Highlights der 43. Kunstauktion: Weihnachtskrippen aus Papier und im Kasten

Zwei Krippen aus Tirol und Böhmen sorgen bei der Auktion am 30. November 2018 für weihnachtliche Akzente. Besonders prominent dabei ist eine Papierkrippe aus dem Tiroler Krippenbau-Dorf Thaur.

Aus Groß wird Klein

Solche Papierkrippen waren für den Ort zwischen Innsbruck und Hall in Tirol nicht unüblich. Ihre Geschichte beginnt allerdings  im großen Format: Als um 1700 die Blütezeit der Krippen mit bekleideten Figuren einsetzte, begannen Klosterkirchen im süddeutschen Sprachraum als Gegenstück zu den Heiligen Gräbern der Osterzeit großfigurige Bretterkrippen aufzustellen. Deren Figuren waren nicht plastisch ausgebildet, stattdessen wurden sie auf Bretter oder Blech gemalt und ausgeschnitten.

Vom Brett zum Papier

Als Miniaturanfertigungen dieser großen Bretterkrippen entstanden auch Krippen mit Papierfiguren. Das Dekret von Kaiser Josef II. aus dem Jahr 1782, das generell das Aufstellen von Krippen in den Kirchen verbot, führte nicht nur zu einer raschen Verbreitung von kunstvollen Holzkrippen in Privathaushalten und damit zur Blüte des Krippenbaus im Dorf Thaur bei Hall in Tirol.

Erschwingliche Krippen

Es verhalf auch den Papierkrippen zu einem veritablen Aufschwung, waren sie doch deutlich kostengünstiger und damit für eine wesentlich breitere Bevölkerungsschicht erschwinglich. Die papierenen Krippenfiguren wurden mit kräftigen Temperafarben bemalt; angeklebte Stahlstifte sorgten für Stabilität und machten es möglich, die Figuren pittoresk in der Geburtshöhle und auf der diese umgebenden Bergkulisse anzuordnen.

Empfindliches Material

Einen Nachteil allerdings hatten die erzählfreudigen Papierkrippen: Die empfindlichen Figuren gingen leichter kaputt oder verloren als ihre robusteren Artgenossen aus Holz. Nur noch sieben vollständige Krippen sind beispielsweise von einem der prominentesten Thaurer Papierkrippen-Bauer, Josef Kramer, vulgo „Mundler“, erhalten, von dem wohl auch die vorliegende Krippe stammt. Umso schöner, dass dieses Ensemble mit seiner reichen Schar an Hirten, Melkern und Kraxenträgern die Zeiten überdauert hat.

Krippenkunst aus Böhmen

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Kastenkrippe, Grulich/Böhmen, wohl um 1900. Schätzpreis: 800 Euro. 

Ähnlich wie in Thaur entfaltete sich auch im Ort Grulich (heute Králiky) nach dem Krippendekret Kaiser Josefs II. von 1782 eine rege kunsthandwerkliche Tätigkeit im Bereich Krippenbau. Die dortigen “Mannlmacher” waren meist Saisonarbeiter, die im Sommer auf Wanderschaft gingen oder sich im nahen, holzreichen Adlergebirge als Holzknechte verdingten. Frauen und Kinder übernahmen die Bemalung der geschnitzten Figuren. Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts bewirkten die aufkommende Industrialisierung sowie die schlechte Bezahlung den rapiden Niedergang der Krippenschnitzerei in Nordböhmen. Aus dieser letzten Phase stammt auch die vorliegende Krippe – mit ihrem Kasten, dem oben auf dem Krippenberg angebrachten phantastischen Stadtbild von Bethlehem und der vielfigurigen Darstellung des Weihnachtsgeschehens sowie der “Bringemannln” – der Heiligen Drei Könige – ist typisch für die Grulicher Krippenproduktion.

41. Kunstauktion: Ein Ausflug in die Auktionsgeschichte

Zu den interessantesten Objekten aus dem Angebot der 41. Kunstauktion zählen zwei Gemälde des in London lebenden Japaners Nozomu Ishiyama aus dem Jahr 1978 (Schätzpreis: je 1.200 Euro). Denn an ihnen lässt sich deutlich ablesen, wie sehr sich der Kunstmarkt in den letzten vierzig Jahren gewandelt hat.

Im Schlaraffenland der Klassischen Moderne

Was heute zu einer hochtechnisierten Veranstaltung geworden ist, mit einer Vielzahl an Interessenten im Saal, und Internet-Teilnehmern rund um den Erdball, war damals einem kleinen, sehr elitären Sammlerkreis vorbehalten, dem sonore Herren mit weißen Handschuhen die zu ersteigernden Pretiosen präsentierten. Entsprechend erlesen sind auch die Gemälde an den Wänden – nach heutigem Empfinden ein Schlaraffenland des Surrealismus und der Klassischen Moderne: Dalìs „Mae West“, Miròs „Bleu II“, Mondrians „Komposition II“ von 1929, Werke von Hartung und Poliakoff, dazwischen auch mal ein Turner…

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Ausschnitt aus dem oben gezeigten Gemälde “Auktion bei Christie’s, London” von Nozomu Ishiyama. Dargestellt sind zwei Ikonen der Malerei des 20. Jahrhunderts: Dalìs Mae West (links) und Piet Mondriaans Komposition II von 1929.

In die Welt der Auktionshäuser wurde Nozomu Ishiyama durch seinen Galeristen eingeführt; der 1945 in Kyoto geborene Maler hatte sich nach einer ausgedehnten Europareise 1976 in London niedergelassen. In den Auktionssälen von Sotheby‘s und Christie‘s fertigte Ishiyama unzählige Skizzen an, die er später zu den vorliegenden Ölgemälden verwob.

Ein Höhenflug des Kunstmarkts

Die Zeit, in der sich der Künstler mit dem Thema Auktionen auseinandersetzte, hätte spannender nicht sein können. Ende der 1970er Jahre setzte der internationale Kunstmarkt zu einem nie dagewesenen Höhenflug an. Hauptbeteiligte an dieser bis heute legendären Preisentwicklung waren Sammler aus Japan: Sie waren, dank Wirtschaftswachstumsraten von bis zu 11 Prozent, schon seit den 1960er Jahren immer häufiger auf dem internationalen Parkett vertreten. 1969 hielt Christie‘s die erste Auktion in Tokio ab. Es folgten nicht nur weitere Versteigerungen im Land, sondern auch ausgedehnte Ausstellungstourneen mit Werken des Impressionismus und der Klassischen Moderne, die die Kunstbegeisterung in Japan immer weiter anheizten. Allein zwischen 1973 und 1987 entstanden dort an die 500 Museen für Kunst aus Europa.

Auktion Darstellung Braque Miro Scheublein Kunstauktion München

Ein weiteres Detail aus Ishiyamas Darstellung einer Auktion bei Christie’s: Dargestellt sind ein kubistisches Gemälde von Georges Braque (links) und  Joan Miròs “Bleu II”.

Den Gipfelpunkt erreichte dieser bis heute unvergleichliche internationale „Kunst-Rush“ im Mai 1990 mit vem Verkauf von Renoirs „La Moulin de la Galette“ für 78,10 Millionen und van Goghs „Porträt des Dr. Gachet“ für 82,5 Millionen US-Dollar. Käufer war in beiden Fällen der japanische Industrielle Ryoei Saito.

Vor dem freien Fall

Danach erlebte der internationale Kunstmarkt eine drastische Rezession. Über zehn Jahre sollte es dauern, bis das Preisniveau von 1980 wieder erreicht wurde.

Ishiyamas Bilder führen zurück in die Zeit vor dieser „Kunst-Blase“, zu der der Blick auf Kunstauktionen noch geprägt war von ungetrübter Faszination.

Auktion Geschichte Kunsthandel 20. Jahrhundert Kusntauktion Scheublein München

Eine weitere Auktionsdarstellung von Nozomu Ishiyama:  “Sotheby’s SaleRoom”, ebenfalls London, 1978, mit Darstellungen von Gemälden u.a. von Hans Hartung, Serge Poliakoff und William Turner. Der Schätzpreis liegt auch hier bei 1.200 Euro.