Highlights der 43. Kunstauktion / Silber
Mit einem hochkarätigen, 50 Positionen umspannenden Silberangebot startet am 30. November um 13 Uhr die 43 Kunstauktion. Zwei Katalognummern daraus haben eine ganz besondere Geschichte.
Eine Schale aus dem Balkan: Zum Trinken und Gedenken
Der Balkan war schon immer ein Schmelztiegel der Kulturen. Dies lässt sich auch an der Silberschale mit inliegendem Hirschen aus dem 16. Jahrhundert deutlich ablesen.
Lange Tradition der Silberschmiedekunst
Bereits zur Zeit des Imperium Romanum waren die Silbervorkommen in Serbien massiv abgebaut worden. Mit Verbesserungen der Minentechnik wurde die Silberförderung im Mittelalter noch einmal intensiviert und entwickelte sich, auch Dank des Vertriebs der Silberobjekte durch die Kaufleute in den Hafenstädten an der Adria, zu einem prosperierenden Wirtschaftszweig. In den Schmiedewerkstätten, die sich rund um die größten Silberminen in Novo Brdo und Pec ansiedelten, verkehrten neben einheimischen auch viele auswärtige Kunstschmiede.
Ein besonders begehrtes Produkt aus diesen Werkstätten waren kostbare Trinkschalen, die bei besonderen Anlässen zum Ausbringen von Trinksprüchen und zum Weingenuss benutzt wurden. Auch mit der Eroberung Serbiens durch das osmanische Reich im Jahr 1389 änderte sich an der reichen Silberproduktion wenig – im Gegenteil: Der christliche Motivschatz wurde um osmanische Einflüsse erweitert. Dies zeigt sich auch an vorliegender Silberschale.
Orient trifft Okzident
Während viele Ornamente dem türkischen Kulturkreis zuzuordnen sind, ist der in der Mitte liegende Hirsch ein eindeutig christliches Symbol, das für die Erlösung der Seele und den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse steht. Zum Trinken und Zuprosten wurden derartige Schalen allerdings nicht mehr verwendet; stattdessen wurden sie zum Andenken an verstorbene Angehörige Kirchen oder Klöstern gestiftet. „In diesem Moment“, so der Kunsthistoriker Mila Gajić, „verloren sie ihre Funktionalität und wurden zum reinen, immer prunkvoller gestalteten Dekorobjekt. Von ihrem ursprünglichen Zweck als Trinkschale blieb nur eine ferne Erinnerung.“
Schlichte Schönheit
Die zweite Position mit einer packenden Hintergrundgeschichte ist ein ungewöhnlich großer und gut erhaltener Satz von Tafelbesteck aus Vermeil.
Er geht auf eine Zeit zurück, in der sich die höfische Tischkultur im Wandel befand.
Porzellan und Besteck
Porzellanservice wurden erst nach der Gründung der Meissener Manufaktur 1710 allmählich auch zum Speisen benutzt; zuvor war Silber das bevorzugte Material für höfisches Essgeschirr gewesen.
Weitere Neuerung: Einheitliches Besteck
Auch nach einheitlichem Entwurf gestaltete Essbestecke setzten sich erst im Lauf des 18. Jahrhunderts in Europa durch. Weil die immer opulenter bemalten Porzellane die Gesamtwirkung der Tafel deutlich belebten, herrschte bei der Gestaltung der Besteckgedecke das ästhetische Prinzip der ,unité’ vor: Ornamentmuster und Konturführung sollten die in ihren Grundformen so unterschiedlichen Bestandteile Messer-Gabel-Löffel zu einem möglichst einheitlichen Gesamtbild zusammenführen. Bei dem vorliegenden Bestecksatz geschieht dies durch die elegante Verbindung von Muscheln und Fadenmustern.
Nur ein Fürst speist in Gold
Die Ausführung in Vermeil sowie der Umfang des Bestecks weisen darauf hin, dass es zur Ausstattung eines größeren Hofes gehört haben muss. Denn die Benutzung vergoldeten Bestecks war nach Auffassung des 18. Jahrhunderts einzig regierenden Fürsten vorbehalten.
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