Toplose der Fungrube-Auktion: Delftware, Volkskunst und mehr
Mit durch die Bank reger Beteiligung im Saal wie auch im Internet schloss die Fundgrube-Auktion vom 4. Mai gegen 19.30 Uhr nach fünfeinhalb packenden Stunden. Quer durch alle Kategorien von Silber über Kunsthandwerk und Möbel bis zu Altmeistern und Gemälden des 19. Jahrhunderts herrschte großes Interesse: Über 70 Prozent der knapp 800 Positionen wurden verkauft. Besonders gefragt waren diesmal unter anderem Objekte aus dem Umfeld der Volkskunst.
Eine Rarität: Delftware aus der 2. Hälfte des 17. Jh.
Zum spannendsten Los der Auktion allerdings entwickelte sich eine 21 cm hohe Fayencekanne mit Zinnglasur und blauem Chinoiserie-Dekor. Sie kletterte im Verlauf eines hitzigen Bietergefechts bis auf 3.780 Euro* Das gefragte Stück wurde wohl in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in London hergestellt, als „delftware“, die in Anlehnung an niederländische Fayence zwischen dem späten 16. und dem ausgehenden 18. Jahrhundert in England überaus beliebt war.
Delftware à la mode
Nachdem sich die Produktion zunächst auf Alltagsgegenstände wie Schüsseln, Krüge oder Apothekergefäße konzentriert hatte, änderten sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Schwerpunkte: In den Manufakturen wurde nun feineres Tafelgeschirr hergestellt, das sich im Dekor am Faible der gehobenen Gesellschaftsschichten für das aus China importierte Porzellan orientierte.
Volkskunst in der Fundgrube-Auktion
Gleich drei weitere Toplose der Fundgrube-Auktion stammen aus dem bäuerlichen Umfeld.
Zwei Hinterglasbilder aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, entstanden in Seehausen am Staffelsee, stiegen von 150 Euro Schätzpreis bis auf 630 Euro*. Als Motive zeigen sie Christus am Ölberg sowie Christus und Maria.
Zwei geschnitzte Holzfiguren wohl aus der Rhön – ein Bauernpaar auf Wanderschaft, gefertigt im 19. Jahrhundert –, erlösten 1.135 Euro*. Ein wohl aus Tirol stammender, teilweise bemalter Bauernschrank aus Nadelholz mit Eisenbeschlägen wurde für 1.260 Euro* zugeschlagen.
Ein weiteres Highlight: ein Konvolut von ca. 50 kleinen Flakons aus Glas, Silber, Porzellan und anderen Materialien. Die in verschiedensten Techniken gearbeiteten Miniaturfläschchen steigerten sich von einem Schätzpreis von 80 Euro bis auf 820 Euro*, bevor der Hammer fiel.
Highlights der Juni-Auktion (IV): Belle Epoque am Goetheplatz
Auf die Auktion am 30. Juni können sich diesmal Liebhaber von Jugendstil-Objekten ganz besonders freuen. Gerade für Münchner ist etwas besonders spannendes dabei: Ein Tagesbett und ein Armlehnsessel des Architekten-Duos Helbig & Haiger (links), die das Bild dieser Epoche in der Isarmetropole entscheidend mitprägten.
Die Fassade des Hauses Ainmillerstraße 22 mit ihrem üppigen Schmuck und den leuchtenden Farben kennt jeder, der schon einmal durch Schwabing gebummelt ist. Entworfen wurde das Gebäude, ebenso wie das von der Fassadengestaltung her dezentere, aber ebenso elegante Mietshaus in der Römerstraße 11, 1899 von den Architekten Henry Helbig und Ernst Haiger.
Die Möbelstücke – ein seltener Glücksfall
Weniger bekannt ist, dass das Duo auch Innenräume gestaltete. Und noch seltener tauchen von ihnen entworfene Möbel im Kunsthandel auf. Insofern ist es ein Glücksfall, dass SCHEUBLEIN Art & Auktionen nun ein Tagesbett und einen Armlehnsessel von Helbig & Haiger versteigern kann. Beide Möbelstücke (Schätzpreise: 1.200 und 280 Euro) sind aus Nussholz gearbeitet und stilgetreu gepolstert.
Erstes Aufsehen hatten Henry Helbig (1872 – 1943) und Ernst Haiger (1874 – 1952) 1898 bei der Münchner Glaspalast-Ausstellung mit Entwürfen für Villen und Interieurs erregt. Sie gründeten ein gemeinsames Atelier, in dem sie neben den beiden Schwabinger Bauten unter anderem den Umbau des Palais Freyberg am Karolinenplatz 5a betreuten. Das Atelier bestand bis ca. 1903. Danach verlieren sich die Spuren von Henry Helbig.
Herrschaftliche Villen, Goldene Bar
Ernst Haigers weiteres Schaffen indes ist gut dokumentiert: Bald nach Beendigung der Zusammenarbeit wendete er sich vom Jugendstil ab. Stattdessen arbeitete er in seinen Bauten mit abgewandelten Stilelementen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. In den 1910er und 1920er Jahren baute er u.a. Villen für Augusta und Frederico de Osa in Kempfenhausen und Berg am Starnberger See; 1938 gestaltete er die „Goldene Bar“ im Münchner Haus der Kunst und verantwortete den Umbau des Deutschen Pavillons auf der Biennale in Venedig.
Auch darüber hinaus ist der Jugendstil in der Auktion am 30. Juni mit einigen bemerkenswerten Objekten vertreten: zum Beispiel mit einer Sitzgruppe der um 1900 mit Niederlassungen in ganz Europa präsenten Wiener Möbelfirma Jakob & Josef Kohn nach Entwurf ihres Hausdesigners Gustav Siegel (Schätzpreis 1.400 Euro), oder einem Salontisch mit stilisierten Clematis-Blüten von Louis Majorelle, einst Mitbegründer der für den französischen Jugendstil prägenden École de Nancy (Schätzpreis ebenfalls 1.400 Euro).
Von einem weiteren weltberühmten Vertreter der Schule von Nancy werden zwei Vasen angeboten: Emile Gallé gestaltete sowohl die große ovale Vase mit reliefiert geätztem Mohnblumendekor (Schätzpreis 600 Euro) wie auch die kleine Vase mit herbstlich anmutenden Dekormotiven (Schätzpreis 120 Euro).
Auch aus dem deutschsprachigen Raum werden zwei außergewöhnliche Vasen versteigert: Eine Glasvase mit langgezogenem Hals und aufgelegtem silbernem Blütendekor im typischen irisierenden Glas der böhmischen Werkstatt Johann Loetz Witwe sowie eine grün glasierte Keramikvase mit floralem Schlickerdekor von Max Laeuger. In seiner 1897 gegründeten, zu den Tonwerken Kandern gehörenden Kunsttöpferei arbeitete er daran, die Stilformen des Jugendstil auch auf keramische Objekte zu übertragen.
Jugendstil-Keramik: Vase von Max Laeuger, Tonwerke Kandern. Schätzpreis: 100 Euro
Sogar bei der Graphik ist diesmal ein Jugendstil-Objekt vertreten: Ein Dekorentwurf des Architekten und Designers Eugène Gaillard. Er wird zu einem Schätzpreis von 1.000 Euro angeboten.