Auktionsergebnisse vom 19. Maerz (II): Glas, Fayence, Hinterglas, Moderne

In der Kategorie Glas konnte SCHEUBLEIN Art & Auktionen bei der Frühjahrsauktion diesmal Objekte von absoluter Seltenheit anbieten: frühes deutsches Formglas, das Ende des 16. / Anfang des 17. Jahrhunderts vor allem in süddeutschen Glashütten entstanden war.

Auktionsergebnisse: Frühes Formglas

Ganz besonderes Augenmerk richteten die Bieter auf zwei Lose: Einen Fußbecher, dessen Quadermuster einst mit einem Model in das noch heiße Glas gedrückt worden war, und einen Römer. Der Schaft dieses in Gestalt der wohl traditionsreichsten deutschen Weinglasform gearbeiteten Trinkgefäßes ist, für die Zeit typisch, mit Beerennuppen verziert. Die Kuppa weist ein mit Hilfe eines Models erzeugtes Wabenmuster auf. Der Fußbecher wurde nach einem überaus intensiven Bietergefecht schließlich für 11.300 Euro* zugeschlagen und ging in den internationalen Kunsthandel. Der prunkvolle Römer wurde für 2.300 Euro* von einem privaten Liebhaber erworben.

Auktionsergebnisse: Fayence und Keramik

Ara Nymphenburg Auktion München Scheublein

Gelbbrustara und Sockel, Nymphenburg, Entwurf Josef Wackerle. Ergebnis 6.300 Euro*.

Einer der legendären Tropenvögel, die Bildhauer Josef Wackerle in den 1910er Jahren für die Majolika-Abteilung der Porzellanmanufaktur Nymphenburg entworfen hatte, entwickelte sich zum Spitzenlos der Kategorie „Fayence und Keramik“. Der majestätische, mit Sockel über 80 cm hohe Gelbbrustara mit Maske kletterte bis auf 6.300 Euro*, bevor der Hammer fiel.

Auktionsergebnisse: Hinterglaskunst

Hinterglaskunst 16. Jh. Auktion München Scheublein

Anbetung der Könige. Hinterglasbild. Venetien-Tirol, 2. Hälfte 16. Jh. Ergebnis 3.800 Euro*

Eine außergewöhnlich umfassende Privatsammlung mit Hinterglasarbeiten markierte das Highlight des Angebots in der Kategorie Kunsthandwerk. Elf Bilder daraus führen bis an die Ursprünge dieser Kunst: Sie entstanden in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Großraum Venetien-Tirol im Umfeld von damals bedeutenden Zentren der Glasproduktion, die es beherrschten nicht nur Hohlglas, sondern auch flache, auf einem Eisenrahmen ausgestrichene Glastafeln herzustellen.

Kalvarienberg Hinterglas Venetien Tirol Auktion München Scheublein

Kalvarienberg, Venetien-Tirol, 2. Hälfte 16. Jh. Hinterglasmalerei mit Églomisé. Ergebnis 3.300 Euro*

Motivisch reflektieren diese Hinterglasbilder den Malerei-Stil der Renaissance und Spätrenaissance. Allein schon dieser Sammlungsteil stieß sowohl bei privaten Liebhabern, wie auch bei Bietern aus dem Museumsbereich und dem Kunsthandel auf höchstes Interesse und erlöste insgesamt 23.500 Euro* .

Hinterglasbild 16. Jh. Auktion München SCHEUBLEIN

Der zwölfjährige Jesus im Tempel. Hinterglasbild mit Eglomisé. Venetien-Tirol,
2. Hälfte 16. Jh. Ergebnis 3.500 Euro*.

Hinterglaskunst Auktion München Scheublein

Kusstafel “Gnadenstuhl”, Hinterglasbild mit Églomisè. Venetien-Tirol, 2. Hälfte 16. Jh. Ergebnis 3.500 Euro*

Auktionsergebnisse: Kunst der Moderne

Bei der Kunst nach 1945 weckte ein 1968 entstandenes Blatt des katalanischen Surrealisten Joan Miró (1893 – 1983) besonders großes Bieterinteresse: „Tête Flèche“, eine Farbaquatintaradierung mit Caborundum. In letzterer Technik ist der Hintergrund dieser Graphik gearbeitet; sie ermöglichte es Miró, Dripping-Effekte, wie er sie bei den abstrakten Expressionisten beobachtete, auch in das Medium der Graphik zu übertragen. Über diesen Fond legte der Künstler eine fast kalligraphisch anmutende, frei intrepretierbare Formen-Komposition.
Das spannungsreiche Blatt ging für 6.300 Euro* an einen privaten Sammler.

* Alle Angaben der Zuschlagspreise inkl. Aufgeld (26%) und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.

Nachlese Fundgrube-Auktion: Von Söldnern, Kutschern und dem Auge Gottes

Mit durch die Bank reger Beteiligung im Saal wie auch im Internet schloss die Fundgrube-Auktion vom 26. Oktober nach sechst packenden Stunden und 844 aufgerufenen Objekten. Besonders gut nachgefragt waren diesmal Silber und Schmuck; auch generell stieß das Angebot auf großes Interesse: Über 70 Prozent der Positionen wurden verkauft. Gleich zwei der Toplose stammten aus der Kategorie Fayence, weitere aus den Bereichen Skulpturen und Kunsthandwerk.

Eine Soldtruhe aus Eisen

Den höchsten Zuschlag erhielt eine zylinderförmige Soldtruhe mit einem in Eisen gearbeiteten, blaugrün gefassten und durch Bänder verstärkten Korpus. Sie wurde für 3.780 Euro* zugeschlagen.
Kassen, um die Soldaten zu bezahlen, wurden bereits seit dem späten Mittelalter von den Heeren mitgeführt, als sich zum einen die Geldwirtschaft gegen die zuvor weit verbreitete Naturalientauschwirtschaft durchsetzte und zum anderen die feudalen Lehensheere mehr und mehr von Söldnertruppen abgelöst wurden. Um diese zu bezahlen, mussten nun im Tross jedes Regiments große, gut verschließbare Kassen transportiert werden.

Soldtruhen bis zum 1. Weltkrieg in Gebrauch

Nach dem hauptsächlich durch Söldner ausgefochtenen 30-Jährigen Krieg etablierten sich zwar mit den Nationalstaaten auch allmählich stehende Heere, die die je nach Bedarf angeheuerten Landsknechtsverbände ersetzten. Dennoch bekamen bis zum ersten Weltkrieg nur Offiziere ein monatliches, fixes Gehalt. Unteroffiziere und Mannschaft erhielten ihren Sold weiterhin in bar aus der Regimentskasse ausbehalt.
Was genau sich in der vorliegenden Soldtruhe befindet, wird auch dem neuen Besitzer Rätsel aufgeben: Zwar befindet sich in der Mitte der Oberseite ein zentrales Schlüsselloch. Der Schlüssel dazu aber verlor sich in den Wirren der Zeit.

Der Ranzen eines Kutschers

Ein mit Metallstiften dekorierter Ranzen sowie zwei paar Hosenträger mit Federkielstickerei kletterten bis auf 2.770 Euro*, bevor der Hammer fiel. Das Hauptinteresse der engagierten Bieter galt dabei mutmaßlich dem überaus aufwendig gearbeiteten Ranzen.

Soldtruhe Ranzen Auktion München Scheublein

Ranzen und zwei Paar Hosenträger mit Dekor aus Metallstiften bzw. Federkielstickerei.
Ergebnis: 2.770 Euro*.

Ranzen waren einst Geldgürtel

Kunstvoll verzierte Gurte wie dieser wurden ursprünglich von Schiffern, Flößern und Viehhändlern, aber auch von Fuh leuten als Geldgürtel getragen. Die Motivik des Dekors, das unter anderem auch Pferdekutschen zeigt, könnte ergo auf den Berufsstand des ursprünglichen Besitzers hinweisen.

Gleich zwei Toplose aus dem Bereich Fayence

Unter der Liste der Top-Zuschläge ist die Kategorie Fayence gleich zwei mal vertreten: Zum einen mit italienischen Apothekerflaschen aus Majolika, die möglicherweise um 1570/80 in Venedig entstanden. Die beiden mit Porträtmedaillons, Ranken und Blüten verzierten Gefäße erlösten 2.140 Euro*.

Soldtruhe Apothekerflaschen Venedig Auktion München Scheublein

Zwei Apothekerflaschen, Italien, möglicherweise Venedig um 1570/80, Majolika.
Ergebnis: 2.140 Euro*.

Zwei ebenfalls aus Italien stammende Henkelkrüge mit Doppelkopf-Adlern, von denen einer die Jahreszahl 1778 trägt, wurden für 1.760 Euro* verkauft.

Soldtruhe Henkelkrüge Fayence Doppelkopfadler Auktion München Scheublein

Zwei Henkelkrüge mit Doppelkopfadlern, Italien, Fayence. Ergebnis: 1.760 Euro*.

Das Auge Gottes wacht

Zum Highlight bei den Skulpturen entwickelte sich ein geschnitztes und gefasstes „Auge Gottes“ im Barockstil, das sich im Verlauf eines packenden Bietergefechts von 400 Euro Schätzpreis bis auf 1.510 Euro* steigerte.

Soldtruhe Auge Gottes Barock Auktion München Scheublein

Das Auge Gottes mit Wolkenkranz und Puttenköpfen. Holz geschnitzt, farbig und gold gefasst.
Ergebnis: 1.510 Euro*.

Uralter Bildtypus

Die Darstellung greift einen Bildtypus auf, der schon in vorchristlichen Mythologien anzutreffen ist und vor allem seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Einzug in evangelische wie auch katholische Kirchenausstattungen hielt. Das in ein Dreieck eingebettete, von einer Gloriole umstrahlte menschliche Auge wurde vor allem durch die 1682 erschienene Werkausgabe der Schriften des pantheistischen Mystikers Jakob Böhme (1575 – 1624) populär.

Freimaurer und Dollarzeichen

Dort ist das mit Dreieck und Lichtkranz dargestellte „Auge Gottes“ unter anderem auch von Symbolen mit alchemistischer Bedeutung umgeben. Hierin wurzelt nicht nur die rein religiöse, sondern auch die anderweitige Benutzung des Motivs durch die Freimaurer, und sogar auf der Rückseite des Siegels der Vereinigten Staaten von Amerika. Seit 1935 ziert es auch die Rückseite der ,Ein-Dollar-Note‘. Die in der Fundgrube-Auktion am 26. Oktober verkaufte Darstellung mit ihren Putten und Wolkenbändern und der eingearbeiteten Platte zum Abstellen einer Monstranz ist indes rein dem christlich- religiösen Kontext zuzuordnen.