Nachbericht zur Auktion vom 3. Juli (II): Holitsch-Fayencen, Sintenis-Skulptur, Gemälde zur Schlacht von Solferino

Zu einem weiteren Highlight der Auktion vom 3. Juli entwickelte sich eine Passage mit Fayencen, die während der kurzen Blütezeit der Manufaktur im heute slowakischen Holitsch entstanden waren. Der Betrieb, von Franz I. Stephan, dem Ehemann von Kaiserin Maria Theresia 1743 gegründet, um der Landbevölkerung ein Auskommen zu verschaffen und die Kriegskassen des Habsburger-Reiches zu füllen, entwickelte sich ab 1751 zu einer der bedeutendsten Fayence-Manufakturen dieser Zeit. Dennoch wurde ab 1786 der Schwerpunkt des Betriebs auf die Herstellung von Steingut verlagert.

Holitsch: eine der führenden Fayence-Manufakturen

Holitsch Fayence Auktion München Scheublein

Links: Rasierschale mit buntem Blumendekor, 2. Hälfte 18. Jh. Ergebnis 1.760 Euro*
Rechts: Drei Teller, 3. Viertel 18. Jh. mit Rosen und Rocaille-Kartuschen. Ergebnis 1.390 Euro*. An allen Objekten sind die für die Manufaktur charakteristischen Blumendekore gut zu beobachen.

Die bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen versteigerten Teller, Platten und Schalen sind eindrucksvolle Zeugnisse dieser kurzen Hoch-Phase der Fayence-Produktion in Holitsch und weisen sowohl die typischen Dekore mit indianischen oder deutschen Blumen wie auch den satten Purpurton auf, für den die Manufaktur berühmt war.

Sammlung mit Holitsch-Fayencen sehr gefragt

Die in fünf Positionen aufgeteilten Objekte wurden von privaten Sammlern ersteigert und erlösten insgesamt 5.900 Euro* .

Holitsch Fayencen Auktion München Scheublein

Vier Teller, 3. Viertel 18. Jh., mit Rosen, reliefierten Palmetten motiven und Blütenzweigen. Ergebnis 1.200 Euro.*  Sämtliche Teller tragen einen Rand in dem für Holitsch typischen Purpurton.

Ebenfalls unter den Highlights: eine Pony-Skulptur von Renée Sintenis

Nach dem „Mit einem Stein spielenden Hund“ der Frühjahrsauktion rangiert auch im Sommer eine Skulptur von Renée
Sintenis (1888 – 1965) unter den Toplosen: ihr „Ponyhäuptling“ wurde für 14.000 Euro* zugeschlagen.
Die kleine Bronze geht auf einen Entwurf aus dem Jahr 1940 zurück – eine der letzten Plastiken, die die vor allem mit Tieren arbeitende Bildhauerin entwickeln konnte, bevor sie ihre künstlerische Tätigkeit auf Graphik verlegen musste: Das im Zweiten Weltkrieg verhängte Bronzeguss-Verbot versperrte ihr den Zugang zu ihrem Lieblingsmaterial. Wie bei allen ihren Tierplastiken zeigt Sintenis auch hier ein Pferd in seiner spezifischen Eigenart, ohne ihm eine Deutung oder Bezugnahme auf menschliche Verhaltensweisen einzuschreiben.

Gesucht: Franz Adams Erinnerung an die Schlacht von Solferino

Franz Adam Solferino Auktion München Scheublein

Franz Adam: Nach der Schlacht von Solferino. Ergebnis 4.500 Euro*.

Das fast dokumentarische Gemälde über die Folgen einer militärischen Auseinandersetzung, die als „blutigste Schlacht seit Waterloo“ galt, entwickelte sich zu einer der gesuchtesten Positionen bei den Gemälden des 19. Jahrhunderts. In dem Bild „Nach der Schlacht von Solferino“ zeigt der eigentlich auf heroische Kampfszenen spezialisierte Maler Franz Adam (1815 – 1886) den erschütternden Tross von Verwundeten, der sich nach dem Ende der Kampfhandlungen im Juni 1859 durch das Hügelland südlich des Gardasees bis zum Horizont zieht. Für 4.500 Euro* ging das Werk in den Kunsthandel.

41. Kunstauktion: Altmeister präsentieren ungewöhnliche Sicht auf Adam und Eva

Im Blickpunkt bei den Alten Meistern stehen bei der Kunstauktion am 29. Juni Gemälde, die sich mit der Geschichte von Adam, Eva und ihren Nachkommen beschäftigen. Das Besondere bei sämtlichen dieser Bilder ist ihre ungewöhnliche ikonographische Herangehensweise. Das Toplos ist eine Darstellung von Adam und Eva mit Kain und Abel aus dem Italien des 17. Jahrhunderts (Schätzpreis 12.000 Euro). Am 24. März 1961 wurde es bei Christie’s, London, als Guercino angeboten.

Adam und Eva in familiärer Idylle

Hier ist das erste Menschenpaar weder beim Sündenfall noch bei der Vertreibung aus dem Paradies oder aber beim Beklagen der Ermordung Abels durch Kain gezeigt, sondern in einer fast arkadisch anmutenden Szene mit beiden Söhnen in frühkindlichem Alter.

Altmeister Italien Adam Eva Guercino Auktion München

Adam und Eva mit Kain und Abel, Detail: Eva mit den beiden Kindern. 

Der auf die italienische Malerei des 17. Jahrhunderts spezialisierte Kunsthistoriker Erich Schleier betont in einem Aufsatz über eine der wenigen vergleichbaren Darstellungen aus der Hand von Nicola Vaccaro (1640 – 1709) nicht nur die Seltenheit dieser Motivwahl, sondern auch, dass Eva durch diesen Bildtypus in die Nähe zu römischen Gottheiten wie Diana, Venus, Juno und Minerva gerückt wird.

Aus dem Paradies in den Olymp

Auch bei dem vorliegenden Bild ist eine solche Querverbindung sowohl für Eva wie auch für Adam mehr als denkbar.

Altmeister Italien Adam Eva Guercino Auktion München

Adam und Eva mit Kain und Abel, Detail: Adam.

Bemerkenswert ist weiterhin, dass über dieser ersten Familie der Menschheitsgeschichte scheinbar nichts von der finsteren Mühsal lastet, die Adam und Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies erwartete.

Erfüllende Freiheit

Stattdessen wirkt die Szene entspannt und ungezwungen, fast schon im Sinne jener erfüllenden Freiheit, die der englische Schriftsteller John Milton in seinem 1667 entstandenen Epos “Paradise Lost” den aus dem Paradies vertriebenen ersten Menschen mit auf den Weg gibt: “Vor ihnen lag die ganze Erde, ihren Ort zu wählen, von Gottes Vorsehung geführt.”

Serie: Von der Erschaffung Adams zu Kain und Henoch

Auch ein weiteres Highlight unter den Altmeistern beschäftigt sich mit Sequenzen aus der Schöpfungsgeschichte: Vier Gemälde, wohl aus dem 17. Jahrhundert, entstanden nach Stichvorlagen von Johann Sadler (1550 – 1600 / 1608), der seinerseits Marten de Vos’ (1532 – 1603) Serie “Boni et mali scientia / Die Geschichte der ersten Menschen” aus dem Jahr 1583 graphisch umsetzte. Dargestellt sind, jeweils in Simultandarstellungen, vier Passagen der Schöpfungsgeschichte:

Altmeister Erschaffung Evas Sadeler de Vos Auktion München Schäublein

Aus einer Serie von vier Gemälden, die sich auf Kupferstiche von Johannes Sadeler nach Marten de Vos gründen: Erschaffung der Eva.

Bei der “Erschaffung der Eva” ist links im Hintergrund Gottvater bei der Erschaffung der Tiere sowie rechts im Hintergrund bei der Erschaffung Adams zu sehen.

Sündenfall Altmeister de Vos Sadeler Auktion Scheublein München

“Der Sündenfall” zeigt vorne Adam und Eva, wie sie ihre Scham bedecken, während im Hintergrund dargestellt ist, wie die Schlange im Baum Eva, und diese dann Adam die verbotene Frucht anbietet.

Opfer Kain Abel Sadeler de Vos Auktion München Scheublein

Das Opfer Kains und Abels.

Das “Opfer Kains und Abels” zeigt im Vordergrund die nur kümmerlich brennende Opferstätte Kains, im Hintergrund das prachtvolle Opfer Abels, sowie rechts im Hintergrund Szenen zur Vorbereitung der Opfer  sowie in der Mitte, direkt hinter der Rauchsäule Abels, den Brudermord.

kain Henoch Sadeler de Vos Auktion München Scheublein

Kain gründet die Stadt Henoch.

Auch dieses Motiv ist eine ikonographische Besonderheit: Nur selten wird das weitere Los Kains nach dem Mord an seinem Bruder Abel überhaupt dargestellt. Nach der Genesis wurde Kain nach seiner Tat von Gott verflucht: “Der Herr sprach: Was hast du getan? Das Blut deines Bruders schreit zu mor vom Ackerboden. So bist du verflucht, verbannt vom Ackerboden, der seinen Mund aufgesperrt hat, um aus deiner Hand das Blut deines Bruders aufzunehmen. Wenn du den Ackerboden bestellst, wird er dir keinen Ertrag mehr bringen. Rastlos und ruhelos wirst du auf der Erde sein.”  Trotz dieses Fluchs gelingt es Kain, eine Familie zu gründen und in einer unfruchtbaren Gegend sesshaft zu werden; sein Geschlecht wendet sich der weltlichen Kunst und der Wissenschaft zu. Für seinen Sohn Henoch baut Kain schließlich eine Stadt, die er nach ihm benennt. Dieser mühevolle Städtebau, und im Vordergrund Kain und sein Sohn, sind hier dargestellt.

Jedes der vier Gemälde wird zu einem Schätzpreis von 2.000 Euro angeboten.

Pferde voraus: Weitere Highlights der 36. Kunstauktion

Reiter und Pferde dominierten die Top-Ergebnisse der Frühjahrsauktion in den Kategorien Malerei des 19. Jahrhunderts und Graphik.

Eines der beiden bestverkauften Lose bei der Malerei des 19. Jahrhunderts, eine prachtvoll gewandete Schimmelreiterin (siehe oben) aus der Hand von Frederick August Wenderoth (1819 – 1884), kletterte von 6.000 Euro Taxe bis auf einen Zuschlagspreis von 9.000 Euro. Wenderoth, in Kassel geboren, verließ 1845 das heimatliche Hessen und ließ sich zunächst in Paris nieder, bevor er mit seinem Malerfreund Charles Christian Nahl in die Vereinigten Staaten auswanderte. Beide wurden vom großen Goldrausch von San Francisco angesteckt. Sie wurden zwar nicht als Goldgräber reich, konnten sich aber als Porträtisten von Bergleuten etablieren und mit Graphiken von Bergbauszenen einen Namen machen. Später unternahm Wenderoth ausgedehnte Reisen in die Südsee und Australien und ließ sich schließlich 1858 in Philadelphia nieder.  Dort etablierte er sich als Daguerrotypist, Maler und Illustrator für die Wochenzeitschrift “Harpers Weekly”.

Emil Adam Pferde Ergebnis Auktion Gemälde 19. Jahrhundert

Emil Adam, “Scheuende Pferde”. Das Bild kletterte von 5.800 Euro Taxe bis auf einen Zuschlagspreis von 9.000 Euro.

Ein weiteres Top-Ergebnis bei den Gemälden des 19. Jahrhunderts erzielten Emil Adams “Vor Hundewelpen scheuende Pferde im Stall”. Sie steigerten sich von 5.800 Euro Schätzpreis bis auf ebenfalls 9.000 Euro. Der Münchner Maler (1843 – 1924), Sohn eines Tiermalers, beschäftigte sich sein Leben lang mit Pferdebildern, Reiterporträts und Jagdszenen.

Weitere Ergebnisse bei den Gemälden des 19. Jahrhunderts

Max Feldbauer Auktion Ergebnisse Malerei 19. Jahrhundert

Max Feldbauer, “Dirndln beim Tanz”, Ergebnis: 5.000 Euro

 

Keller-Reutlingen Auktion Ergebnis Malerei 19. jahrhundert

Paul Wilhelm Keller-Reutlingen: Mutter mit Kindern auf Blumenwiese. Ergebnis: 3.800 Euro

 

Albert Emil Kirchner Auktion Ergebnis Gemälde 19. Jahrhundert

Albert Emil Kirchner, Rast in oberitalienischer Landschaft. Ergebnis: 3.800 Euro

Ein Liebermann trumpft bei der Graphik auf

Zurück zu den Pferden: Die kleinformatige Tuschzeichnung von Max Liebermann (1874 – 1935), die für das  eindrucksvollste Ergebnis bei der Graphik sorgte, zeigt ebenfalls Menschen hoch zu Ross.

Liebermann Tuschzeichnung Graphik Auktion Ergebnisse

Max Liebermanns Tuschzeichnung “Reiter und Reiterin”, auf 800 Euro geschätzt, wechselte für 8.000 Euro den Besitzer.

Das nur 10,3 x 13.3 cm große Blatt mit einer weiblichen und einem männlichen Reiter, steigerte sich auf das zehnfache seines Schätzpreises und ging für 8.000 Euro an einen privaten Sammler.

Weitere Ergebnisse bei der Graphik

Vasnetsov Nikolaus II. Menükarte Auktion Ergebnisse Graphik

Viktor Mihailovich Vasnetsov: Menükarte des Krönungsbanketts von Zar Nikolaus II., Ergebnis: 3.100 Euro.

Purrmann Auktion Ergebnis Graphik moderne

Hans Purrmann, Kohlezeichnung “Spaziergänger im Domgarten von Speyer”. Ergebnis: 2.300 Euro.