Highlights 46. Kunstauktion: Graphik der Klassischen Moderne

Ein Augenmerk der 46. Kunstauktion ruht erneut auf Graphik der klassischen Moderne – von Picasso und Braque, Nolde und Dix, Chagall und Gauguin (oben : La femme aux figues, Schätzpreis 3.000 Euro).

Das Toplos: Emil Noldes “Die Heiligen Drei Könige”

Emil Nolde: Die Heiligen Drei Könige. Lithographie in Schwarz, Gelb und Hellgrau. Schätzpreis 8.000 Euro.

Das Toplos in dieser Kategorie stammt von Emil Nolde (1867 – 1956): Dessen Lithographie „Die Heiligen Drei Könige“, angeboten zu einem Schätzpreis von 8.000 Euro, wurde als Jahresdruck des Kölner Sonderbunds im Jahr 1913 erstmals aufgelegt. In den Jahren zuvor hatten Gemälde mit religiösen Motiven aus der Hand Noldes bereits für handfeste Diskussionen gesorgt: Sein tief expressionistisches „Pfingsten“, das er 1910 bei der Berliner Secession eingereicht hatte, wurde vor allem von Secessionspräsident Max Liebermann brüsk abgelehnt. Und sein Zyklus zum Leben Christi von 1912, vom Bankier und Nolde-Förderer Karl Ernst Osthaus 1912 auf der Weltausstellung in Brüssel gezeigt, löste bei Katholiken wie Protestanten einen Skandal aus, weil sie die Art und Weise, wie Nolde die zwölf Apostel dargestellt hatte, als unpassend empfanden. Osthaus, Begründer des Folkwang-Museums und Mitglied des Kölner Sonderbunds, hielt seinem Protegé die Treue und verschaffte ihm den Auftrag des Jahresdrucks von 1913, der in einer Auflage von 300 Exemplaren herausgegeben wurde. Nach Fertigstellung des Drucks, der von dem Gelb der Strahlen des Sterns von Bethlehem geprägt wird – ihm entspricht auch das bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen vorliegende Blatt –, revidierte Nolde die Farbgebung der Lithographie und brachte 1913 sowie 1925 / 26 zwei anders kolorierte Fassungen heraus.

Im Blickpunkt: Kinderbildnisse von Otto Dix

Otto Dix, Mädchen mit Katze II. Farblithographie. Schätzpreis 4.000 Euro.

Für den Maler Otto Dix (1891 – 1969) zeitlebens ein wichtiges Bildmotiv: Gegenpole zu seiner Auseinandersetzung mit Krieg, Tod und dem menschenverachtenden Treiben in den Großstädten der Zwanziger Jahre, später, in Zeiten der inneren Emigration während der NS-Diktatur, geistiger Trost und Rückzugsort.
Darüber hinaus sah Dix in Kindern, die er häufig auch im Kontrast zu Erwachsenen, gar alten Menschen zeigt, immer auch einen Ausdruck der unbezwingbaren Kraft des Lebens, das auch in Anbetracht von Tod, Brutalität und Gewalt seinen Weg findet, weitergeht und immer neu beginnt.
In den letzten 15 Jahren seines Schaffens, als er sich längst von der altmeisterlichen Lasurmalweise des Hauptwerks einer kraftvollen Alla Prima-Malerei zugewandt hat, besonders auch nach dem tragischen Tod seiner Tochter Nelly im Frühjahr 1955 , rückten Kinder verstärkt in den Fokus von Gemälden wie auch von graphischen Arbeiten wie dem „Mädchen mit Katze“ von 1956. Die Farblithographie wird bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen in der Herbstauktion am 20. September zum Schätzpreis von 4.000 Euro aufgerufen.

Otto Dix, Hafenarbeiter mit Kind (1968). Farblithographie. Schätzpreis 4.000 Euro.

„Auch aus den folgenden Jahren sind weitere charakteristische Beispiele für die Intensität bekannt, mit der Otto Dix Kinder zu deuten verstand“, schreibt ein Dresdner Freund des seit den dreißiger Jahren am Bodensee lebenden Malers, der Kunsthistoriker Fritz Löffler. In einem Bändchen mit später Graphik, das neben dem „Mädchen mit Katze“ auch eine Version des „Hafenarbeiters mit Kind“ enthält, die bei SCHEUBLEIN ebenfalls zum Schätzpreis von 4.000 Euro angeboten wird, analysiert Löffler derartige Doppeldarstellungen von Kindern mit alten, aber auch mit müden, abgearbeiteten Menschen „noch einmal als Konfrontation von Jugend mit Verfall und Tod, die Dix, gleich dem von ihm verehrten altdeutschen Meister Hans Baldung Grien, so oft beschäftigt hat.“

Flächen und Formen: Georges Braque

Georges Braque, Trois Oiseaux en Vol (1961). Farbradierung. Schätzpreis 3.500 Euro. 

„Vergessen wir die Dinge, betrachten wir nur die Beziehungen“, schreibt Georges Braque (1882 – 1963). Gerade für seine späteren Graphiken wie die vorliegende Farbradierung „Trois oiseaux en vol“ von 1961 bekommt diese Forderung eine ganz besondere Bedeutung: Stand in den kubistischen Graphiken noch die Linie als zentrales gestalterisches Element im Vordergrund, verlagert sich das Augenmerk später zunehmend auf das Spannungsfeld von Flächen und Formen, die Braque wie Chiffren immer wieder verwendet und uns durch minimale Veränderungen immer andere Dinge erkennen lässt: Monde oder Fische, Körper oder Kannen, und immer wieder: Vögel. „Wer zu Braques Graphik den Formschlüssel gefunden hat“, schreibt der Kunstwissenschaftler Werner Hofmann in seinem Überblickswerk über das graphische Schaffen Georges Braques, „dessen wanderndes Auge findet in den farbigen Radierungen und Lithographien reiche, unerschöpfliche Nahrung. Ihre scheinbar einfache lesbarkeit trügt: Sie verlangen ein fleißiges, vergleichendes Auge. In Wahrheit hängen sie an geheimen Fäden zusammen und bezeugen, was schon die frühen Radierungen erkennen ließen: Dass jeder Form mehrsinnige Möglichkeiten innewohnen. Darin liegt die gestaltende Kraft des großen Meisters, der mit wenigem vieles bestreiten kann.“

Picasso und sein Meisterdrucker

Pablo Picasso, Porträt des Piero Crommelynck II, Radierung und Aquatinta. Schätzpreis 3.000 Eur0. 

Er zählt zu den häufigsten Modellen Pablo Picassos (1881 – 1973). Doch Piero Crommelynck (1934 – 2001) ist weder Künstlerkollege noch Freund, noch ein Bekannter aus dem Südfranzösischen Mougins. Crommelynck ist nichts von alledem – und mehr als das: Der belgischstämmige Italiener betrieb, gemeinsam mit seinem Bruder Aldo, die Druckwerkstatt, ohne die Picassos umfassendes graphisches Spätwerk nicht möglich gewesen wäre. 1959 eröffnen die Brüder ein Atelier in Paris; bald zählen sie Braque und Miró, Giacometti und Le Corbusier, André Masson und Hans Arp zu ihren Kunden, Mit keinem Künstler aber ist die Zusammenarbeit so intensiv wie mit Pablo Picasso. Der hatte bereits vor einigen Jahren seinen Wohnsitz nach Südfrankreich verlegt; 1963 ziehen die Crommelyncks mit und stellen ihre Druckerpresse in einer alten Bäckerei unweit von Picassos Villa in Mougins auf. „Nur wenige Menschen können von sich behaupten, eine wirklich enge und starke Beziehung zu Pablo Picasso gehabt zu haben“, sagt Picasso-Spezialist Werner Spiess. „Piero hatte sie.. aber er war ein überaus diskreter Mann. Nur dank Jacqueline Roque weiß ich, wie oft Pieros profundes Wissen über graphische Herstellungsprozesse für Picasso eine fruchtbare, unverzichtbare Inspirationsquelle war.“ Innerhalb von zehn Jahren entstehen auf diese Weise in engster, phasenweise täglicher Zusammenarbeit 750 Blätter. Als Dank, und weil Piero Crommelyncks Erscheinungsbild ihn an seinen Vater erinnerte, verewigt Picasso Crommelynck in seinen Musketier-Zyklen, aber auch in Porträts wie der vorliegenden Radierung „Porträt des Piero Crommelynck II“ von 1966. Bis zu Picassos Tod bleiben die Crommelynck-Brüder in Mougins. Erst danach kehren sie wieder nach Paris zurück.

Weitere Highlights

Pablo Picasso, Dans l’atelier. Aquatinta und Kaltnadel. Schätzpreis. 3.000 Euro.

Marc Chagall, La lune noir (1965). Farblithographie. Schätzpreis 2.500 Euro.

 

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