Nachbericht zur 42. Kunstauktion: Das Toplos – ein russischer Realist
Mit vielen überraschenden Ergebnissen endete nach fünfeinhalb Stunden die Herbstauktion
von SCHEUBLEIN Art und Auktionen, die Nikola Scheublein um 13 Uhr, dem neuen
generellen Versteigerungsbeginn, eröffnet hatte. Über 500 Bieter steigerten mit, im Saal,
aber auch per Telefon und Internet. Gerade beim packenden Kampf um das Spitzenlos –
das Bildnis eines briefschreibenden Mannes von V. Makovsky, das schließlich für 41.600
Euro* zugeschlagen wurde, – lieferten sich vor allem externe Bieter ein intensives Gefecht.
Weitere Top-Ergebnisse waren in den Bereichen Altmeister, Möbel und Einrichtung
sowie Schmuck zu verzeichnen; generell sehr gefragt waren diesmal die Kategorien Porzellan, Teppiche,
Ikonen sowie Graphiken der Moderne.
Das Spitzenlos, „Der Briefschreiber“ von V.
Makovsky, links unten kyrillisch bezeichnet
und datiert 1893, ist dem Umkreis der Peredwischniki
zuzurechnen, jener „Wandermaler“,
die um 1870 ihre Sujets nicht mehr
in hehren Historiengemälden, idealisierten
Landschaften oder Adeligenporträts suchten,
sondern beim einfachen Volk.
Realismus in Russland
Im Zuge
des international aufkommenden Realismus
zeigten sie das Leben und die Mühsal
der Bauern und Arbeiter, die Schönheit
des weiten russischen Hinterlands, sowie
Gemütsverfassung und authentische Charakterzüge
in ihren Porträts. Mitglieder der
Peredwischniki waren nicht nur Absolventen
der Kaiserlichen Kunstakademie in St.
Petersburg, sondern kamen auch von der
Schule für Malerei, Bildhauerei und Bildkunst
in Moskau, die im Gegensatz zu den
akademisch ausgebildeten Malern eher als
„handwerkliche Künstler“ angesehen wurden
und keine Aufträge von Hof und Staat,
sondern nur von privaten Auftraggebern
entgegen nehmen durften.
Die Peredwischniki malen das Volk
Auch dies trug
zu einer Verlagerung der künstlerischen
Fokussierung bei den Peredwischniki bei,
die sich auch am ,Briefschreiber‘ gut ablesen
lässt: Der uniformierte ältere Mann
ist in einer von bescheidenem Wohlstand kündenden Umgebung sehr realitätsnah
dargestellt. Gezeigt sind die Falten im Gesicht,
die Knittern in der Uniform, eine am
Tischrand abgelegte Zigarette, aber auch
die vollkommene Versunkenheit, die den
Mann beim Schreiben erfasst hat. Nach
einem packenden Bietergefecht, an dem
vor allem Interessenten am Telefon und im
Internet beteiligt waren, ging das Gemälde
für 41.600 Euro* nach Russland.