
Highlights der September-Auktion (III): Eine Passage mit Bozzetti
Bei den Skulpturen stehen in der Auktion am 25. September nicht nur vollendete Werke im Blickpunkt. Das Augenmerk vieler Sammler dürfte sich auch auf eine Passage mit Bozzetti richten, die den künstlerischen Entwurfsprozess nachvollziehbar machen.
Der Bozzetto: Ein unverichtbarer Teil des Entwurfsprozesses
„La Cera sempre aspetta“ – „Das Wachs wartet immer“: So überschrieb der britische Kunsthistoriker Charles Avery einen Artikel, in dem er sich gezielt mit dem Entwurfsprozess in der plastischen Kunst beschäftigte. Das Zitat, auf das sich Avery bezieht, stammt von einem Bildhauer aus dem Umfeld Giambolognas. Es besagt, dass Wachs als Werkstoff für den Entwurfsprozess immer bereitstehe, sich jederzeit umformen, um Teile reduzieren oder ergänzen ließe und eine skizzenhaft grobe Gestaltung genauso zuließe wie feinste Details. Dies, neben seiner leichten Schmelzbarkeit, prädestinierte ein Wachsmodell auch als Ausgangspunkt der Form für den Bronzeguss.

Francesco de Matteis (1852 – 1912): Bozzetto Mutter mit Kind. Ton, Heller Scherben, H. 35 cm. Schätzpreis 600 Euro.
Wachs, Ton oder Gips: Das ist die Bozzetto-Frage
Modelle aus Ton sind zwar, einmal fertiggestellt, robuster als ihre Pendants aus Wachs, doch muss das Material während der Verarbeitung ständig feucht gehalten, ein noch unfertiges Modell bis zur Weiterbearbeitung mit einem feuchten Tuch abgedeckt werden. Hat der Trocknungsprozess einmal eingesetzt, sind Änderungen kaum noch, nach dem Brand dann gar nicht mehr möglich.
Auch der Ausarbeitung von Details sind Grenzen gesetzt. Dafür ist Ton für den Prozess der Formfindung stabiler als beispielsweise Gips, für den beim freien Modellieren ein Innengerüst gebaut werden muss. Im Gegenzug ist Gips jedoch leichter formbar und nimmt selbst kleinste Details an – als Material beispielsweise für Probegüsse ist er damit unersetzlich.
Der Bozzetto als Hilfsmittel zur Formfindung
Eine Passage der September-Auktion mit Bozzetti aus unterschiedlichen Materialien, vor allem aus dem späten 19. Jahrhundert, lässt den künstlerischen Umgang mit diesen verschiedenen, im plastischen Entwurfsprozess unentbehrlichen Qualitäten deutlich erkennen: Ein Ton-Bozzetto zur Bronze „Maternità“ von Francesco de Matteis (1852 – 1912, siehe oben) diente dem süditalienischen Künstler wohl dazu, verschiedene Kompositionen auch im Hinblick auf ihre Statik auszuprobieren.
Auch die Katalognummern 457, eine “Trauernde“(Abb. oben) und 461, eine Darstellung von Edgar Degas als Maler, waren wohl vor allem Skizzen zur Formfindung.
Tests für die Wirkung des geplanten Materials
Die Bozzetti eines stehenden Herren, eines “Alten Fischers mit Pfeife” und einer sitzenden Spaziergängerin spiegeln mit ihren Bemalungen und Glasuren spätere Schritte im Gestaltungsprozess wieder, bei denen bereits die Wirkung des geplanten Materials ausprobiert wird.

“Sur la Promenade des Anglais”. Frankreich, Ende 19./Anfang 20. Jh. Ton, H. 48 cm. Schätzpreis 600 Euro
Auch Josef Wackerles Bozzetto einer Nubierin (Abb. oben) und eine Terracotta-Büste der Göttin Flora sind diesem späteren Stadium zuzurechnen.
Großzügigkeit und Detailfreude

Jakob Wilhelm Fehrle (1884 – 1974): Johannes auf Patmos mit dem Engel. Gips, modelliert, cremefarben gefasst. H. 42 cm. Schätzpreis 600 Euro.
Eine ähnliche Funktion erfüllte wohl auch der „Johannes auf Patmos mit dem Engel“, den Jakob Wilhelm Fehrle (1884 – 1974) in Gips modellierte und in einem Sandstein-Ton fasste. Den Abschluss der Passage bildet ein Wachsbozetto, an dem sich vor allem die Möglichkeiten gut erkennen lassen, die das Material hinsichtlich der Wiedergabe selbst kleinster Details bot.
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