41. Kunstauktion: Blumengemälde von Klaus Fußmann

In der Auktion am 29. Juni bietet SCHEUBLEIN Art & Auktionen auch 58 Positionen mit Kunst nach 1945 an. Unter den Highlights sind, neben sieben Positionen mit Blättern aus dem kurz nach Pablo Picassos Tod herausgegebenen Mappenwerk “Hommage à Picasso”, ein Ölgemälde und ein Aquarell mit Blumendarstellungen, die Klaus Fußmann (*1938) unter freiem Himmel malte. Das Ölbild “Blumengarten”, rechts unten signiert und datiert (19)92 (oben) wird mit einem Schätzpreis von 14.000 Euro aufgerufen.

Anfänge der Plein-Air-Malerei

Es war zunächst im England des frühen 19. Jahrhunderts, wenig später dann auch in Frankreich: Maler packten ihre Staffeleien, Farben und Leinwände und schleppten sie aus ihren Ateliers nach draußen, in Gärten, Felder und Wälder, an Seen und Flussläufe, wo sie das Spiel von Licht und Natur so prägnant wie möglich einfingen.

Klaus Fußmann begründet einen neuen Trend

Dass es im Norden Deutschlands nun einen ganz neuen Trend zur Plein Air-Malerei gibt, für den vor allem jüngere Künstler wie Christopher Lehmpfuhl oder Ben Kamili stehen, ist vor allem einem Mann zu verdanken: Klaus Fußmann. Der vor 80 Jahren in Velbert im Rheinland geborene Künstler ließ sich Mitte der 70-er Jahre in Gelting an der Schleswig-Holsteinischen Ostseeküste nieder; etwa zur gleichen Zeit wurde er auch zum Professor für Malerei an der Berliner Hochschule der Künste berufen. Schon vorher hatte Fußmann – ungeachtet der heftigen Diskussionen und anti-malerischen Kunstströmungen dieser Zeit – Dinge gemalt, die vollkommen aus dem Zeitgeist gefallen zu sein schienen: Stillleben und Landschaften. Nach seinem Umzug an die Ostsee verbrachte er ungezählte Stunden am Strand und in seinem Garten, und ging in Punkto Konventionalität bei der Motivwahl noch einen Schritt weiter: Er widmete sich, in Aquarellen wie in Ölgemälden, Blumen.

Klaus Fußmann auktion München Scheublein Aquarell

Zu den Highlights der 41. Kunstauktion gehört, neben dem großen Ölgemälde “Blumengarten” auch ein Aquarell aus der Hand von Klaus Fußmann mit Mohnblüten. Schätzpreis: 400 Euro.

Gerade hierin aber gelang Fußmann ein Spagat, der viele Diskussionen und Strömungen der Sechziger bis Achtziger Jahre in sein Arbeiten einbezog: Seine Blumenbilder sind gegenständlich und abstrakt zugleich, populär bei den Betrachtern, begehrt bei den Sammlern, und unkonventionell in ihrer Entstehung: Die Malweise, besonders in Öl, erinnert an Tachismus und Action Painting, und der Farbauftrag ist so pastos, dass Stiele und Blütenblätter dastehen wie modelliert. Als er einmal von einem kritischen Geist gefragt wurde, was denn an einem solchen Blumenbild Kunst sein solle, antwortete Klaus Fußmann schlicht: “Alles”.

 

41. Kunstauktion: Der Porzellan-“Agent” Claudius Innocentius Du Paquier

Zu den Highlights der 41. Kunstauktion, Kategorie Porzellan, zählen drei Positionen mit Wiener Porzellan von Claudius Innocentius Du Paquier (1679 – 1451). Doch nicht nur allein die Koppchen und Teller mit Schwarzlotmalerei oder rötlichen Dekoren üben eine große Faszination aus. Auch die Lebensgeschichte des Porzellanpioniers liest sich packend wie ein Agentenroman und erzählt zugleich auch viel über die Frühzeit der Porzellanproduktion in Europa.

Geheimsache ,weißes Gold’

“Hofkriegsagent” – ein  solcher Titel spricht nicht unbedingt für ein Leben, das um um schöne und luxuriöse Dinge kreist. Und doch brauchte der Begründer der Porzellanherstellung in Wien, Claudius Innocentius Du Paquier  die Fähigkeiten eines Meisterspions, um 1719 seinem Ziel überhaupt nahe zu kommen. Bis dahin gab es in ganz Europa nur einen Ort, an dem „weißes Gold“ hergestellt wurde, das dem großen Vorbild – aus China importiertem Porzellan – gleichkam: Meissen. Dort hatte Johann Friedrich Böttger 1710 im Auftrag Augusts des Starken das weltweit erste weiße Hartporzellan erzeugt. Dessen Zusammensetzung, das „Arcanum“, blieb ein Geheimnis, dessen Verrat mit strengsten Strafen belegt war.

Die Albrechtsburg in Meißen, auf einem Stich aus dem Jahr 1856 aus dem Album der Sächsischen Industrie, Bd. 1. Das spätgotische Schloss beherbergte ab 1710 für 150 Jahre die Meissener Porzelanmanufaktur.

Eine Flucht bei Nacht und Nebel

Dennoch gelang es ihm 1719, mit Samuel Stölzl einen der Träger des Fabrikationsgeheimnisses abzuwerben, in einer Nacht- und Nebelaktion aus Sachsen herauszuschmuggeln und nach Wien zu bringen, wo er eine eigene Porzellanmanufaktur errichtete. Das Monopol Meissens war gebrochen. Doch nach ersten Exporterfolgen in die Türkei geriet du Paquiers Manufaktur in finanzielle Schwierigkeiten, die mühsam angeheuerten Mitarbeiter warfen hin, Stölzl kehrte nach Meissen zurück, nicht aber, ohne vorher alle Modelle kurz und klein geschlagen und sämtliche Materialvorräte unbrauchbar gemacht zu haben.

Porzellan DuPaquier Du Paquier Auktion München Scheublein

Koppchen und Untertasse, Du Paquier, Wien, um 1730/35 mit Dekoren in Rot- und Purpurtönen. Schätzpreis: 1.000 Euro

Neuanfang in Eigenregie

Allerdings hatte sich Claudius Du Paquier inzwischen selbst genug Kenntnisse in der Porzellanherstellung angeeignet, um auf eigenen Füßen einen Neuanfang zu wagen. Ein neuer Geldgeber finanzierte eine Manufaktur mit mehreren Brennöfen und zwanzig Mitarbeitern in der Wiener Vorstadt Rossau. Mit dem Neustart verbesserte Du Paquier nicht nur die Qualität seines Porzellans, er entwickelte auch neue Dekore, teilweise noch nach chinesischem Vorbild, teilweise bereits mit „europaeischen Blumen“.

Porzellan Du Paquier Auktion München Scheublein

Teller mit Schwarzlotmalerei, Du Paquier, um 1730/35. Schätzpreis 600 Euro

Vorsprung im Konkurrenzkampf

Dieser Dekorwandel bedeutete im Konkurrenzkampf mit Meissen einen stilistischen Vorsprung: die Sachsen verzierten ihre Objekte zu dieser Zeit noch mit „indianischen“, an chinesischen Vorbildern orientierten Blumen. Das Farbspektrum der Wiener Manufaktur, wie sich auch an oben gezeigtem Koppchen und Untertasse gut beobachten lässt, wurde vor allem von Orange- und Rostrot-Tönen dominiert. Dazu kamen Dekore in Schwarlzotmalerei.

Porzellan DuPaquier Du Paquier Auktion München Scheublein

Koppchen von Du Paquier, Wien, um 1730, mit goldgehöhter Chinoiserie-Schwarzlotmalerei. Schätzpreis 600 Euro.

Porzellan als Prestigeobjekt

Einen herausragenden Einblick in die Arbeit von Du Paquiers Manufaktur gewährt das von ihr zwischen 1720 und 1735 ausgestattete Porzellanzimmer des Palais Dubsky in Brünn, das heute zu den Glanzstücken des MAK in Wien zählt. Als sich in den 1740er Jahren erneut finanzielle Schwierigkeiten abzeichneten, entschloss sich Claudius Du Paquier, die Manufaktur Kaiserin Maria Theresia zum Kauf anzubieten.

Das Porzellanzimmer aus dem ehemaligen Palais Dubsky in Brünn, 1720 – 1740, heute im MAK Wien. Bildquelle: Wikimedia.

Im Dienst der Kaiserin

Sie willigte, obwohl sie sich mitten im österreichischen Erbfolgekrieg befand, ein, da das im aufgeklärten Absolutismus vorherrschende ökonomische Prinzip des Merkantilismus Herrschern nahelegte, große oder besonders spezialisierte Gewerbebetriebe unter staatliche Führung zu stellen. Du Paquier musste mit diesem Schritt zwar die Herstellungsgeheimnisse preisgeben, behielt aber die Oberaufsicht über die Porzellanmanufaktur. Sie bestand bis zum Jahr 1864, bevor sie in Anbetracht der großen Konkurrenz aus Böhmen aufgelöst wurde.

41. Kunstauktion: Altmeister präsentieren ungewöhnliche Sicht auf Adam und Eva

Im Blickpunkt bei den Alten Meistern stehen bei der Kunstauktion am 29. Juni Gemälde, die sich mit der Geschichte von Adam, Eva und ihren Nachkommen beschäftigen. Das Besondere bei sämtlichen dieser Bilder ist ihre ungewöhnliche ikonographische Herangehensweise. Das Toplos ist eine Darstellung von Adam und Eva mit Kain und Abel aus dem Italien des 17. Jahrhunderts (Schätzpreis 12.000 Euro). Am 24. März 1961 wurde es bei Christie’s, London, als Guercino angeboten.

Adam und Eva in familiärer Idylle

Hier ist das erste Menschenpaar weder beim Sündenfall noch bei der Vertreibung aus dem Paradies oder aber beim Beklagen der Ermordung Abels durch Kain gezeigt, sondern in einer fast arkadisch anmutenden Szene mit beiden Söhnen in frühkindlichem Alter.

Altmeister Italien Adam Eva Guercino Auktion München

Adam und Eva mit Kain und Abel, Detail: Eva mit den beiden Kindern. 

Der auf die italienische Malerei des 17. Jahrhunderts spezialisierte Kunsthistoriker Erich Schleier betont in einem Aufsatz über eine der wenigen vergleichbaren Darstellungen aus der Hand von Nicola Vaccaro (1640 – 1709) nicht nur die Seltenheit dieser Motivwahl, sondern auch, dass Eva durch diesen Bildtypus in die Nähe zu römischen Gottheiten wie Diana, Venus, Juno und Minerva gerückt wird.

Aus dem Paradies in den Olymp

Auch bei dem vorliegenden Bild ist eine solche Querverbindung sowohl für Eva wie auch für Adam mehr als denkbar.

Altmeister Italien Adam Eva Guercino Auktion München

Adam und Eva mit Kain und Abel, Detail: Adam.

Bemerkenswert ist weiterhin, dass über dieser ersten Familie der Menschheitsgeschichte scheinbar nichts von der finsteren Mühsal lastet, die Adam und Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies erwartete.

Erfüllende Freiheit

Stattdessen wirkt die Szene entspannt und ungezwungen, fast schon im Sinne jener erfüllenden Freiheit, die der englische Schriftsteller John Milton in seinem 1667 entstandenen Epos “Paradise Lost” den aus dem Paradies vertriebenen ersten Menschen mit auf den Weg gibt: “Vor ihnen lag die ganze Erde, ihren Ort zu wählen, von Gottes Vorsehung geführt.”

Serie: Von der Erschaffung Adams zu Kain und Henoch

Auch ein weiteres Highlight unter den Altmeistern beschäftigt sich mit Sequenzen aus der Schöpfungsgeschichte: Vier Gemälde, wohl aus dem 17. Jahrhundert, entstanden nach Stichvorlagen von Johann Sadler (1550 – 1600 / 1608), der seinerseits Marten de Vos’ (1532 – 1603) Serie “Boni et mali scientia / Die Geschichte der ersten Menschen” aus dem Jahr 1583 graphisch umsetzte. Dargestellt sind, jeweils in Simultandarstellungen, vier Passagen der Schöpfungsgeschichte:

Altmeister Erschaffung Evas Sadeler de Vos Auktion München Schäublein

Aus einer Serie von vier Gemälden, die sich auf Kupferstiche von Johannes Sadeler nach Marten de Vos gründen: Erschaffung der Eva.

Bei der “Erschaffung der Eva” ist links im Hintergrund Gottvater bei der Erschaffung der Tiere sowie rechts im Hintergrund bei der Erschaffung Adams zu sehen.

Sündenfall Altmeister de Vos Sadeler Auktion Scheublein München

“Der Sündenfall” zeigt vorne Adam und Eva, wie sie ihre Scham bedecken, während im Hintergrund dargestellt ist, wie die Schlange im Baum Eva, und diese dann Adam die verbotene Frucht anbietet.

Opfer Kain Abel Sadeler de Vos Auktion München Scheublein

Das Opfer Kains und Abels.

Das “Opfer Kains und Abels” zeigt im Vordergrund die nur kümmerlich brennende Opferstätte Kains, im Hintergrund das prachtvolle Opfer Abels, sowie rechts im Hintergrund Szenen zur Vorbereitung der Opfer  sowie in der Mitte, direkt hinter der Rauchsäule Abels, den Brudermord.

kain Henoch Sadeler de Vos Auktion München Scheublein

Kain gründet die Stadt Henoch.

Auch dieses Motiv ist eine ikonographische Besonderheit: Nur selten wird das weitere Los Kains nach dem Mord an seinem Bruder Abel überhaupt dargestellt. Nach der Genesis wurde Kain nach seiner Tat von Gott verflucht: “Der Herr sprach: Was hast du getan? Das Blut deines Bruders schreit zu mor vom Ackerboden. So bist du verflucht, verbannt vom Ackerboden, der seinen Mund aufgesperrt hat, um aus deiner Hand das Blut deines Bruders aufzunehmen. Wenn du den Ackerboden bestellst, wird er dir keinen Ertrag mehr bringen. Rastlos und ruhelos wirst du auf der Erde sein.”  Trotz dieses Fluchs gelingt es Kain, eine Familie zu gründen und in einer unfruchtbaren Gegend sesshaft zu werden; sein Geschlecht wendet sich der weltlichen Kunst und der Wissenschaft zu. Für seinen Sohn Henoch baut Kain schließlich eine Stadt, die er nach ihm benennt. Dieser mühevolle Städtebau, und im Vordergrund Kain und sein Sohn, sind hier dargestellt.

Jedes der vier Gemälde wird zu einem Schätzpreis von 2.000 Euro angeboten.

41. Kunstauktion: Skulpturen des spanischen Siglo d’Oro

Im Blickpunkt bei den Skulpturen stehen in der 41. Kunstauktion bildplastische Werke aus dem Spanien des Siglo d’Oro, allen voran zwei Reliefs, die Szenen aus der Leidensgeschichte Christi darstellen (Schätzpreis 8.000 Euro). Sie sind in vielerlei Hinsicht symptomatisch für die Skulptur dieser Zeit auf der iberischen Halbinsel.

Im Sinn der Gegenreformation

Denn plastische Kunst stand, noch wesentlich stärker als die Malerei der iberischen Halbinsel, in der Tradition der nach dem Konzil von Trient 1563 lancierten Bildprogramme der Gegenreformation. Aus diesem Ansatz entwickelte sich in Spanien eine vollkommen eigene gestische wie auch technische Formensprache.

Die Emotionen der Heiligen miterleben

Der Zielsetzung, die emotionalen Zustände von Christus, Maria und den Heiligen zu veranschaulichen, von der erhabensten Liebe bis zur tiefsten Qual, und somit das Verständnis für das Mysterium des Glaubens zu erweitern, folgte bereits die Wahl von Werkstoff und Technik: Mit keinem anderes Material lassen sich so realistische Effekte erzielen wie mit gefasstem Holz.

Detail des Judasskuss-Reliefs, das gemeinsam mit der Darstellung der Geißelung Christi zum Schätzpreis von 8.000 Euro angeboten wird.

Dies zeigt sich auch an den vorliegenden Reliefs, die den Judaskuss und die Geißelung Christi zeigen: Die Gewandfalten sind überaus plastisch ausgearbeitet, Stoffmuster und sogar Webstrukturen mit äußerster Detailgenauigkeit aufgemalt. Selbst die Stiefel der Folterknechte bei der Geißelung sind mit winzigen Kreisen überzogen, so dass sie wirken, als wären sie wirklich aus Leder.

Angst und Stärke

Auch Christi Qualen sind, buchstäblich präzise bis zum letzten Blutstropfen, dargestellt; das Gesicht des Heilands, in keinster Weise idealisiert, fächert eine ganze Bandbreite an Emotionen auf, von der Angst vor dem Kommenden über innere Stärke bis zur stillen Ergebenheit in den vorgegebenen Weg. „Der Realismus in der Kunst“, schreibt Manuel Arias Martinez in seinem Aufsatz über spanische Skulptur zur großen Siglo d‘Oro-Wanderausstellung von 2016, wird „zu einem Instrument des religiösen Eifers“.

Weitere Skulpturen aus dem Umkreis Spaniens

Muttergottes Satan Skulptur Spanien Auktion Scheublein

Thronende Muttergottes, den Satan bezwingend, wohl Spanien, 18. Jh., Holz geschnitzt, mt eingesetzten Glasaugen. Der Schätzpreis liegt bei 2.800 Euro.

Sebastian Spanien Skulptur Auktion Scheublein München

Heiliger Sebastian, Spanien (?), 17. Jahrhundert. Der Schätzpreis liegt bei 2.500 Euro. 

41. Kunstauktion: Ausgesuchte Jugendstil-Keramik

Wer an Gattungen des Kunsthandwerks denkt, in denen die Epoche des Jugendstil nicht nur stilistisch, sondern auch im künstlerischen Werkprozess einen Meilenstein setzte, hat als erstes Glas vor Augen. Doch auch die Herstellung von Steinzeug und Keramik erfuhr zur Zeit der Belle Epoque eine tiefgründige Wandlung. Dies ist auch an fünf Keramikobjekten abzulesen, die in der 41. Kunstauktion bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen zu moderaten Schätzpreisen angeboten werden.

Vorbilder aus Asien

Highlight dieser Keramikofferte ist eine kleine Jugendstil-Vase, die um 1900 im Atelier de Glatigny entstand. Sie reflektiert deutlich einen Trend, der sich seit 1878, und noch massiver 1889 etablierte: In beiden Jahren wurden japanische Keramiken auf den Weltausstellungen in Paris vorgestellt. Diese arbeiten waren formal wesentlich schlichter als die mit üppigem Zierrat geschmückten Gefäße, die während des Historismus in Europa in Mode waren, und bildeten, vor allem auch durch luzide, überlaufende Glasuren, eine nie gesehene Einheit zwischen Form und Dekor.

Jugendstilkeramik Atelier Glatigny Auktion München Scheublein

Vase mit blau-grauer Glasur und Silbermontierung aus dem Atelier de Glatigny. Schätzpreis 400 Euro.

Verklärte Natur

Vor allem durch die Arbeit mit Lüsterglasuren entstanden Keramikobjekte, die zwar in ihrer Formgebung Naturelementen wie Blättern, Blüten oder Tangstreifen entlehnt waren, durch die wie gehaucht wirkenden Glasuren aber viel von ihrer abbildenden Gegenständlichkeit verloren und an athmosphärischer Darstellungskraft gewannen.

Veränderter Werkprozess

Diese neue Gestaltungsweise bedingte allerdings, dass der bisherige Werkprozess, der oft darin bestand, dass ein – gerne fachfremder – Künstler ein Gefäß entwarf, das dann von einer Manufaktur ausgeführt wurde, in einer Hand zusammenlaufen musste. Der entwerfende Künstler brauchte nicht nur formale Kenntnisse, sondern musste sich auch mit den Möglichkeiten von Massen und Glasuren extrem vertraut sein. Dies führte dazu, dass sich die Produktion von Jugendstilkeramik stark in die Ateliers einzelner Künstler verlagerte.

Die Manufaktur als Atelier

An diesem Punkt setzte das Atelier de Glatigny an, das in dem kleinen Ort bei Versailles 1890 von einer Gruppe von Künstlern, Töpfern und auf Glasuren spezialisierten Chemikern gegründet wurde. Zielsetzung der ehrgeizigen Unternehmung war, im Manufakturbetrieb Porzellan- und Fayenceobjekte herzustellen, die den kunstvollen Einzelstücken aus den privaten Ateliers gleichkamen.

Neben Porzellan auch Keramik

Zwar lag das Hauptaugenmerk des Ateliers de Glatigny auf der Produktion von Porzellan. Daneben wurden aber auch in limitierten Editionen Keramiken aufgelegt, für deren Glasuren mti Substanzen aus Afrika und dem südpazifischen Raum experimentiert wurde. Nicht wenige dieser Vasen, so auch das bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen zum Schätzpries von 400 Euro angebotene Objekt, wurden nach dem Brand durch den Pariser Silberschmied und Juwelier Lucien Gaillard mit einer Silbermontierung versehen.

Weitere Jugendstil-Keramik aus der 41. Kunstauktion

Jugendstilkeramik vegetabile Formen Frankreich Auktion Scheublein München

Kännchen, Frankreich, Anfang 20. Jahrhunderts, in vegetabilen Formen, die an Seerosenblätter erinnern; auf dem Deckel ist ein Frosch modelliert. Schätzpreis 200 Euro. Jugendstil keramik Cachepots Scheublein München Auktion.

Ein Paar Cachepots mit durchbrochener Schulter und floralem Umdruckdekor. Schätzpreis: 100 Euro.

Vase Jugendstilkeramik Friedrich Goldscheider Scheublein Art & Auktionen München

Vase von Friedrich Goldscheider, Wien, ca. 1900 – 1920. Schätzpreis 300 Euro. 

Jugendstilkeramik Ernst Wahliss Scheublein Auktion München

Reliefbildnis einer jungen Frau von Ernst Wahliss, entstanden um 1900 in Turn-Wien. Schätzpreis: 150 Euro. 

41. Kunstauktion: Ein Ausflug in die Auktionsgeschichte

Zu den interessantesten Objekten aus dem Angebot der 41. Kunstauktion zählen zwei Gemälde des in London lebenden Japaners Nozomu Ishiyama aus dem Jahr 1978 (Schätzpreis: je 1.200 Euro). Denn an ihnen lässt sich deutlich ablesen, wie sehr sich der Kunstmarkt in den letzten vierzig Jahren gewandelt hat.

Im Schlaraffenland der Klassischen Moderne

Was heute zu einer hochtechnisierten Veranstaltung geworden ist, mit einer Vielzahl an Interessenten im Saal, und Internet-Teilnehmern rund um den Erdball, war damals einem kleinen, sehr elitären Sammlerkreis vorbehalten, dem sonore Herren mit weißen Handschuhen die zu ersteigernden Pretiosen präsentierten. Entsprechend erlesen sind auch die Gemälde an den Wänden – nach heutigem Empfinden ein Schlaraffenland des Surrealismus und der Klassischen Moderne: Dalìs „Mae West“, Miròs „Bleu II“, Mondrians „Komposition II“ von 1929, Werke von Hartung und Poliakoff, dazwischen auch mal ein Turner…

Auktion Geschichte Kunsthandel 20. Jahrhundert Scheublein München Kunstauktion

Ausschnitt aus dem oben gezeigten Gemälde “Auktion bei Christie’s, London” von Nozomu Ishiyama. Dargestellt sind zwei Ikonen der Malerei des 20. Jahrhunderts: Dalìs Mae West (links) und Piet Mondriaans Komposition II von 1929.

In die Welt der Auktionshäuser wurde Nozomu Ishiyama durch seinen Galeristen eingeführt; der 1945 in Kyoto geborene Maler hatte sich nach einer ausgedehnten Europareise 1976 in London niedergelassen. In den Auktionssälen von Sotheby‘s und Christie‘s fertigte Ishiyama unzählige Skizzen an, die er später zu den vorliegenden Ölgemälden verwob.

Ein Höhenflug des Kunstmarkts

Die Zeit, in der sich der Künstler mit dem Thema Auktionen auseinandersetzte, hätte spannender nicht sein können. Ende der 1970er Jahre setzte der internationale Kunstmarkt zu einem nie dagewesenen Höhenflug an. Hauptbeteiligte an dieser bis heute legendären Preisentwicklung waren Sammler aus Japan: Sie waren, dank Wirtschaftswachstumsraten von bis zu 11 Prozent, schon seit den 1960er Jahren immer häufiger auf dem internationalen Parkett vertreten. 1969 hielt Christie‘s die erste Auktion in Tokio ab. Es folgten nicht nur weitere Versteigerungen im Land, sondern auch ausgedehnte Ausstellungstourneen mit Werken des Impressionismus und der Klassischen Moderne, die die Kunstbegeisterung in Japan immer weiter anheizten. Allein zwischen 1973 und 1987 entstanden dort an die 500 Museen für Kunst aus Europa.

Auktion Darstellung Braque Miro Scheublein Kunstauktion München

Ein weiteres Detail aus Ishiyamas Darstellung einer Auktion bei Christie’s: Dargestellt sind ein kubistisches Gemälde von Georges Braque (links) und  Joan Miròs “Bleu II”.

Den Gipfelpunkt erreichte dieser bis heute unvergleichliche internationale „Kunst-Rush“ im Mai 1990 mit vem Verkauf von Renoirs „La Moulin de la Galette“ für 78,10 Millionen und van Goghs „Porträt des Dr. Gachet“ für 82,5 Millionen US-Dollar. Käufer war in beiden Fällen der japanische Industrielle Ryoei Saito.

Vor dem freien Fall

Danach erlebte der internationale Kunstmarkt eine drastische Rezession. Über zehn Jahre sollte es dauern, bis das Preisniveau von 1980 wieder erreicht wurde.

Ishiyamas Bilder führen zurück in die Zeit vor dieser „Kunst-Blase“, zu der der Blick auf Kunstauktionen noch geprägt war von ungetrübter Faszination.

Auktion Geschichte Kunsthandel 20. Jahrhundert Kusntauktion Scheublein München

Eine weitere Auktionsdarstellung von Nozomu Ishiyama:  “Sotheby’s SaleRoom”, ebenfalls London, 1978, mit Darstellungen von Gemälden u.a. von Hans Hartung, Serge Poliakoff und William Turner. Der Schätzpreis liegt auch hier bei 1.200 Euro.

Toplose der Fungrube-Auktion: Delftware, Volkskunst und mehr

Mit durch die Bank reger Beteiligung im Saal wie auch im Internet schloss die Fundgrube-Auktion vom 4. Mai gegen 19.30 Uhr nach fünfeinhalb packenden Stunden. Quer durch alle Kategorien von Silber über Kunsthandwerk und Möbel bis zu Altmeistern und Gemälden des 19. Jahrhunderts herrschte großes Interesse: Über 70 Prozent der knapp 800 Positionen wurden verkauft. Besonders gefragt waren diesmal unter anderem Objekte aus dem Umfeld der Volkskunst.

Eine Rarität: Delftware aus der 2. Hälfte des 17. Jh.

Zum spannendsten Los der Auktion allerdings entwickelte sich eine 21 cm hohe Fayencekanne mit Zinnglasur und blauem Chinoiserie-Dekor. Sie kletterte im Verlauf eines hitzigen Bietergefechts bis auf 3.780 Euro* Das gefragte Stück wurde wohl in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in London hergestellt, als „delftware“, die in Anlehnung an niederländische Fayence zwischen dem späten 16. und dem ausgehenden 18. Jahrhundert in England überaus beliebt war.

Delftware à la mode

Nachdem sich die Produktion zunächst auf Alltagsgegenstände wie Schüsseln, Krüge oder Apothekergefäße konzentriert hatte, änderten sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Schwerpunkte: In den Manufakturen wurde nun feineres Tafelgeschirr hergestellt, das sich im Dekor am Faible der gehobenen Gesellschaftsschichten für das aus China importierte Porzellan orientierte.

Volkskunst in der Fundgrube-Auktion

Gleich drei weitere Toplose der Fundgrube-Auktion stammen aus dem bäuerlichen Umfeld.

Hinterglas Hinterglasbild Staffelsee Auktion Scheublein München

Zwei Hinterglasbilder aus der Staffelsee-Region, Christus am Ölberg (li.) und Christus und Maria (re.). Ergebnis: 630 Euro.

Zwei Hinterglasbilder aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, entstanden in Seehausen am Staffelsee, stiegen von 150 Euro Schätzpreis bis auf 630 Euro*. Als Motive zeigen sie Christus am Ölberg sowie Christus und Maria.

Skulptur Volkskunst Versteigerung Scheublein Art & Auktionen München

Bauernpaar auf Wanderschaft, wohl Rhön, 19. Jahrhundert. Holz, geschnitzt. Ergebnis: 1.135 Euro*

Zwei geschnitzte Holzfiguren wohl aus der Rhön – ein Bauernpaar auf Wanderschaft, gefertigt im 19. Jahrhundert –, erlösten 1.135 Euro*. Ein wohl aus Tirol stammender, teilweise bemalter Bauernschrank aus Nadelholz mit Eisenbeschlägen wurde für 1.260 Euro* zugeschlagen.

Bauernschrank Auktion Tirol München Scheublein

Tiroler Bauernschrank, teilweise bemalt, aus Nadelholz mit Eisenbeschlägen. Ergebnis: 1.260 Euro*

Ein weiteres Highlight: ein Konvolut von ca. 50 kleinen Flakons aus Glas, Silber, Porzellan und anderen Materialien. Die in verschiedensten Techniken gearbeiteten Miniaturfläschchen steigerten sich von einem Schätzpreis von 80 Euro bis auf 820 Euro*, bevor der Hammer fiel.

Flakon Auktion Scheublein Auktionen München

Konvolut an Flakons aus verschiedenen Materialien, z.B. Glas, Silber und Porzellan, Ergebnis: 820 Euro*

Fundgrube-Auktion: Jugendstil-Keramik aus Bayern

Unter den Highlights der Fundgrube-Auktion befindet sich auch ein Bierseidel, der mitten hinein führt in die Geschichte des Münchner Jugendstil. Der dahinterstehende Künstler, der Münchner  Max von Heider
(1839 – 1920) gilt als Wegbereiter der Jugendstils-Keramik schlechthin.

Beruflicher Seitenwechsel

Als Sohn eines Chlorkalk-Fabrikanten war Heider zunächst
mehrere Jahre im kaufmännischen Bereich
der Zement- und Porzellanindustrie tätig
gewesen. Doch sein profundes Interesse
an den chemischen und künstlerischen
Prozessen, die hinter der Fertigung von
Keramikprodukten standen, führte dazu,
dass Heider mit über vierzig Jahren die
Seiten wechselte und eine keramische
und vor allem chemische Ausbildung absolvierte.

Innovative Verfahren

Dabei beobachtete er gerade in
letzterem Bereich profunde Defizite in der
gängigen keramischen Praxis. Also entwickelte
Heider innovative Verfahren für die
Herstellung von Tonmassen und Glasuren
und gründete Anfang der 1890er Jahre ein
eigenes Atelier, um damit zu experimentieren.

Umzug nach Schongau

1898 siedelte er mit seiner Werkstatt
nach Schongau im Pfaffenwinkel um
und erweiterte seine Firma mit Hilfe seiner
Söhne Fritz, Hans und Rudolf zu „Max von
Heider & Söhne“, die bald auch als „Lechtaler
Keramik“ bekannt wurde.

Lechtaler Keramik

Von Heiders
chemische Neuerungen legten, nicht nur
für die Lechtaler Keramik, die Grundlage
zu einem innovativen Umgang mit Massen
und Glasuren, der auch eine bislang nicht
gekannte Einheit von künstlerischem Entwurf
und handwerklicher Produktion ermöglichte.
Der bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen
angebotene Bierkrug mit Adlerkopf-Knauf, der in der Fundgrube-
Auktion zu einem Schätzpreis von 80
Euro offeriert wird. ist ein prägnantes
Beispiel für diese neuartigen künstlerischen
Visionen, die dank der chemischen Forschungen
von Heiders auch eine adäquate
praktische Umsetzung erfuhren.

Weitere Keramik-Highlights aus München

Fayence Krug Walzenkrug Kiesslinger Wehner Keramik München Auktion Scheublein

Ein Walzenkrug mit springendem Hirsch, München, Kieslinger-Wehner-Keramik. Schätzpreis: 180 Euro.

 

Fundgrube-Auktion: Gemälde und Graphik der Dachauer Schule

Gemeinhin steht, sobald von der Dachauer Malerschule die Rede ist, vor allem die Künstlerkolonie im Blickpunkt, die sich ab 1875 als bedeutendes Zentrum der Plein-Air-Malerei in Deutschland herausbildete.  Drei Arbeiten, die in der Fundgrube-Auktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen am 4. Mai angeboten werden, erzählen vom Los, das den Dachauer Künstlern der nachfolgenden Generation beschieden war, die die Tradition der Künstlerkolonie durch die schwierigen Zeiten ab dem Ausbruch des 1. Weltkriegs weitertrug. Die Offerte umfasst das Gemälde “Sitzende Frau, über ein Dorf blickend” (oben) von Carl Piepho (1869 – 1920), Giulio Bedas (1879 – 1954) “Blick über den Ammersee”, den wir auch als Bild für die Auktions-Ankündigung gewählt haben, sowie der Holzschnitt “Sendlinger Tor” von Carl Thiemann (1881 – 1966).

Piepho, der älteste in der Runde, stammte aus Frankfurt am Main und studierte an den Kunstschulen in Stuttgart und Karlsruhe sowie an der privaten Académie Julian in Paris, bevor er sich 1895 in München niederließ und um 1900 der Künstlerkolonie Dachau anschloss.

Typischer Kirchturm

Carl Piepho Dachau Dachauer Maler Scheublein Auktion München

Carl Piepho: Sitzende Frau, über ein Dorf blickend (Detail). Schätzpreis 200 Euro. 

Seine “Sitzende Frau, über ein Dorf blickend” zeigt im Hintergrund einen für die Gegend typischen, auf die Romanik zurückgehenden Kirchturm mit Giebeldach (Schätzpreis: 200 Euro). Die Gründung der bis heute bestehenden Künstlervereinigung Dachau im Jahr 1919 erlebte Piepho noch mit, doch er starb nur ein Jahr später, mit lediglich 51 Jahren.

Landschaftsmalerei Dachau Dachauer Maler Giulio Beda Ammersee

Verbreitet Sommerstimmung: “Blick auf den Ammersee” von Giulio Beda (1879 – 1954). Schätzpreis: 400 Euro.

Dem Himmel so nah

“Beda hat nur den Himmel gemalt”, heißt es, unter anderem bei der Chronistin der Dachauer Maler, Ottilie Thieman-Stoedtner, über Giulio Beda, Sohn eines Historienmalers aus Triest. Beda übersiedelte 1900, nach dem frühen Tod seines Vaters, nach München und schloss sich, auch wegen seines großen Interesses an der Freiluftmalerei, sieben Jahre später der Künstlerkolonie Dachau an. Sein Malerkollege Carl Thiemann berichtet in seinen “Erinnerungen eines Dachauer Malers”, wie oft er ihn in Gottes freier Natur irgendwo arbeitend getroffen habe. Besondere Aufmerksamkeit widmete Beda dabei den vielfarbigen Lichtstimmungen am Himmel, denen er in den meisten seiner Werke viel Raum einräumte, so auch in seinem “Blick über den Ammersee” (Schätzpreis: 400 Euro). Nur ein Drittel des Bildes ist von der Landschaft eingenommen; darüber spannt sich ein hitze-flimmernder, erst am oberen Bildrand von grellem Weiß endgültig ins Blau changierendes Himmelszelt.

Landschaftsmalerei Dachau Dachauer Maler Giulio Beda Ammersee

Detail aus Giulio Bedas Gemälde “Blick über den Ammersee” .

Lebensthema Dachau

Beda gehört zu den Gestalten, die die Dachauer Künstlerszene durch die schwierigen Zeiten des Dritten Reichs und des Zweiten Weltkriegs bis ins Wirtschaftswunder hinein begleiteten, ebenso wie der dritte Künstler, von dem SCHEUBLEIN Art & Auktionen in der Fundgrube-Auktion ein Bild anbietet: der Maler, Radierer und Holzschneider Carl Thiemann.

Carl Theodor Thiemann Dachau Sendlinger Tor Dachauer Maler Auktion München Scheublein

Carl Theodor Thiemann: Sendlinger Tor im Winter. Farbholzschnitt, Schätzpreis 150 Euro. 

Der aus dem böhmischen Karlsbad stammende Thiemann kam 1908 zusammen mit seinem Schul- und Malerfreund Walther Klemm nach Dachau und blieb dort bis an sein Lebensende 1966. An seiner Biographie lässt sich auch das Schicksal vieler um 1880 Geborener ablesen: Vor dem Ersten Weltkrieg hatte sich Thiemann sowohl einen künstlerischen Ruf wie auch ein solides Vermögen aufgebaut – sowohl der Krieg wie auch die Inflation von 1923 machten es komplett zunichte. Die von Thiemann mühsam aufgebauten Behziehungen zum internationalen Kunsthandel brachen nach 1933 abrupt ab: In den USA wird der Kauf deutscher Kunst grundsätzlich verboten; außerhalb des deutschen Reiches gibt es für seine Gemälde und Graphiken so gut wie keinen Absatzmarkt mehr. Erst in den sechziger Jahren erfährt sein Oeuvre eine späte Anerkennung. Bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen wird ein Farbholzschnitt angeboten, der nicht, wie für ihn typisch, eine Stadtansicht Dachaus, sondern das winterliche Sendlinger Tor in München zeigt. Der Schätzpreis liegt bei 150 Euro.

 

Fundgrube-Auktion: Schnupftabak-Flaschen – Glaskunst im Kleinformat

Im Blickpunkt der nächsten Fundgrube-Auktion am 4. Mai stehen vor allem Schmuck, Möbel und Einrichtung sowie Gemälde. Ein besonderes Augenmerk des Angebots mit Trouvaillen für den kleinen Geldbeutel
gilt diesmal aber auch Glaskunst in ganz kleiner Form: Schnupftabak-Fläschen und Flakons.

Tabak für “lüsterne Nasen”

„Die Welt hat eine poßierliche Mode angenommen.
Das ist der unmäßige Gebrauch
des Schnupff-Tabacks. (…) Ich habe bißweilen
mit Verwunderung gesehen, wie große
Herren und ihre Laquayen, wie vornehme
Leute und die vom gemeinen Pöbel, Holzhacker
und Handlanger, Besenbinder und
Bettelvoigte ihre Tabatiere heraus nehmen
und damit handthieren“, heißt es in der
1720 in Leipzig erschienenen Kampfschrift
Satyrische Gedandcken von der Pica Nasi,
oder der Sehnsucht der lüsternen Nase“.

Titelblatt der Kampfschrift “Satyrische Gedancken von der Pica Nasi”, die über das digitale Angebot der Bayerischen Staatsbibliothek zugänglich ist.

Ein Status-Symbol: Schnupftabak-Fläschchen

Spätestens im 18. Jahrhundert, das belegt
diese Quelle, war in Europa das Schnupfen
von Tabak quer durch alle Schichten weit
verbreitet. Und das Aufbewahrungsgefäß
für den Schnupftabak spielte bei diesem
Ritual eine fast ebenso wichtige Rolle wie
der Tabak selbst.

Titelkupfer der 1720 in Leipzig erschienenen Kampfschrift “Satyrische Gedancken von der Pica Nasi, oder der Sehnsucht der lüsternen Nase”.

Eine Flasche für den Schmalzler

Während der klassische,
trockene Schnupftabak aus Dosen entnommen
wurde, eignete sich für die Frischhaltung
des in Süddeutschland, Böhmen,
Österreich und der Deutschschweiz verbreiteten
Schmalzlers – er bekam durch die
Zugabe von Butterschmalz seine cremige
Konsistenz – vor allem Steingut- oder Glasfläschchen.
Kunsthistorisch gesehen sind diese
Schnupftabak-Flaschen eine spezielle
Variante der seit dem 17. Jahrhundert weit
verbreiteten Flacons mit einem meist engeren Öffnungsdurchmesser.

Ein Experimentierfeld für Glaskünstler

Hergestellt
wurden sie meist in den Glashütten des
Bayerischen und des Böhmerwalds.
Gerade ältere Schnupftabakflaschen greifen
häufig Flaconformen auf, die auf Venedig
zurückgehen. Andere wurden in den
Glashütten als „Resteverwertung“ gefertigt,
oder dienten den Glaskünstlern zum Experimentieren
mit neuen Farben, Formen und
Techniken.

Schnupftabakflasche Schnupftabakfläschchen Auktion München Scheublein

Zwei Schnupftabak-Fläschchen aus dem Bayerischen Wald bzw. Böhmen: ein Bandlglas  und eine “Neidfaust”. Schätzpreis: 200 Euro.

Die beiden bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen
angebotenen Positionen mit Schnupftabakflaschen
(Schätzpreis je 200 Euro)
zeigen einen Querschnitt der Produktion
im bayerisch-böhmischen Grenzgebiet: Die erste Position umfasst
eine orange Flasche in Form der „Neidfaust“
nach venezianischer Tradition und
ein „Bandlglas“ mit geraden Bandeinlagen.

Schnupftabakflasche Schnupftabakfläschchen Auktion München Scheublein

Drei Schnupftabak-Fläschchen. Von links: geschleudertes Glas, Millefioridekor, Schwanenform mit gefärbten Einschmelzungen. Schätzpreis: 200 Euro.

Die zweite Position bündelt eine Schnupftabakflasche
in Gestalt eines Schwans mit
farbigen Einschmelzungen, eine Flasche im
Millefioridekor sowie geschleudertes Glas
in einem hellblauen Dekor mit orangen Flecken
und farblosem Überfang.

Flakons: Die nahen Verwandten

Abgerundet
wird dieses Angebot durch ein Konvolut
mit 50 Flakons verschiedenster Materialien
und Glastechniken (Schätzpreis 80 Euro).

Flakon Auktion Scheublein Auktionen München

Konvolut an Flakons, Schätzpreis: 80 Euro. 

 

Flakon Auktion München Scheublein

Beispielflakon aus oben gezeigtem Konvolut.