.

Soldtruhen bis zum 1. Weltkrieg in Gebrauch

Nach dem hauptsächlich durch Söldner ausgefochtenen 30-Jährigen Krieg etablierten sich zwar mit den Nationalstaaten auch allmählich stehende Heere, die die je nach Bedarf angeheuerten Landsknechtsverbände ersetzten. Dennoch bekamen bis zum ersten Weltkrieg nur Offiziere ein monatliches, fixes Gehalt. Unteroffiziere und Mannschaft erhielten ihren Sold weiterhin in bar aus der Regimentskasse ausbehalt.
Was genau sich in der vorliegenden Soldtruhe befindet, wird auch dem neuen Besitzer Rätsel aufgeben: Zwar befindet sich in der Mitte der Oberseite ein zentrales Schlüsselloch. Der Schlüssel dazu aber verlor sich in den Wirren der Zeit.

Der Ranzen eines Kutschers

Ein mit Metallstiften dekorierter Ranzen sowie zwei paar Hosenträger mit Federkielstickerei kletterten bis auf 2.770 Euro*, bevor der Hammer fiel. Das Hauptinteresse der engagierten Bieter galt dabei mutmaßlich dem überaus aufwendig gearbeiteten Ranzen.

Soldtruhe Ranzen Auktion München Scheublein

Ranzen und zwei Paar Hosenträger mit Dekor aus Metallstiften bzw. Federkielstickerei.
Ergebnis: 2.770 Euro*.

Ranzen waren einst Geldgürtel

Kunstvoll verzierte Gurte wie dieser wurden ursprünglich von Schiffern, Flößern und Viehhändlern, aber auch von Fuh leuten als Geldgürtel getragen. Die Motivik des Dekors, das unter anderem auch Pferdekutschen zeigt, könnte ergo auf den Berufsstand des ursprünglichen Besitzers hinweisen.

Gleich zwei Toplose aus dem Bereich Fayence

Unter der Liste der Top-Zuschläge ist die Kategorie Fayence gleich zwei mal vertreten: Zum einen mit italienischen Apothekerflaschen aus Majolika, die möglicherweise um 1570/80 in Venedig entstanden. Die beiden mit Porträtmedaillons, Ranken und Blüten verzierten Gefäße erlösten 2.140 Euro*.

Soldtruhe Apothekerflaschen Venedig Auktion München Scheublein

Zwei Apothekerflaschen, Italien, möglicherweise Venedig um 1570/80, Majolika.
Ergebnis: 2.140 Euro*.

Zwei ebenfalls aus Italien stammende Henkelkrüge mit Doppelkopf-Adlern, von denen einer die Jahreszahl 1778 trägt, wurden für 1.760 Euro* verkauft.

Soldtruhe Henkelkrüge Fayence Doppelkopfadler Auktion München Scheublein

Zwei Henkelkrüge mit Doppelkopfadlern, Italien, Fayence. Ergebnis: 1.760 Euro*.

Das Auge Gottes wacht

Zum Highlight bei den Skulpturen entwickelte sich ein geschnitztes und gefasstes „Auge Gottes“ im Barockstil, das sich im Verlauf eines packenden Bietergefechts von 400 Euro Schätzpreis bis auf 1.510 Euro* steigerte.

Soldtruhe Auge Gottes Barock Auktion München Scheublein

Das Auge Gottes mit Wolkenkranz und Puttenköpfen. Holz geschnitzt, farbig und gold gefasst.
Ergebnis: 1.510 Euro*.

Uralter Bildtypus

Die Darstellung greift einen Bildtypus auf, der schon in vorchristlichen Mythologien anzutreffen ist und vor allem seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Einzug in evangelische wie auch katholische Kirchenausstattungen hielt. Das in ein Dreieck eingebettete, von einer Gloriole umstrahlte menschliche Auge wurde vor allem durch die 1682 erschienene Werkausgabe der Schriften des pantheistischen Mystikers Jakob Böhme (1575 – 1624) populär.

Freimaurer und Dollarzeichen

Dort ist das mit Dreieck und Lichtkranz dargestellte „Auge Gottes“ unter anderem auch von Symbolen mit alchemistischer Bedeutung umgeben. Hierin wurzelt nicht nur die rein religiöse, sondern auch die anderweitige Benutzung des Motivs durch die Freimaurer, und sogar auf der Rückseite des Siegels der Vereinigten Staaten von Amerika. Seit 1935 ziert es auch die Rückseite der ,Ein-Dollar-Note‘. Die in der Fundgrube-Auktion am 26. Oktober verkaufte Darstellung mit ihren Putten und Wolkenbändern und der eingearbeiteten Platte zum Abstellen einer Monstranz ist indes rein dem christlich- religiösen Kontext zuzuordnen.

 

Highlights Fundgrube-Auktion: Malerei aus Russland

In eine Epoche, die nur auf den ersten Blick
ein idyllisches Russland widerspiegelt, entführt
ein mit 600 Euro Schätzpreis angesetztes,
mit Andrejeff signiertes Gemälde:
„Pferdeschlitten, von Wölfen verfolgt“.

In höchster Not

Das
Bild zeigt, in pittoresker Winterlandschaft,
eine höchst dramatische Szene: Ein von
drei Pferden gezogener, von seiner Aufmachung
her sichtlich bäuerlicher Schlitten
wird von hungrigen Wölfen angegriffen.
Die beiden Kutscher wehren sich in höchster
Not – der vordere versucht, das äußerste
an Geschwindigkeit aus den erschöpften
Pferden herauszuholen, der hintere hat gerade
den ersten Wolf mit der Flinte niedergestreckt.
Doch schon springt von der Seite
ein zweiter Wolf auf die rasenden Pferde
zu.

Gemälde Andrejeff, “Pferdeschlitten von Wölfen verfolgt” (Bildausschnitt). Schätzpreis: 600 Euro.

Szenarien wie dieses, die die Schönheit
der russischen Landschaft, aber auch die
Härte des Lebens der unteren Bevölkerungsschichten
thematisieren, waren typisch
für den Realismus jener Künstler des
späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts,
die sich rund um die Künstlervereinigung
„Peredwischniki“ (deutsch: die Wanderer)
formierten.

Das einfache Volk im Fokus

Sie rückten statt Historien und
hehren Adelsszenarien die einfachen Leute
in den Blickpunkt ihrer Kunst, vor allem die
ländliche Bevölkerung und die Bauern. Diese
waren zwar durch die Reformen Alexanders
II. 1861 der Leibeigenschaft enthoben
worden und erhielten sogar etwas Land.
Dessen Erträge reichten aber nicht aus, um
ihre bittere Armut zu lindern.

Folgen der kleinen Eiszeit

Gleichzeitig hatte sich, wie Josef Reichholf
in seiner „Kurzen Naturgeschichte des
zweiten Jahrtausends“ darlegt, die Fauna
in Russland von den Entbehrungen der
,Kleinen Eiszeit‘ im 19. Jahrhundert noch
nicht so weit erholt, dass Wölfe in den entbehrungsreichen
Wintern im Wildbestand
ausreichend Nahrung gefunden hätten.

Hungrige Wölfe

Zu leiden hatten vor allem die darbenden
Bauern. Denn die Wölfe fielen immer wieder
gezielt große Nutztiere an, von deren
Fleisch ein ganzes Rudel satt wurde.
Auch Überfälle auf Schlitten waren so häufig,
dass sie sich als immer wieder auftauchendes
Bildmotiv etablierten.

Highlights Fundgrube-Auktion: Eine Malerin aus Stuttgart

Ein breites Angebot an Silber, Möbeln und Schmuck bildet den Kern der herbstlichen Fundgrube-Auktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen am 26. Oktober. Trouvaillen für den kleinen Geldbeutel gibt es jedoch quer durch alle Kategorien, von Asiatika bis zu Teppichen.

Zwei Porträts aus der Hand der schwäbischen Malerin Louise Henriette von Martens (1828 – 1894) gehören zu den Highlights bei den Gemälden des 19. Jahrhunderts. Das Herren- und das Damenbildnis sind typisch für den minutiösen Stil der für ihre Zeit ungewöhnlich produktiven Künstlerin.

Martens Porträt 19. Jh. Scheublein

Louise Henriette von Martens, Herrenporträt. In einem Los angeboten mit dem oben gezeigten Damenporträt. Signiert und datiert 1877. Schätzpreis: 600 Euro.

Ausbildung an der “Damenakademie”

Mangels Möglichkeiten, als Frau direkt an einer Kunstakademie studieren zu können, ging die junge Stuttgarterin nach Düsseldorf, um sich als Privatschülerin bei dem Historien- und Porträtmaler Karl Ferdinand Sohn (1805 – 1867) ausbilden zu lassen.

Ungewöhnlich produktive Malerin

Nach Stuttgart zurückgekehrt, schuf Martens neben einigen Naturstudien und Genreszenen über 400 Porträts vor allem für Kunden aus dem gehobenen Bürgertum. „Es scheint bezeichnend“, schreibt der auf Württemberger Künstler spezialisierte Kunsthistoriker Werner Fleischhauer, „dass gerade ältere Leute gesellschaftlich gehobener, vornehmer Stellung und gepflegter Lebensart diese Künstlerin und ihre Malart bevorzugten.“