Highlights der März-Auktion: Graphiken von Heinrich Vogeler
Erst unlängst rückten ein aufwändig produzierter Dokumentarfilm und ein Roman das Leben und vor allem die frühe Werkphase des überaus vielseitigen Malers und Gestalters Heinrich Vogeler (1872 – 1942) wieder verstärkt in den Blickpunkt. SCHEUBLEIN Art & Auktionen freut sich, drei Graphiken aus der Worpsweder Zeit des Künstlers in seiner Frühjahrsauktion anbieten zu können.
Zwei von ihnen, die Blätter “Frühling” und “Frühlingsmärchen” sind sogar ebenfalls dieser das Wieder-Erwachen der Natur umfassenden Jahreszeit gewidmet. Und alle drei vorliegenden Graphiken ermöglichen, ebenso wie das Filmporträt „Heinrich Vogeler – Aus dem Leben eines Träumers“ von 2022 und der prägnant recherchierte Roman „Konzert ohne Dichter“ von Klaus Modick von 2015, einen tiefen Einblick in Vogelers Schaffensphase zwischen 1896 und 1912.
Heinrich Vogeler: Anfänge in Worpswede
Die Blätter „Frühling“ und „Liebe“ (ganz oben, Schätzpreis 700 Euro) stammen aus dem erstgenannten Jahr und damit aus Vogelers Anfangsjahren in Worpswede. Zwei Jahre zuvor hatte sich der in Bremen aufgewachsene Künstler der Gruppe um die Maler Fritz Mackensen und Otto Modersohn angeschlossen, die im nördlich von Bremen gelegenen Teufelsmoor ihre später weltberühmte Künstlerkolonie gegründet hatten.
Eine umfangreiche Erbschaft ermöglichte es Vogeler 1895, in Worpswede eine halbverfallene Bauernkate, den Barkenhoff, zu kaufen und nach seinen Bedürfnissen umzugestalten. Zudem hatte er bereits kurz nach seiner Ankunft in dem Moorweiler die erst 14jährige Bauerntochter Martha Schröder kennengelernt, die er 1901 heiratete.
Märchen im Moor
Vogeler lebte das Märchen, das er auch auf seinen Graphiken und Gemälden darstellte. Denn anders als seine Malerfreunde, die in der weiten, wasser-durchzogenen Landschaft Wege zu einer reduzierten, abstrahierenden Bildsprache suchten, nutzte Vogeler Birkenwäldchen, Katen und Wasserflächen als Hintergrund für märchenhaft anmutende Darstellungen. In ihnen entwickelte er auf der einen Seite den Stil der Präraffaeliten weiter, gab aber gleichzeitig den ganzen Zauber dieser einzigartigen Moorlandschaft authentisch wider.
Modell, Muse und Ehefrau
Nicht selten saß ihm Martha Schröder Modell, auf der Radierung „Frühling“ (oben) beispielsweise ist – auch aufgrund der deutlichen Nähe der dargestellten Frau zu dem 1897 entstandenen, eindeutig Martha zeigenden Gemälde – davon auszugehen, dass die Frauenfigur im Vordergrund sie darstellt. Mit ebenso großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei der im Hintergrund gezeigten Kate um den Barkenhoff noch vor den umfassenden Umbaumaßnahmen.
Heinrich Vogelers Erfolg zur Jugendstil-Zeit
Der diese und auch die Radierung “Liebe” prägende, wirklichkeits-überhöhende Stil bescherte dem jungen Künstler rasch bahnbrechenden Erfolg.
Er erhielt Aufträge für zahlreiche Buchillustrationen, aber auch für komplette Raumausstattungen inklusive Möbeln, Lampen oder Türklinken, beispielsweise der Güldenkammer im Bremer Rathaus zwischen 1904 und 1905.
Brüchiges Idyll
1912, zum Entstehungszeitpunkt der dritten, bei SCHEUBLEIN vorliegenden Graphik „Frühlingsmärchen“ zeigt Heinrich Vogelers Idyll bereits deutliche Risse: Für seine Jugendstil-Graphiken und Gemälde gab es kaum noch Nachfrage, seine Frau Martha pflegte bereits seit zwei Jahren eine Beziehung zu dem Studenten Ludwig Bäumer.
Sehnsuchtsvoller Rückblick
So lässt sich Vogelers im Vergleich zu seinen frühen Arbeiten stark stilisierte Radierung „Frühlingsmärchen“ auch als sehnsuchtsvoll zurückblickende Phantasie lesen. Im Herbst des gleichen Jahres noch verließ Heinrich Vogeler den Barkenhoff und wandte sich, bereits vor dem Ersten Weltkrieg, jenen sozialen und gesellschaftspolitischen Themen zu, die sein weiteres Werk bestimmen und ihn zu einem der vielschichtigsten deutschen Künstler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts machen sollten.
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