Im Blickpunkt der Märzauktion: Kaiserlicher Prunk bei Silber und Schmuck
Zwei Objekte aus dem Angebot der Auktion am 25. März gehen auf zwei ungewöhnlich prominente Vorbesitzer zurück: Madame Mère, die Mutter Napoleons und Zar Nikolaus II. von Russland.
Eine Vermeilschale aus dem Hause Odiot
Im Falle Maria Letizia Bonapartes (1750 – 1836) ist es eine Vermeilschale, die Jean-Baptiste Claude Odiot (1763 – 1850) zwischen 1806 und 1808 als Teil eines mehrteiligen Services aus vergoldetem Silber schuf. Zu dieser Zeit lebte die korsische Patriziertochter nach ärmlichen Flüchtlingsjahren in Marseille zwar längst im für die Mutter eines Kaisers gebührenden Pomp.
Von zu Repräsentationszwecken unumgänglichen Investitionen wie dem Service, aus dem die vorliegende Schale stammt, oder einem von der Luxusmarke Odiot bis heute aufgelegten Vermeil-Besteck, blieb die bodenständige Persönlichkeit dem plötzlichen Ruhm und Reichtum gegenüber eher skeptisch.
Kluge Voraussicht
„Pourvou que cela doure“ – „Hoffen wir, dass das alles so bleibt“, soll sie häufig gesagt und sicherheitshalber den Großteil ihres Vermögens auf die Seite gelegt haben. Diese kluge Voraussicht kam nach dem Sturz Napoleons ihren Kindern und Enkeln zu Gute: Die nun verarmten Angehörigen konnten sich auf die Unterstützung Madame Mères verlassen.
Die vorliegende Schale mit dem kaiserlichen Wappen legt von besseren Zeiten im Leben Letizia Bonapartes Zeugnis ab. Sie wird mit einem Schätzpreis von 3.000 Euro angeboten.
Der Uhrmacher des Zaren
Eine Geschenk-Savonette mit aufgelegtem russischem Doppeladler und Zarenkrone zeugt nicht nur von der Liebe Nikolaus’ II. zu kostbaren Juwelen und Uhren. Sie erzählt auch von einem Stück russisch-schweizerischer Uhrmachergeschichte.
Schon 1815 hatte der Vater Paul Buhrés, ein Schweizer Uhrenspezialist, in St. Petersburg ein Geschäft eröffnet. Doch die Chronometer, die der begabte Sohn anzufertigen verstand, waren so raffiniert, dass sie nicht nur am Zarenhof gefragt waren. Buhré unterhielt ab etwa 1850 ein zweites Ladengeschäft in Moskau und belieferte unter anderem die Eisenbahnen und die russische Regierung.
Ein internationales Unternehmen
Um die große Nachfrage befriedigen zu können, kooperierte die Marke Paul Buhré ab 1880 mit einer etablierten Uhrenwerkstätte in Le Locle in der Schweiz, wo künftig das Gros der Paul Buhré-Uhren gefertigt und auch mit zahlreichen Chronometriepreisen ausgezeichnet werden. Die Verteilung der ursprünglich nur in Russland ansässigen Firma auf mehrere Standorte erwies sich als visionärer Schachzug: Er sicherte der Marke das Überleben, als die Niederlassungen in St. Petersburg und Moskau von der Revolution überrannt wurden.
Luxusuhren bis 1988
Bis in die 1980er Jahre wurden unter dem Namen Paul Buhré luxuriöse Schmuckuhren produziert; erst 1988 wurde die Marke offiziell aufgelöst und geriet daraufhin in Vergessenheit. Die vorliegende, auf 2.000 Euro taxierte Taschenuhr erinnert an die glanzvollsten Zeiten dieses Unternehmens.
Nachlese zur Dezemberauktion (I): Von Tierfigur bis Taschenuhr
Unter reger Beteiligung von über 500 Bietern im Saal, am Telefon und im Internet fand am Freitag, 30. November, die Weihnachtsauktion von SCHEUBLEIN Art und Auktionen statt, die Nikola Scheublein pünktlich um 13 Uhr eröffnete. Bereits im Vorfeld standen Kunsthandwerk aus dem Orient, Tierfiguren aus Porzellan sowie eine Sammlung mit fast 40 Taschenuhren im Blickpunkt des Bieterinteresses – eine Tendenz, die der Verlauf der Auktion bestätigte.
Lebensechte Tierfiguren aus Meissen und Nymphenburg
Sie stammen beide aus der Glanzzeit der kleinformatigen Tierplastik, wurden von renommierten Bildhauern gestaltet und in den beiden wichtigsten deutschen Manufakturen hergestellt. Zwei Tierfiguren beherrschten in der 43. Kunstauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen das Bild beim Porzellan. Die eine, ein fast lebensgroßer Ara (ganz oben), ist ein Klassiker von Nymphenburg und geht auf ein Modell von Theodor Kärner (1884 – 1966) aus dem Jahr 1913 zurück, einer Zeit, in der der Tierbildhauer in einer Festanstellung an der Porzellanmanufaktur im Münchner Westen tätig war. Die in der Auktion angebotene Ausführung stammt aus dem Jahr 1922; für die farbliche Gestaltung zeichnet der Maler Robert Böck verantwortlich. Die Vogelstatue kletterte im Verlauf der Auktion von 3.500 Euro Schätzpreis bis auf 8.100 Euro*. Für 4.500 Euro* wurde ein mit einem Leoparden kämpfender Panther verkauft, der vor 1924 in Meissen entstand. Das Modell der Figur stammt aus der Hand des Tierplastikers und Bildhauers Rudolf Löhner (1890 – 1971), der später auch Denkmäler und Bauplastiken im Auftrag der DDR gestaltete.
Das Besteck eines Fürsten
Für 6.300 Euro* kam ein ungewöhnlich großer und gut erhaltener Satz von Tafelbesteck aus Vermeil unter den Hammer. Die jeweils zwölf Löffel, zwölf Gabeln und zwölf Dessertmesser entstanden 1782/1783 in der Werkstatt der Catherine Marguerite Fritz in Straßburg und müssen einst zur Ausstattung eines größeren Hofs gehört haben. Denn die Benutzung vergoldeten Bestecks war nach Auffassung des 18. Jahrhunderts einzig regierenden Fürsten vorbehalten.
Taschenuhren: Die schönste Zeit
Vollständig verkauft werden konnte eine Sammlung von fast vierzig Taschenuhren, die für insgesamt 18.900 Euro* neue Besitzer fanden. Die höchsten Preise erzielten eine um 1900 gefertigte Savonette von IWC mit gehfähigem Ankerwerk und Schwanenhalsfeinregulierung (Ergebnis 1.390 Euro*), eine Savonette von Elgin Watch Co., datiert auf 1880, mit aufwendig rankengraviertem Gehäuse (Erebnis 1.200 Euro*) sowie eine silberne Taschenuhr des deutschen Uhrenherstellers Lange & Söhne aus der Zeit um 1920 (Ergebnis 760 Euro*).
Ein weiteres Highlight aus der Kategorie Schmuck und Uhren war ein zeitgenössisches, dreiteiliges Schmuckset der Manufaktur Wellendorf, das für 8.820 Euro* verkauft wurde.
Highlights der 43. Kunstauktion / Silber
Mit einem hochkarätigen, 50 Positionen umspannenden Silberangebot startet am 30. November um 13 Uhr die 43 Kunstauktion. Zwei Katalognummern daraus haben eine ganz besondere Geschichte.
Eine Schale aus dem Balkan: Zum Trinken und Gedenken
Der Balkan war schon immer ein Schmelztiegel der Kulturen. Dies lässt sich auch an der Silberschale mit inliegendem Hirschen aus dem 16. Jahrhundert deutlich ablesen.
Lange Tradition der Silberschmiedekunst
Bereits zur Zeit des Imperium Romanum waren die Silbervorkommen in Serbien massiv abgebaut worden. Mit Verbesserungen der Minentechnik wurde die Silberförderung im Mittelalter noch einmal intensiviert und entwickelte sich, auch Dank des Vertriebs der Silberobjekte durch die Kaufleute in den Hafenstädten an der Adria, zu einem prosperierenden Wirtschaftszweig. In den Schmiedewerkstätten, die sich rund um die größten Silberminen in Novo Brdo und Pec ansiedelten, verkehrten neben einheimischen auch viele auswärtige Kunstschmiede.
Ein besonders begehrtes Produkt aus diesen Werkstätten waren kostbare Trinkschalen, die bei besonderen Anlässen zum Ausbringen von Trinksprüchen und zum Weingenuss benutzt wurden. Auch mit der Eroberung Serbiens durch das osmanische Reich im Jahr 1389 änderte sich an der reichen Silberproduktion wenig – im Gegenteil: Der christliche Motivschatz wurde um osmanische Einflüsse erweitert. Dies zeigt sich auch an vorliegender Silberschale.
Orient trifft Okzident
Während viele Ornamente dem türkischen Kulturkreis zuzuordnen sind, ist der in der Mitte liegende Hirsch ein eindeutig christliches Symbol, das für die Erlösung der Seele und den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse steht. Zum Trinken und Zuprosten wurden derartige Schalen allerdings nicht mehr verwendet; stattdessen wurden sie zum Andenken an verstorbene Angehörige Kirchen oder Klöstern gestiftet. „In diesem Moment“, so der Kunsthistoriker Mila Gajić, „verloren sie ihre Funktionalität und wurden zum reinen, immer prunkvoller gestalteten Dekorobjekt. Von ihrem ursprünglichen Zweck als Trinkschale blieb nur eine ferne Erinnerung.“
Schlichte Schönheit
Die zweite Position mit einer packenden Hintergrundgeschichte ist ein ungewöhnlich großer und gut erhaltener Satz von Tafelbesteck aus Vermeil.
Er geht auf eine Zeit zurück, in der sich die höfische Tischkultur im Wandel befand.
Porzellan und Besteck
Porzellanservice wurden erst nach der Gründung der Meissener Manufaktur 1710 allmählich auch zum Speisen benutzt; zuvor war Silber das bevorzugte Material für höfisches Essgeschirr gewesen.
Weitere Neuerung: Einheitliches Besteck
Auch nach einheitlichem Entwurf gestaltete Essbestecke setzten sich erst im Lauf des 18. Jahrhunderts in Europa durch. Weil die immer opulenter bemalten Porzellane die Gesamtwirkung der Tafel deutlich belebten, herrschte bei der Gestaltung der Besteckgedecke das ästhetische Prinzip der ,unité’ vor: Ornamentmuster und Konturführung sollten die in ihren Grundformen so unterschiedlichen Bestandteile Messer-Gabel-Löffel zu einem möglichst einheitlichen Gesamtbild zusammenführen. Bei dem vorliegenden Bestecksatz geschieht dies durch die elegante Verbindung von Muscheln und Fadenmustern.
Nur ein Fürst speist in Gold
Die Ausführung in Vermeil sowie der Umfang des Bestecks weisen darauf hin, dass es zur Ausstattung eines größeren Hofes gehört haben muss. Denn die Benutzung vergoldeten Bestecks war nach Auffassung des 18. Jahrhunderts einzig regierenden Fürsten vorbehalten.